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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:18.03.2008
Aktenzeichen:3 KG 40/2007
Rechtsgrundlage:MVG-EKD:
§ 38 Abs. 4
§ 42 lit. c
§ 60 Abs. 5
KAT (neu):
§ 14 Absätze 1 und 2
EntgeltO zum KAT (neu):
Abteilung 1, Entgeltgruppen 1 und 2
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:
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Leitsatz:


Eingruppierung einer Raumpflegerin in einem Gemeindehaus
Maßgebliche Eingruppierungsmerkmale für die Entgeltgruppen K 1 und K 2 der Abteilung 1 der Entgeltordnung zum KAT (neu)
Es gibt es keine typischen / standardisierten Tätigkeiten von Raumpflegerinnen; die ihnen übertragenen Tätigkeiten sind vielmehr vielfältig und unterschiedlich. Es bedarf daher in jedem Einzelfall einer sorgfältigen Prüfung der von der Raumpflegerin konkret wahrzunehmenden Aufgaben. Eine Auslegung der Entgeltgruppe K 1 der Abteilung 1 dahin, dass die einer Raumpflegerin übertragenen Tätigkeiten im Regelfall lediglich eine Einweisung erforderten, findet keine Grundlage in den maßgeblichen Entgeltmerkmalen.

Tenor:

Der Antrag der Dienststelle, die Zustimmung zur Eingruppierung der Raumpflegerin M in die Vergütungsgruppe K 1 zu ersetzen, wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.

Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur beabsichtigten Eingruppierung der Raumpflegerin M in die Entgeltgruppe K 1 der Abteilung 1 der EntgeltO zum Kirchlichen Arbeitnehmerinnentarifvertrag – KAT – vom 1. Dezember 2006 (§ 42 Buchstabe c MVG-EKD). Frau M ist tätig in der Ev.-Luth. Kirchengemeinde G mit einer Arbeitszeit von 5,82 Wochenstunden. Der Antragsteller ist der Meinung, es handele sich um eine einfache Tätigkeit. In der ersten Verhandlung wurde festgestellt, dass die Tätigkeitsbeschreibung der Gemeinde vom 21. Juni 2007 unzureichend ist, da eine tarifgerechte Eingruppierung nicht sachgerecht erfolgen kann. Der Beteiligte zu 1 hat aus diesem Grunde eine neue Arbeitsplatzbeschreibung gefertigt. Im Einzelnen sind hier folgende Tätigkeiten aufgeführt:
Objekt: Gemeindehaus mit Gruppenräumen, Sitzungsräumen, Kirchengemeindebüro, Mitarbeiterbüro, Küchen, Foyer, Flure und WC-Anlagen.
Zu reinigende Räume (Gemeindehaus: Parterre und 1. Stock):
Parterre:
Foyer und Flur im Gemeindehaus;
zwei Gruppenräume;
ein Kirchengemeindebüro, eine Küche;
zwei WCs und ein kleines Bad mit WC und Badewanne.
Zwei Treppenaufgänge.
Im 1. Stock:
Zwei Flure, zwei Gruppenräume;
ein Mitarbeiterbüro, zwei kleinere Sitzungszimmer, ein kleinerer Flur;
eine weitere Küche und
ein kleines Bad mit WC mit Dusche.
Größe: ca. 340 qm
Materialbeschaffenheit der zu reinigenden Anlagen:
Böden:
Zumeist Teppichböden (Gruppenräume und Treppenaufgänge);
im Foyer, Flur, Küche und WCs parterre: Fliesen;
in Küchen und WCs 1. Stock: Fliesen.
WCs und Küchen: Keramik, Edelstahl, Arbeitsflächen und Schränke kunststoffbeschichtet.
Tische: Holz, kunststoffbeschichtet; z. T. Rattan, mit Glaseinlagen.
Anzuwendende Reinigungsmittel:
Shampoo, Klarspüler, Scheuermittel, Kalkreiniger, Essigreiniger, Spülmittel, Desinfektionsmittel.
Alle Reinigungsmittel sind handelsüblich und ohne besondere gesundheitsspezifische Auflagen anwendbar, biologisch unbedenkliche Reinigungsmittel mit natürlichen Wirkstoffen werden bevorzugt eingesetzt (z. B. Neutralseife).
Anzuwendende Hilfsmittel:
Besen, Feudel, Staubsauger.
Differenzierung in „Grundreinigung“ und Aufgaben mit anderen Ausführungsintervallen:
Wöchentlich, in festgelegtem, umlaufenden Turnus der Reinigungsaktivitäten, die Reinigung erfolgt selbstständig, da immer dieselben Flächen auf immer dieselbe Art und Weise gereinigt werden. Die Reinigung erfolgt zu Zeiten, in denen keine Gruppen im Hause sind, also kein „Publikumsverkehr“ die Arbeit der Raumpflegerin beeinträchtigt oder „Publikum“ durch die Raumpflegetätigkeiten beeinträchtigt wird.
Beachtung von Herstellerhinweisen:
Es brauchen keinerlei besondere – z. B. gesundheitsbeeinträchtigende - Herstellerhinweise beachtet werden.
Einrichtungsgegenstände mit besonderer Pflege:
Computer, Drucker, Faxgerät und Kopierer.
Die Dienststelle ist nach wie vor der Meinung, eine höhere Eingruppierung als nach Entgeltgruppe K 1 komme nicht in Frage, da keine besonderen Tätigkeiten ausgeübt würden, die von der normalen Raumpflege abwichen und für die die Einarbeitung erforderlich sei. Die Einarbeitung bedürfe einer geraumen Zeit und beinhalte einen gewissen Lernfaktor.
Der Beteiligte zu 1 beantragt,
die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zur Eingruppierung in die Vergütungsgruppe K 1 zu ersetzen.
Die Beteiligte zu 2 beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 2 ist der Meinung, der Beteiligte zu 1 sei von einem zutiefst fehlerhaften Tarifverständnis geleitet. Unstreitig dürfte sein, dass die in der Arbeitsplatzbeschreibung enthaltenen Tätigkeiten nicht den einfachsten Tätigkeiten einer Hilfskraft im Hauswirtschaftsbereich, einer Hilfskraft im Außenbereich sowie eines Boten entsprechen. Das führe zwangsläufig zu dem Auslegungsergebnis, dass die betroffene Raumpflegerin in die Entgeltgruppe K 2 einzugruppieren sei.

II.

Der Antrag des Beteiligten zu 1 ist zulässig, aber unbegründet.
Die Kammer ist aufgrund des gesamten schriftlichen und mündlichen Vorbringens der Beteiligten davon überzeugt, dass die Mitarbeiterin M wegen der ihr übertragenen Tätigkeiten als Raumpflegerin mindestens in die Entgeltgruppe K 2 der Abteilung 1 der EntgeltO zum KAT eingruppiert ist. Die Mitarbeitervertretung hat daher zu Recht der beabsichtigten Eingruppierung in die Entgeltgruppe K 1 gem. § 41 Abs. 1 MVG-EKD widersprochen.
Die Eingruppierung der Mitarbeiterin M richtet sich seit dem 1. April 2007 nach dem KAT vom 1. Dezember 2006 (GVOBl. 2007, S. 119 ff). Nach § 14 Abs. 1 KAT richtet sich die Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen der EntgeltO (Anlage 1). Die Arbeitnehmerin erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, nach der sie eingruppiert ist. Nach Abs. 2 Unterabsatz 1 dieser Vorschrift ist die Arbeitnehmerin in die Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmale der gesamten, von ihr nicht nur vorübergehend auszuübenden, Tätigkeit entsprechen. Unterabsatz 2 lautet: „Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderung eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrere Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden, so sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob die Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen“.
Diese tarifrechtlichen Bestimmungen sind dahin zu verstehen, dass dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin bei Erfüllung der tariflichen Anforderungen ein entsprechender Entgeltanspruch (Vergütungsanspruch) zusteht und der Entscheidung des Dienstgebers (Anstellungsträgers) nur deklaratorische Bedeutung zukommt (so ausdrücklich KGH-EKD, Beschluss vom 29. Mai 2006 – II-0124/M4-06 – Beschlussausfertigung S. 6 lit. II 1 a).
Einschlägig für die Eingruppierung der Mitarbeiterin M ist die Abteilung 1 „allgemein“ der EntgeltO, wie sich aus der Vormerkung 1 zur EntgeltO ergibt. Maßgeblich für die Entscheidung, ob die Mitarbeiterin M in die Entgeltgruppe K 1 – wie der Antragsteller meint – oder in die Entgeltgruppe K 2 einzugruppieren ist, sind die Bestimmungen dieser beiden Entgeltgruppen. Sie lauten wie folgt:
Entgeltgruppe K 1
Arbeitnehmerin mit einfachen Tätigkeiten, für die eine Einweisung erforderlich ist. (Eine Ausbildung ist nicht erforderlich. Es besteht ein klar abgegrenzter Aufgabenbereich).
Beispiele:
Hilfskraft im Hauswirtschaftsbereich
Hilfskraft im Außenbereich
Raumpflegerin, soweit nicht höher eingruppiert
Bote.
Entgeltgruppe K 2
Arbeitnehmerin mit einfachen Tätigkeiten, für die eine Einarbeitung erforderlich ist. (Eine Ausbildung ist nicht erforderlich. Es bedarf einer Einarbeitung. Es ist ein gewisses Maß an Geschicklichkeit und Überlegung bei der Aufgabenausführung erforderlich).
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Eingruppierung von Raumpflegerinnen davon abhängt, ob für die ihr übertragenen Tätigkeiten lediglich eine Einweisung erforderlich ist – dann Entgeltgruppe K 1 – oder ob hierfür eine Einarbeitung notwendig ist – dann Entgeltgruppe K 2. Eine Definition der unbestimmten Rechtsbegriffe „Einweisung“ und „Einarbeitung“ enthalten die Entgeltgruppen K 1 und K 2 nicht. Nach Auffassung der Kammer ist – bezogen auf die Tätigkeit von Raumpflegerinnen – mit Einweisung lediglich das Benennen und Zeigen der zu reinigenden Räume / Örtlichkeiten, ggf. die Angabe bestimmter Reinigungstage, der Umfang / die Intensität der Reinigungsarbeiten sowie Anweisungen zu den zu verwendenden Reinigungs- und Pflegemitteln gemeint.
Aus dem Zusammenhang beider Entgeltgruppen folgt, dass die Einarbeitung ein deutliches Mehr an Unterweisung der Arbeitnehmerin gegenüber der Einweisung erfordert, sie im Allgemeinen geraumer Zeit bedarf und mit einem gewissen Lernfaktor verbunden ist. Dabei ist jedoch zu beachten, dass es sich auch bei den von der Entgeltgruppe K 2 erfassten Tätigkeiten um einfache Tätigkeiten handelt. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Klammerzusatz in der Entgeltgruppe K 2, dass für die von dieser Entgeltgruppe erfassten Tätigkeiten „ein gewisses Maß an Geschicklichkeit und Überlegung bei der Aufgabenausführung erforderlich ist“. Auch die Auslegung dieses Merkmals muss sich daran orientieren, dass es sich um einfache Tätigkeiten handelt, für die keine Ausbildung erforderlich ist.
Nach Auffassung der Kammer wird aus dem Vorstehenden deutlich, dass die teilweise von Dienststellenleitungen unter Bezugnahme auf die Ausführungen des VKDA im Rundschreiben 6 aus 2007 vom 4. April 2007 vertretene Meinung, dass Raumpflegerinnen im Regelfall in Entgeltgruppe K 1 der Abteilung 1 tarifrechtlich eingruppiert seien, in dieser Allgemeinheit unzutreffend ist. Maßgeblich sind vielmehr die konkret übertragenen Tätigkeiten (§ 14 Abs. 2 Unterabsatz 1 KAT). Nach allgemeiner Kenntnis und Berufserfahrung der Mitglieder der Kammer gibt es keine typische / standardisierte Tätigkeit von Raumpflegerinnen; die ihnen übertragenen Tätigkeiten sind vielmehr vielfältig und unterschiedlich. Es bedarf daher in jedem Einzelfall einer sorgfältigen Prüfung der von der Raumpflegerin konkret wahrzunehmenden Aufgaben. Eine Auslegung der Entgeltgruppe K 1 der Abteilung 1 dahin, dass die einer Raumpflegerin übertragenen Tätigkeiten im Regelfall lediglich eine Einweisung erforderten, findet keine Grundlage in den in Rede stehenden Entgeltmerkmalen. Sie geht im Übrigen von einem in Wirklichkeit nicht bestehenden „Standardsachverhalt“ aus.
In Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze ist festzustellen, dass es sich bei den Reinigungstätigkeiten, die der Raumpflegerin M übertragen worden sind, um einfache Tätigkeiten handelt, die eine Einarbeitung erfordern. Frau M ist daher in die Entgeltgruppe K 2 der Abteilung 1 der EntgeltO einzugruppieren.
Dieses Ergebnis folgt allein schon aus der Vielfalt der verschiedenen Räume und Gegenstände, die von Frau M zu reinigen sind. Auch wenn die anzuwendenden Hilfsmittel lediglich aus Besen, Feudel und Staubsauger bestehen sollen, so ist jedenfalls bei den anzuwendenden Reinigungsmitteln, wie Shampoo, Klarspüler, Scheuermittel, Kalkreiniger, Essigreiniger, Spülmittel und Desinfektionsmittel davon auszugehen, dass es einer gewissen Erfahrung bedarf, die jeweiligen Reinigungsmittel für das jeweilige Objekt einzusetzen. Wenn schließlich auch Computer, Drucker, Faxgerät und Kopierer zu reinigen sind, so geht die Kammer davon aus, dass auch hier klar ist, dass eine einfache Einweisung niemals ausreichen kann, um zu einem akzeptablen Arbeitsergebnis zu gelangen. Es ist zu betonen, dass es sich nach wie vor um eine einfache Tätigkeit handelt, eine einmalige Einweisung jedoch niemals ausreichen kann, um die Vielfalt der zu reinigenden Räume und Gegenstände mit zufrieden stellendem Ergebnis zu pflegen. Nach Meinung der Kammer kann es nicht nur einer Einweisung bedürfen, Keramik, Edelstahl, Arbeitsflächen und Schränke kunststoffbeschichtet, Holz, Rattan mit Glaseinlagen, Computer, Drucker, Faxgeräte und Kopierer zu reinigen. All diese Objekte zusammen genommen zu reinigen bedarf nach der einhelligen Meinung der Kammer über eine Einweisung hinaus einer Einarbeitung.
Es war nach allem wie geschehen zu entscheiden.
gez. Faust
(Vorsitzender Richter)