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Rechtsverordnung
über die Entwidmung,
Umnutzung, Fremdnutzung und Veräußerung
sowie den Abbruch von Kirchen1#

Vom 23. Februar 2007

(GVOBl. S. 86)

Die Kirchenleitung hat aufgrund von § 7 des Widmungsgesetzes vom 4. Dezember 2006 (GVOBl. 2007 S. 3) die folgende Rechtsverordnung erlassen:
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§ 1
Entwidmungsplanung und Entwidmungsbeschluss

( 1 ) Soll eine denkmalgeschützte Kirche entwidmet werden, stellt das Nordelbische Kirchenamt sicher, dass die zuständige Körperschaft die gesetzlichen Verpflichtungen insbesondere des Denkmalschutzes erfüllt, und stellt das Benehmen mit der staatlichen Denkmalpflege her.
( 2 ) Soll eine Patronatskirche entwidmet werden, so ist die Patronatsinhaberin oder der Patronatsinhaber durch die zuständige Körperschaft zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu informieren.
( 3 ) Die Begründung des Entwidmungsbeschlusses muss erkennen lassen, dass sich die zuständige Körperschaft mit folgenden Aspekten auseinandergesetzt hat:
  1. Lage der Kirche in der Kirchengemeinde bzw. im Kirchenkreis,
  2. baukünstlerische Qualität und öffentliche Wirkung der Kirche,
  3. historische, städtebauliche und sozio-kulturelle Bedeutung der Kirche,
  4. Akzeptanz der Kirche durch Gemeinde und Bevölkerung,
  5. finanzielle Situation der Kirchengemeinde oder des Kirchenkreises,
  6. Baugeschichte der Kirche, baulicher Zustand, Bauunterhaltungsbedarf, Investitionsbedarf,
  7. Bewertung des sonstigen Gebäudebestandes der Kirchengemeinde oder des Kirchenkreises,
  8. Verhältnis Wohnbevölkerung/Gemeindezugehörigkeit/Intensität der Kirchennutzung,
  9. Nachbargemeinden, übergemeindliche Aspekte,
  10. grundstücksrechtliche Situation.
( 4 ) Der Kirchenkreisvorstand hat zu dem Entwidmungsbeschluss des Kirchenvorstandes Stellung zu nehmen. Weiterhin hat der Kirchenkreisvorstand über die Genehmigung von Beschlüssen des Kirchenvorstandes zu entscheiden, die im Zusammenhang mit dem Entwidmungsbeschluss stehen und Festlegungen nach Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe d und e der Verfassung enthalten.
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§ 2
Entwidmungsgenehmigung

( 1 ) Dem Antrag auf Genehmigung des Entwidmungsbeschlusses sind folgende Unterlagen in doppelter Ausfertigung beizufügen:
  1. der Entwidmungsbeschluss mit Begründung und vollständigem Inventarverzeichnis nach § 7 Absatz 1,
  2. die Stellungnahme des Kirchenkreisvorstandes und ein Bericht über seine Genehmigungsentscheidungen nach § 1 Absatz 4,
  3. der Beschluss über die künftige Nutzung der entwidmeten Kirche.
( 2 ) Fallen der Zeitpunkt des Entwidmungsbeschlusses und des Beschlusses über die Nutzung des Gebäudes auseinander, so wird die Entwidmungsgenehmigung erst dann wirksam, wenn auch der Beschluss über die künftige Nutzung des Gebäudes genehmigt worden ist.
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§ 3
Künftige Nutzung

Ist die Entwidmung einer Kirche geplant, so soll die zuständige Körperschaft sich um eine künftige Nutzung bemühen, die in einem möglichst nahen Zusammenhang mit der ursprünglichen Bestimmung des Gebäudes steht. Die nachstehenden Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten sind vollständig durchzuprüfen:
  1. Umnutzung für eigene kirchliche Zwecke (§ 4),
  2. Fremdnutzung unter Abschluss eines längerfristigen Miet- oder Nutzungsvertrages oder unter Einräumung eines Erbbaurechtes (§ 4),
  3. Veräußerung der Kirche (§ 5),
  4. Abriss der Kirche (§ 6),
  5. Weiterbestand des Gebäudes als Denkmal, Mahnmal, Hoffnungszeichen.
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§ 4
Umnutzung, Fremdnutzung

( 1 ) Vor der Entscheidung über die Umnutzung oder Fremdnutzung einer Kirche durch den Abschluss eines Miet- oder Nutzungsvertrages oder die Einräumung eines Erbbaurechtes ist zu prüfen, ob
  1. Belange des Denkmalschutzes,
  2. dingliche Rechte Dritter,
  3. baurechtliche Vorschriften hinsichtlich einer zweckbestimmten Ausweisung von Grundstücken für eine kirchliche Nutzung,
  4. staatliche oder kommunale Baulastverpflichtungen
die geplante Umnutzung oder Fremdnutzung erschweren oder unmöglich machen. Ferner ist gegebenenfalls eine urheberrechtliche Abstimmung durchzuführen.
( 2 ) Die Fremdnutzung einer Kirche ist erst dann möglich, wenn nachgewiesen ist, dass Belange im Sinne von Absatz 1 der Umnutzung oder Fremdnutzung nicht oder nicht mehr entgegenstehen und der Entwidmungsbeschluss durch das Nordelbische Kirchenamt genehmigt worden ist.
( 3 ) Der Beschluss eines Kirchenvorstandes zur Fremdnutzung einer Kirche durch Abschluss eines Miet- oder Nutzungsvertrages mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr oder die Einräumung eines Erbbaurechtes bedarf der Genehmigung des Kirchenkreisvorstandes. Für die Genehmigungsentscheidung gilt im Einzelnen:
  1. Die Nutzung durch eine der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen angehörende Kirche ist grundsätzlich zu genehmigen.
  2. Über die Genehmigung der Nutzung durch andere christliche Gruppierungen oder durch Gemeinden fremder Sprache und Herkunft, die nicht unter Nummer 1 erfasst sind, ist im Einzelfall zu entscheiden.
  3. Die Nutzung durch eine jüdische Gemeinde ist in der Regel zu genehmigen.
  4. Die Nutzung durch andere nicht christliche Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften ist nicht genehmigungsfähig.
  5. Die Nutzung durch einen nichtkirchlichen Rechtsträger ist in der Regel zu genehmigen, wenn das Gebäude in Zukunft gemeinnützigen kulturellen bzw. sozialen oder mildtätigen Zwecken dienen soll. Soll das Gebäude privat oder gewerblich genutzt werden, so kann dies ausnahmsweise genehmigt werden, wenn diese Nutzung mit kirchlichen Interessen vereinbar ist.
( 4 ) Der Nutzungszweck ist in den Miet-, Nutzungs- oder Erbbaurechtsvertrag aufzunehmen. Der Nutzer ist vertraglich zu verpflichten, bei der Nutzung auf den ursprünglichen Charakter des Gebäudes als Kirche und auf kirchliche Interessen Rücksicht zu nehmen und diese Verpflichtung auch einem eventuellen Rechtsnachfolger aufzuerlegen. Zur Sicherung dieser Verpflichtungen ist ein Rücktrittsrecht bei Zuwiderhandlung zu vereinbaren. Es ist eine Negativliste unzulässiger (insbesondere wirtschaftlicher) Nutzungen vorzuhalten, die Bestandteil des Vertrages wird. Es ist darauf zu achten, dass die die Fremdnutzung gewährende kirchliche Körperschaft kein Haftungsrisiko behält und von der Bauunterhaltung freigestellt wird.
( 5 ) Die Grundsätze für die Überlassung kirchlicher Räume (NEK-Mitteilungen vom 15. September 1991 Seite 301) sind zu beachten.
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§ 5
Veräußerung

( 1 ) Für die Veräußerung einer Kirche gelten die Regelungen des § 4 Absatz 1 bis 4 entsprechend. Zur Sicherung vertraglicher Vereinbarungen soll eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, die auch einen eventuellen Rechtsnachfolger bindet, oder ein Rückkaufsrecht ins Grundbuch eingetragen werden.
( 2 ) Der Beschluss eines Kirchenvorstandes über die Veräußerung eines mit einer Kirche bebauten Grundstückes bedarf der Genehmigung des Kirchenkreisvorstandes.
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§ 6
Abbruch

( 1 ) Der Beschluss der zuständigen Körperschaft über den Abbruch einer Kirche oder eine Veräußerung mit der Folge des Abbruchs bedarf der Genehmigung des Nordelbischen Kirchenamtes. Er ist zu genehmigen, wenn eine angemessene Nutzung der Kirche dauerhaft nicht möglich erscheint. Die Genehmigung des Abbruchs einer denkmalgeschützten Kirche kann nur in besonders begründeten Ausnahmefällen erfolgen.
( 2 ) Die Kirche ist vor dem Abbruch in Absprache mit dem Nordelbischen Kirchenamt in geeigneter Weise zu dokumentieren.
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§ 7
Umgang mit Ausstattung

( 1 ) Die Ausstattung einer zu entwidmenden Kirche ist nach Absprache mit dem Nordelbischen Kirchenamt zu inventarisieren. Das Inventarverzeichnis ist dem Nordelbischen Kirchenamt mit dem Entwidmungsbeschluss vorzulegen.
( 2 ) Für den sachgerechten Umgang und den Verbleib der Ausstattung nach Absatz 1 sorgt der Kirchenkreis.
( 3 ) Der Genehmigungsvorbehalt des Nordelbischen Kirchenamtes für die Veräußerung oder Veränderung von Sachen, die wissenschaftlichen, geschichtlichen oder künstlerischen Wert haben, und für den Umbau von Gebäuden ist zu beachten.
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§ 8
Inkrafttreten

Diese Rechtsverordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.2#

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1 ↑ Red. Anm.: Die Rechtsverordnung gilt auf dem Gebiet der ehemaligen Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche bis zu einer anderweitigen Regelung durch die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland weiter, soweit sie der Verfassung, dem Einführungsgesetz und den weiteren von der Verfassunggebenden Synode beschlossenen Kirchengesetzen nicht widerspricht oder im Einführungsgesetz keine abweichende Regelung getroffen wird, vgl. Teil 1 § 2 Absatz 2 des Einführungsgesetzes vom 7. Januar 2012 (KABl. S. 30, 127, 234) in der jeweils geltenden Fassung.
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2 ↑ Red. Anm.: Die Rechtsverordnung trat am 3. April 2007 in Kraft.