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Rahmenrichtlinie
für die Evangelischen Psychologischen Beratungsstellen in der NEK1#

Vom 13. Oktober 2003

(GVOBl. S. 210)

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Das Nordelbische Kirchenamt hat aufgrund von Artikel 102 Absatz 3 der Verfassung folgende Richtlinien über die Arbeit in den Evangelischen Beratungsstellen erlassen:
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§ 1
Psychologische Beratung

Die psychologische Beratung in der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche steht unter dem Sendungsauftrag der Gemeinde Jesu Christi, die Liebe Gottes in Wort und Tat zu bezeugen. Sie hat Teil am Auftrag der Kirche.
Psychologische Beratung ist Teil kirchlicher Seelsorge und Diakonie. Diese Beratung nimmt Menschen in ihren Lebenszusammenhängen wahr und begleitet sie in persönlichen Krisen und Notlagen. Das Ziel ist, dass Menschen sich mit ihren Problemen auseinandersetzen, eigene Lösungswege finden und mit ihren Belastungen und Grenzen leben lernen.
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§ 2
Trägerschaft

( 1 ) Psychologische Beratung ist insbesondere Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung, Ehe-, Partnerschafts- und Lebensberatung, Trennungs- und Scheidungsberatung, Mediation sowie Schwangeren- und Schwangerenkonfliktberatung. Sie findet in Evangelischen Beratungsstellen statt.
( 2 ) Evangelische Beratungsstellen in der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche, insbesondere auch spezifische Beratungsangebote nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) und Schwangeren- und Familienhilfegesetz (SFHG), stehen in der Trägerschaft von Kirchengemeinden, Kirchenkreisen oder anderen diakonischen und kirchlichen Trägern. Die öffentlich-rechtlichen Träger nach Satz 1 ordnen in der Regel die Evangelischen Beratungsstellen im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 Buchstabe a der Verfassung der NEK in rechtlich unselbstständiger Form.
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§ 3
Einbindung in die NEK

( 1 ) Evangelische Beratungsstellen beinhalten u. a. Einrichtungen für Erziehungs-, Familien-, Ehe-, Partnerschafts- und Lebensfragen sowie Fragen in der Schwangerschaft. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Evangelischen Beratungsstellen werden nach den tarif-, mitarbeiter- und beamtenrechtlichen Bestimmungen der NEK angestellt und vergütet bzw. besoldet.
( 2 ) Die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Evangelischen Beratungsstellen, die von einem öffentlich-rechtlichen kirchlichen Träger nach § 12# geordnet wurden, sind Mitglieder im Konvent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des jeweiligen Kirchenkreises. Die Evangelischen Beratungsstellen gehören nach ihrer Anerkennung oder Bestätigung durch ihren jeweiligen Kirchenkreisvorstand zu den Diensten und Werken ihres jeweiligen Kirchenkreises und entsenden ihre Vertretung in den Konvent der Dienste und Werke des Kirchenkreises.
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§ 4
Aufgabenbereiche der Diakonischen Werke

( 1 ) Das Diakonische Werk Hamburg – Landesverband der Inneren Mission e. V. – und das Diakonische Werk Schleswig-Holstein – Landesverband der Inneren Mission e. V. – unterhalten je eine landeskirchliche Hauptstelle für Erziehungs-, Familien-, Ehe-, Partnerschafts-, Lebensberatung und Schwangerschaftskonfliktberatung für ihren Zuständigkeitsbereich.
( 2 ) Diese Hauptstellen unterstützen Evangelische Beratungsstellen sowie deren Träger bei der Planung, dem Aufbau und der Organisation der Einrichtungen sowie bei der Gewährleistung der Fachaufsicht.
( 3 ) Sie halten u. a. Kontakte zu anderen Hauptstellen im Bundesgebiet, zur Evangelischen Konferenz für Familien- und Lebensberatung (EKFuL), den einschlägigen Fortbildungseinrichtungen der EKD sowie zu den Fachverbänden im Deutschen Arbeitskreis (DAK). Sie verantworten die Konferenzen der Evangelischen Beratungsstellen für ihren Zuständigkeitsbereich und gewährleisten den fachlichen Informations- und Erfahrungsaustausch.
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§ 5
Vernetzung und neue Aufgaben

( 1 ) Psychologische Beratung und Therapie umfasst die Diagnostik von persönlichen und zwischenmenschlichen Krisen und Konflikten und die daraus sich entwickelnde Indikation für die Anwendung verschiedener wissenschaftlich verantwortbarer psychotherapeutischer und pädagogisch-therapeutischer Methoden für Einzelne, Paare, Familien und Gruppen. Die Wahl der Methoden hängt von der Problematik der Ratsuchenden ab und wird bestimmt von der fachlichen Orientierung und Kompetenz sowie der Persönlichkeit der Beraterinnen und Berater.
( 2 ) Über die Arbeit an einzelnen Fällen hinaus machen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der psychologischen Beratung präventive Angebote.
( 3 ) Im Einvernehmen mit dem jeweiligen Träger informiert die Evangelische Beratungsstelle die Öffentlichkeit über die Angebote ihrer Einrichtung, sie nehmen Stellung zu aktuellen Fragen aus ihrem Arbeitsfeld und beteiligen sich aktiv an der Verbesserung der Lebensbedingungen in ihrem Umfeld.
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§ 6
Fachliche Merkmale

( 1 ) Oberstes Gebot der psychologischen Beratung ist die Verschwiegenheit und Vertraulichkeit, d. h. der uneingeschränkte Schutz der ratsuchenden Person. Der Zugang zur Beratung wird unmittelbar, frei, anonym und unbürokratisch gewährleistet, ebenso die Freiwilligkeit der Inanspruchnahme von Beratung.
( 2 ) Psychologische Beratung geschieht in einem multiprofessionell besetzten Team von Fachkräften, insbesondere mit therapeutischer Zusatzausbildung.
( 3 ) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der psychologischen Beratung arbeiten fachlich eigenständig. Die unmittelbare Fachaufsicht wird durch die Leitung der Evangelischen Beratungsstelle wahrgenommen.
( 4 ) Psychologische Beratung ist ein eigenständiges Angebot der psychosozialen Versorgung. Sie geschieht ggf. im Austausch, in Kooperation oder auch in Arbeitseinheit mit anderen psychosozialen Arbeitsformen im Sinne einer Vernetzung.
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§ 7
Fort- und Weiterbildung, Supervision

( 1 ) Psychologische Beratung erfordert die ständige fachliche Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die regelmäßige Teilnahme an Supervisionen für den Einzelnen oder die Einzelne und das Team. Hierzu gehört auch die stetige Überprüfung und Verbesserung des fachlichen Konzeptes der Einrichtung.
( 2 ) Die evangelischen Beratungsstellen entwickeln und erhalten ihre Angebote durch einen kontinuierlichen Prozess der Qualitätsentwicklung. Die fortlaufende Qualitätsentwicklung trägt den notwendigen inhaltlichen und strukturellen Veränderungen Rechnung und wird regelmäßig evaluiert.
( 3 ) Dieses muss der Träger gewährleisten und soll hierfür Mittel im Rahmen seines Haushaltes bereitstellen.
( 4 ) Evangelische Beratungsstellen können im Rahmen ihrer Ausbildungsverantwortung Stellen oder Arbeitsplätze für Praktikanten und Praktikantinnen zur Verfügung stellen.
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§ 8
Einbindung in bestehende Rechtsnormen

Psychologische Beratung in Evangelischen Beratungsstellen geschieht in kirchlicher Verantwortung. Sie geschieht im Rahmen der Verfassung der NEK, und der im Bereich der NEK geltenden weiteren Rechtsnormen. Die psychologische Beratung geschieht im Rahmen staatlicher Rechtsnormen ihrer Arbeitsfelder, insbesondere an den rechtlichen Bestimmungen für die der Kinder- und Jugendhilfe, für die Schwangeren- und Familienhilfe sowie für die Psychotherapie.
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§ 9
Finanzierung

( 1 ) Für alle Bereiche der Evangelischen Beratungsstellen stellt der kirchlichdiakonische Träger eigene Finanzmittel zur Verfügung. Ist psychologische Beratung Teil der staatlichen Kinder- und Jugendhilfe oder Schwangeren- und Familienhilfe, dann wirbt der Träger die finanzielle Förderung durch den öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe oder Schwangeren- und Familienhilfe nach Maßgabe der rechtlichen Bestimmungen ein.
( 2 ) Für alle Ratsuchenden ist psychologische Beratung in Evangelischen Beratungsstellen grundsätzlich kostenfrei.
( 3 ) Im Bereich der Ehe-, Partnerschafts- und Lebensberatung kann eine finanzielle Eigenbeteiligung der Ratsuchenden an den entstehenden Kosten durch Spenden vereinbart werden.
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§ 10
Inkrafttreten; Außerkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt in Kraft3#; gleichzeitig treten die Rahmenrichtlinien für die Evangelischen Beratungsstellen in der NEK vom 20. Februar 1996 (GVOBl. S. 90) außer Kraft.

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1 ↑ Red. Anm.: Die Verwaltungsvorschrift gilt auf dem Gebiet der ehemaligen Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche bis zu einer anderweitigen Regelung durch die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland weiter, soweit sie der Verfassung, dem Einführungsgesetz und den weiteren von der Verfassunggebenden Synode beschlossenen Kirchengesetzen nicht widerspricht oder im Einführungsgesetz keine abweichende Regelung getroffen wird, vgl. Teil 1 § 2 Absatz 2 des Einführungsgesetzes vom 7. Januar 2012 (KABl. S. 30, 127, 234) in der jeweils geltenden Fassung.
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2 ↑ Red. Anm.: Der Verweis ist nicht korrekt, gemeint ist wohl § 2 Absatz 2.
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3 ↑ Red. Anm.: Die Verwaltungsvorschrift trat am 4. November 2003 in Kraft.