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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:05.01.2005
Aktenzeichen:1 KG 51/2004
Rechtsgrundlage:MVG-EKD:
§ 38 Abs. 1 Satz 2
§ 39 lit. d
§ 61 Abs. 10
§ 62
ArbGG:
§ 85 Abs. 2
ZPO:
§ 935
§ 940
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:
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Leitsatz:


Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz einer Mitarbeitervertretung wegen angeblicher Verletzung ihres Mitbestimmungsrechts bei der Auswahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen gem. § 39 lit. d) MVG-EKD.
Das einstweilige Rechtsschutzverfahren dient nach seinem Sinn und Zweck nicht dazu, die etwaige Unwirksamkeit einer der Mitbestimmung unterliegenden Maßnahme vorläufig festzustellen. Dies ist vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Ein gleichwohl gestellter Antrag auf vorläufige Feststellung der Unwirksamkeit der entsprechenden Maßnahme der Dienststellenleitung ist unzulässig.
Gebotene Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse einer Mitarbeiterin am weiteren Besuch eines Lehrgangs an einer Fachschule für Verwaltung bis Mitte Januar 2005, verbunden mit der realistischen Möglichkeit, die Verwaltungsprüfung I zu bestehen, und dem Interesse der Mitarbeitervertretung, die weitere Durchführung dieser Maßnahme bis zur endgültigen rechtlichen Klärung in einem Hauptsacheverfahren zu unterbinden.
Die Interessenabwägung fällt zu Gunsten der Lehrgangsteilnehmerin aus. Denn ein Abbruch des Lehrgangs kurz vor dessen Ende mit der Folge, eine bestimmte berufliche Qualifikation nicht erwerben zu können, wiegt ungleich schwerer als die der Mitarbeitervertretung zugemutete etwaige Hinnahme der - zwar nicht völlig auszuschließenden, aber sehr unwahrscheinlichen - Verletzung eines Mitbestimmungsrechts nach § 39 Buchstabe d) MVG-EKD.

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 10./14.12.2004 wird abgelehnt.

Gründe:


I.

Der Vorsitzende entscheidet gem. § 61 Abs. 10 MVG-EKD anstelle der Kammer, da diese nicht rechtzeitig zusammentreten kann.

II.

Die Antragstellerin hat mit ihren Anträgen, im Wege der einstweiligen Verfügung sinngemäß zu beschließen,
1. dass die vom Antragsgegner ohne die nach § 39 Buchstabe d) MVG-EKD erforderliche Mitbestimmung durchgeführte Auswahl der Verwaltungsangestellten M für einen Lehrgang an der Fachschule für Verwaltung in X (Verwaltungsprüfung I) ab 21.11.2004 unwirksam ist,
2. die weitere Durchführung der Maßnahme zu untersagen,
3. den Antragsgegner zu verpflichten, für den unter 1. genannten Lehrgang unter Beachtung des der Antragstellerin gem. § 39 Buchstabe d) MVG-EKD zustehenden uneingeschränkten Mitbestimmungsrechts eine Auswahl unter den in Frage kommenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen durchzuführen,
keinen Erfolg.
1. Der Antrag zu 1. ist unzulässig.
Das einstweilige Rechtsschutzverfahren dient nach seinem Sinn und Zweck nicht dazu, die etwaige Unwirksamkeit einer der Mitbestimmung unterliegenden Maßnahme vorläufig festzustellen (vgl. allgemein: Matthes, in Germelmann/Matthes/Prütting/ Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl. 2004, § 85 Rn. 29). Dies ist vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Ob es in ganz besonderen Fallkonstellationen aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes Ausnahmen hiervon geben kann, bedarf vorliegend keiner Klärung. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Antragstellerin vorliegend nicht zuzumuten ist, das Hauptsacheverfahren abzuwarten.
Bei dem eindeutigen Wortlaut des Antrages kommt eine Umdeutung als allgemeiner Feststellungsantrag im Sinne von §§ 38 Abs. 1 Satz 2, 60 Abs. 1 MVG-EKD, über den im (Hauptsache-)Beschlussverfahren zu entscheiden ist, nicht in Betracht.
2. Der Antrag zu 2. wird abgelehnt, da die von der Mitarbeitervertretung geltend gemachte Unwirksamkeit der in Rede stehenden Maßnahme nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Gerichts nicht glaubhaft gemacht ist, § 62 Satz 1 MVG-EKD i.V.m. §§ 85 Abs. 2 ArbGG, 920 Abs. 2 ZPO (vgl. allgemein: Matthes a.a.O. § 85 Rn. 44).
a) Einerseits geht das Gericht zwar davon aus, dass der Lehrgang an der Fachschule für Verwaltung in X eine Fort- und Weiterbildungsveranstaltung im Sinne von § 39 Buchstabe d) MVG-EKD ist (vgl. allgemein zum Inhalt dieses Mitbestimmungsrechts: Fey/Rehren, MVG-EKD, § 39 – Stand: August 2004 – Rn. 15, 16; Baumann-Czichon/Dembski/Germer/Kopp, MVG-EKD, 2. Aufl. 2003, § 39 Rn. 13 bis 15, 17, 18). Andererseits bestehen aber Zweifel, ob vorliegend der Tatbestand der „Auswahl“ im Sinne des § 39 Buchstabe d) MVG-EKD gegeben ist (vgl. hierzu: VerwG-EKD, Beschl. v. 24.02.2003 - 0124/G14-02 -, ZMV 2003, S. 194; Fey/Rehren a.a.O. Rn. 15; Baumann-Czichon/Dembski/Germer/Kopp a.a.O. Rn. 17). Denn der in Rede stehende Lehrgang ist offensichtlich nicht ausgeschrieben worden, so dass sich außer der Mitarbeiterin M kein weiterer Mitarbeiter beworben hat. Es war daher auch keine Auswahl zu treffen, so dass es an einem Mitbestimmungsrecht der Antragstellerin fehlt (vgl. die Vorgenannten). Nach der Stellungnahme des Antragsgegners vom 09.12.2004 handelt es sich vielmehr um eine individuelle, allein auf die Mitarbeiterin M bezogene „Fördermaßnahme“, die nur aufgrund entsprechender Absprachen zwischen dem Nordelbischen Kirchenamt und der Fachschule für Verwaltung durchgeführt wird.
Bei dieser Sach- und Rechtslage spricht im Übrigen – soweit es sich übersehen lässt – auch nichts dafür, dass die Antragsgegnerin die Teilnahme an diesem Lehrgang hätte allgemein ausschreiben müssen.
Dürfte es somit mit hoher Wahrscheinlichkeit an der Verletzung eines Mitbestimmungsrechts der Antragstellerin nach § 39 Buchstabe d) MVG-EKD fehlen, ist kein Raum für die begehrte einstweilige Anordnung zu 2.
b) Der begehrten einstweiligen Anordnung stünde außerdem die hier gebotene Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse der Verwaltungsangestellten M am weiteren Besuch des Lehrgangs an der Fachschule für Verwaltung bis Mitte Januar 2005, verbunden mit der realistischen Möglichkeit, die Verwaltungsprüfung I zu bestehen, und dem Interesse der Antragstellerin, die weitere Durchführung dieser Maßnahme bis zur endgültigen rechtlichen Klärung in einem Hauptsacheverfahren (Beschlussverfahren nach §§ 80 ff. ArbGG) zu unterbinden, entgegen, die zu Gunsten der Mitarbeiterin M ausfällt: Ein Abbruch des Lehrgangs kurz vor dessen Ende mit der Folge, eine bestimmte berufliche Qualifikation nicht erwerben zu können, wiegt ungleich schwerer als die der Antragstellerin zugemutete etwaige Hinnahme der - zwar nicht völlig auszuschließenden, aber sehr unwahrscheinlichen - Verletzung eines Mitbestimmungsrechts nach § 39 Buchstabe d) MVG-EKD.
Der Antragstellerin ist daher zuzumuten, den Ausgang eines etwaigen Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
3. Der Antrag zu 3. ist ebenfalls abzulehnen. Unabhängig davon, ob der Antragstellerin vorliegend überhaupt ein derartiger materiell-rechtlicher Anspruch zusteht (vgl. insoweit die obigen Ausführungen unter 2. a), liefe der Antrag hier ins Leere, da der in Rede stehende Lehrgang bereits am 21.11.2004 begonnen hat und schon Mitte Januar 2005 beendet sein wird. Anstelle der Mitarbeiterin M könnte für die kurze noch verbleibende Zeit überhaupt kein anderer Mitarbeiter an dem Lehrgang mehr teilnehmen.
gez. Kalitzky
(Vorsitzender Richter)