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Kirchengericht:Kirchengericht für mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeiten der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:04.05.2017
Aktenzeichen:NK-MG 2-4/2016
Rechtsgrundlage:KAT, Entgeltordnung, Abteilung 1, K9 und K10
Vorinstanzen:nachfolgend: Kirchengerichtshof der EKD: KGH.EKD II-0124/36-2017 (Nichtannahme)
Schlagworte:
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Leitsatz:

1. Entscheidungsspielraum ist eine Sachlage, in der der Stelleninhaber unter mehreren richtigen und angemessenen Entscheidungen eine Entscheidung zu wählen und zu treffen hat. Der Entscheidungsspielraum ist erheblich, wenn eine Entscheidung im Rahmen einer Vielzahl von richtigen und angemessen Entscheidungsmöglichkeiten getroffen werden muss.
2. Ein mit einer Prüftätigkeit verbundener Entscheidungsspielraum ist nicht als erheblich anzusehen. Die Tätigkeit der Prüfung hat einen binären Entscheidungscharakter. Am Ausgang der Prüftätigkeit stehen die beiden Entscheidungsalternativen der Vereinbarkeit und der Unvereinbarkeit.

Tenor:

Es wird festgestellt, dass für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Stelle einer Sachbearbeiterin bzw. eines Sachbearbeiters im Dezernat Kirchliche Handlungsfelder (KH) des Landeskirchenamtes in Kiel in die Entgeltgruppe K 9 KAT nicht vorliegt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darum, ob der zu 2. beteiligten Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zu einer von der Antragstellerin beabsichtigten Eingruppierung zusteht.
Bei der Antragstellerin (Arbeitgeberin) handelt es sich um das Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. In ihrem Bereich ist das Dezernat Kirchliche Handlungsfelder (KH) gebildet, das u. a. zuständig ist für die Aufsicht über die Hauptbereiche „Aus- und Fortbildung“ (HB 1), „Seelsorge, Beratung und ethischer Diskurs“ (HB 2) und „Frauen, Männer, Jugend“ (HB 5) sowie über die Evangelischen Häuser im Norden (ehin) und das Jugendaufbauwerk Koppelsberg gGmbH. Für jeden Hauptbereich ist eine Referentin bzw. ein Referent im höheren Dienst für die inhaltliche Aufsicht verantwortlich; die Fachaufsicht über die Verwaltung der Hauptbereiche wird von drei Sachbearbeiterinnen bzw. Sachbearbeitern wahrgenommen. Für den HB 5 ist dies der Inhaber der Stelle, um deren Eingruppierung die Beteiligten streiten. Bei Einleitung dieses Verfahrens war die Stelle unbesetzt. Inzwischen wurde sie mit einem Mitarbeiter besetzt.
Der Stelleninhaber untersteht einer Fachvorgesetzten der Besoldungsgruppe A 13 KBesG, deren Aufgabe – neben der Fachaufsicht über die Verwaltung eines anderen Hauptbereichs (HB 2) – nach ihrer Dienstpostenbeschreibung darin besteht, die Wahrnehmung der an die beiden ihr unterstellten Mitarbeiter übertragenen Aufgaben nach Qualität, Angemessenheit und Zweckmäßigkeit zu prüfen, Beschwerden zu klären, den Mitarbeitern Weisungen zu erteilen, Arbeitsverfahren und Konzeptionen für die Wahrnehmung der Verwaltungsaufsicht zu erteilen, Teamsitzungen zu leiten sowie Vorgänge mit besonderer Schwierigkeit und Bedeutung im Bereich der Verwaltungsaufsicht über die Hauptbereiche 1 und 5, Jugendaufbauwerk sowie im Bereich Haushalt und Finanzen zu übernehmen und zu bearbeiten. Die Stelle der für die Fachaufsicht über die Verwaltung des HB 1 zuständigen Mitarbeiterin ist in die Entgeltgruppe K 9 eingruppiert.
Aus Anlass der durch die Fusion zur Nordkirche und die Bildung der Hauptbereiche eingetretenen Änderungen wurde eine neue Stellenbeschreibung für die streitgegenständliche Stelle angefertigt und dem Dezernat Dienst- und Arbeitsrecht im September 2015 zur Bewertung vorgelegt.
Nach der Stellenbeschreibung, auf die wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, fallen fünf Arbeitsvorgänge an: Aufsicht über die Verwaltung des Hauptbereichs 5 „Frauen, Männer, Jugend“ mit einem Zeitanteil von 85%, Aufsicht über die Verwaltung der Arbeitsstelle Institutionsberatung (IB) mit einem Zeitanteil von 10%, Beratung und Unterstützung der Domkirchengemeinde Ratzeburg sowie Erteilung kirchenaufsichtsrechtlicher Genehmigungen mit einem Zeitanteil von 2,5%, Beratung und Unterstützung der Verwaltung sowie Aufsicht über die Jugendaufbauwerk Plön-Koppelsberg gGmbH mit einem Zeitanteil von 1,5% und schließlich die Aufsicht Evangelische Häuser im Norden (ehin) mit einem Zeitanteil von 1%. […]
Die Erörterung zwischen dem Dezernenten des Dezernats KH, der für den Stelleninhaber zuständigen Fachvorgesetzten, der Leiterin der Abteilung Personalverwaltung und der zuständigen Personalsachbearbeiterin führte zu der Annahme, dass die Stelle in Entgeltgruppe K 9 einzugruppieren sei. Daher beantragte die Antragstellerin mit Schreiben vom 3. Februar 2016 bei der Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur Zuordnung der Stelle zur Entgeltgruppe K 9 KAT. Im Landeskirchenamt ist es aufgrund einer Verabredung mit der Mitarbeitervertretung seit vielen Jahren üblich, die Zustimmung zur Eingruppierung bereits vor der Besetzung einer Stelle einzuholen.
Am 17. Februar 2016 beantragte die Mitarbeitervertretung Erörterung, die am 24. Februar 2016 stattfand. Zu der Mitteilung der Mitarbeitervertretung vom selben Tag, wonach sie vorerst zu einer abweichenden Einschätzung gelange, nahm die Antragstellerin am 1. März 2016 Stellung; darauf reagierte die Mitarbeitervertretung mit E-Mail vom 10. März 2016. Auf die Erklärung der Antragstellerin vom 6. April 2016, sie halte die Erörterung für beendet, teilte die Mitarbeitervertretung am 13. April 2016 mit, sie stimme der Eingruppierung in die Entgeltgruppe K 9 nicht zu, was sie mit Schreiben vom 15. April 2016 begründete. Mit Antragsschrift vom 18. April 2016, eingegangen am 22. April 2016, rief die Antragstellerin das Kirchengericht an.
Die Beteiligten sind sich darin einig, dass auf der in Rede stehenden Stelle schwierige fachliche Tätigkeiten im Sinne der Entgeltgruppen K 9 und K 10 nach Anl. 1 Abt. 1 zum KAT auszuüben sind. Sie streiten um die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe K 10 gegeben sind, wonach erforderlich ist, dass die Arbeitnehmerin der Entgeltgruppe K 8 nicht lediglich entweder mit schwierigen fachlichen oder besonders verantwortungsvollen Tätigkeiten beschäftigt wird (K 9), sondern zugleich mit schwierigen fachlichen und besonders verantwortungsvollen Tätigkeiten. Da dem Arbeitsvorgang „Aufsicht über die Verwaltung des Hauptbereichs 5 `Frauen, Männer, Jugend´“ ein Zeitanteil von 85% zukommt, gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass sich die Beantwortung der Frage, ob die Voraussetzungen der Eingruppierung in K 10 gegeben sind, allein danach richtet, ob für diesen Arbeitsvorgang die Voraussetzungen der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit erfüllt sind.
Der Arbeitsvorgang „Aufsicht über die Verwaltung des Hauptbereichs 5 `Frauen, Männer, Jugend´“ umfasst die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit (Einhaltung von Gesetzen, Haushaltsplänen und -beschlüssen, Verwaltungsvorschriften) und Wirtschaftlichkeit (Verhältnis von Kosten und Nutzen, Finanzierbarkeit, Wirksamkeit zur Aufgabenerfüllung, Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit) von Maßnahmen. Diese Prüfung beinhaltet folgende Tätigkeiten:
  • - Prüfung des Wirtschaftsplans
    - Prüfung der Ausführung der Wirtschaftspläne
    - Prüfung des Jahresabschlusses
    - Prüfung von weiteren beteiligungs- und zustimmungspflichtigen Vorhaben wie z. B. neuen Projekten, Verträgen mit erheblichen Auswirkungen (d.h. wenn Vorhaben steuerrechtliche Folgen auslösen können, ein Vertragsabschluss über 10.000,- € geplant ist oder ein Vertrag nicht innerhalb von zwei Jahren kündbar ist), Baumaßnahmen, Darlehensaufnahmen, Annahme von Erbschaften
    - Prüfung von Verträgen nach § 17 HBG
    - stichprobenweise Prüfung von Verwaltungsvorgängen
    - Teilnahme an und Vorbereitung von Quartalsgesprächen
    - Vorbereitung von Vorlagen für Gremien
Die Antragstellerin meint, die Tätigkeit auf der Stelle einer Sachbearbeiterin bzw. eines Sachbearbeiters im Dezernat Kirchliche Handlungsfelder (KH) verlange keine besonders verantwortungsvollen Tätigkeiten. Es fehle an einem nach der Entgeltgruppe K 9 KAT für besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten vorauszusetzenden erheblichen Entscheidungsspielraum, aber auch an einem besonders gesteigerten Maß der Auswirkung der Entscheidungen. Dies ergebe sich daraus, dass in den oben aufgelisteten Tätigkeiten die Prüfung in Abstimmung mit der für die inhaltliche Aufsicht über den Hauptbereich zuständigen Referentin erfolge und der Stelleninhaber nur einzelfallbezogen und nur dann, wenn die inhaltliche Aufsicht nicht betroffen sei, die Genehmigung oder Zustimmung allein erteile bzw. versage. Es handele sich jeweils um Einzelfallentscheidungen. Bereits im Hauptbereich werde die Prüfung des geplanten und dem Dezernat zur Genehmigung vorgelegten Vorhabens durchgeführt. Hinzu komme, dass der Stelleninhaber einer Fachvorgesetzten unterstellt sei, die nach ihrer Dienstpostenbeschreibung u. a. Vorgänge mit besonderer Schwierigkeit und Bedeutung im Bereich der Verwaltungsaufsicht über den HB 5 und andere Bereiche zu übernehmen und zu bearbeiten habe. Die Mitarbeitervertretung habe nicht dargelegt, worin die erheblichen Auswirkungen der Tätigkeiten des Stelleninhabers bestünden.
Die Arbeitgeberin beantragt
festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der Zustimmung zur Eingruppierung der Stelle einer Sachbearbeiterin bzw. eines Sachbearbeiters im Dezernat Kirchliche Handlungsfelder (KH) des Landeskirchenamtes in Kiel in die Entgeltgruppe K 9 KAT nicht vorliegt.
Die Mitarbeitervertretung beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie meint, ihr stehe ein Zustimmungsverweigerungsgrund zu, weil die Stelle in K 10 eingruppiert sei, denn es seien auch besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten zu verrichten. Der dafür erforderliche Entscheidungsspielraum sei umfassend auf alle übertragenen Tätigkeiten bezogen gegeben und damit erheblich im Sinne der Entgeltgruppe, jedenfalls sei keinerlei Einschränkung vorgenommen worden. Für das Merkmal der für den Anstellungsträger wahrgenommenen Verantwortung sei nicht erforderlich, dass der Mitarbeiter die alleinige oder letzte Verantwortung tragen müsse. Auf die Ausübung der Fachaufsicht durch die Vorgesetzte komme es nicht an, zumal für diese möglicherweise nur ein bis zwei Stunden wöchentlich zur Verfügung stünden. Mit der Erteilung der Genehmigung durch den Stelleninhaber gehe die Verantwortung für den Vorgang einschließlich aller finanziellen und rechtlichen Folgen vom Hauptbereich auf das aufsichtführende Dezernat über; die Verantwortung liege daher immer zunächst beim Stelleninhaber. Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 25. April 2017, auf den wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, macht die Mitarbeitervertretung weitere Ausführungen dazu, aus welchen Umständen in Bezug auf die oben im einzelnen aufgelisteten Tätigkeiten des Arbeitsvorgangs „Aufsicht über die Verwaltung des Hauptbereichs 5 `Frauen, Männer, Jugend´“ sich ein erheblicher Entscheidungsspielraum sowie die nach den Tarifmerkmalen erforderlichen Auswirkungen herzuleiten seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 495 ZPO und § 46 Abs. 2 Satz 1, § 80 Abs. 2 Satz 1 ArbGG und § 62 Satz 1 MVG.EKD auf die Schriftsätze der Beteiligten bzw. ihrer Verfahrensbevollmächtigten einschließlich der Anlagen und die gerichtlichen Protokolle verwiesen.

II.

Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig und begründet.
Es ist gemäß § 60 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 42 Buchst c) und § 41 MVG.EKG festzustellen, dass für die Mitarbeitervertretung ein Grund zur Verweigerung der beantragten Zustimmung zur Eingruppierung der Stelle einer Sachbearbeiterin bzw. eines Sachbearbeiters im Dezernat Kirchliche Handlungsfelder (KH) des Landeskirchenamtes in Kiel in die Entgeltgruppe K 9 KAT nicht vorliegt, was zur Folge hat, dass die Zustimmung der Mitarbeitervertretung als ersetzt gilt (§ 60 Abs. 5 Satz 2 MVG.EKG).
Ein Grund zur Verweigerung der beantragten Zustimmung besteht insbesondere nicht deshalb, weil die Eingruppierung der Stelle in die Entgeltgruppe K 9 KAT unzutreffend wäre. Die von der Antragstellerin mit ihrem Antrag verfolgte Eingruppierung in K 9 KAT erweist sich nach Auffassung der Kammer als zutreffend. Die Voraussetzungen einer höheren, insbesondere der Entgeltgruppe K 10 KAT, sind hingegen nicht erfüllt.
Die auf der Stelle auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer der Entgeltgruppe K 10 nur dann, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderung des Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen (vgl. § 14 Abs. 2 Unterabs. 2 KAT).
Allerdings war nach Auffassung der Kammer nicht festzustellen, dass zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die die Anforderungen der Entgeltgruppe K 10 KAT erfüllen. Wenngleich es übereinstimmender Ansicht entsprach, dass es sich bei der Tätigkeit mindestens zur Hälfte um schwierige fachliche Tätigkeiten im Sinne der Entgeltgruppen K 9 und K 10 KAT handelt, fallen auf der Stelle nicht mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge an, die als besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten einzuordnen wären, wobei die Beteiligten zutreffend davon ausgehen, dass nicht der Vergleich mit der Eingruppierung anderer, u. U. ähnlicher Tätigkeiten, sondern die tatsächlich auszuübende Tätigkeit entscheidend ist.
Nach den Voraussetzungen der Entgeltgruppe K 9 KAT ist das Tätigkeitsmerkmal der besonders verantwortungsvollen Tätigkeiten folgendermaßen definiert:
„Besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten ergeben sich aus den Auswirkungen der im Rahmen des vorhandenen Entscheidungsspielraums für den Anstellungsträger wahrgenommenen Verantwortung. Der Entscheidungsspielraum muss erheblich sein.“
1. Die Kammer gelangte zu der Auffassung, dass nicht mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die auf einem erheblichen Entscheidungsspielraum beruhen, aus dem sich die Auswirkungen der für den Anstellungsträger wahrgenommenen Verantwortung ergeben.
Als Entscheidungsspielraum sieht die Kammer eine Sachlage an, in der der Stelleninhaber unter mehreren richtigen und angemessenen Entscheidungen eine Entscheidung zu wählen und zu treffen hat. Dabei wäre dem Wortsinn nach ein Entscheidungsspielraum bereits dann gegeben, wenn lediglich zwei mögliche Entscheidungen richtig und angemessen wären. Allerdings verlangen die Eingruppierungsvoraussetzungen, der Entscheidungsspielraum müsse erheblich sein. Aus dem Begriff der Erheblichkeit des Entscheidungsspielraums ist abzuleiten, dass eine Entscheidung im Rahmen einer Vielzahl von richtigen und angemessen Entscheidungsmöglichkeiten getroffen werden muss. Dieses Verständnis von der Erheblichkeit des Entscheidungsspielraums findet bei dem Blick auf die Systematik der Entgeltgruppen K 8, K 9 und K 10 seinen Ausdruck auch darin, dass der erhebliche Entscheidungsspielraum Auswirkungen haben muss, aus denen sich nicht allein verantwortungsvolle, sondern besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten ergeben. Der erhebliche Entscheidungsspielraum und die sich aus seinen Auswirkungen ergebenden besonders verantwortungsvollen Tätigkeiten korrelieren mithin in der Weise, dass das eine hinter dem anderen nicht wesentlich zurückbleiben darf.
2. Diese Anforderungen erfüllen die auf der Stelle zu verrichtenden Tätigkeiten nicht.
Der Arbeitsvorgang „Aufsicht über die Verwaltung des Hauptbereichs 5 `Frauen, Männer, Jugend´“, der mit einem von beiden Beteiligten übereinstimmend angenommenen zeitlichen Anteil von 85% an allen Arbeitsvorgängen der Tätigkeit den alleinigen Ausschlag für die tarifliche Einordnung der auf der Stelle auszuübenden Tätigkeit gibt, setzt keinen erheblichen Entscheidungsspielraum voraus.
Kennzeichnend für diesen Arbeitsvorgang ist eine prüfende Tätigkeit. Dies ergibt sich daraus, dass die Vereinbarkeit von Maßnahmen („Prüfung der Ordnungsmäßigkeit“) mit Gesetzen, Haushaltsplänen und -beschlüssen, Verwaltungsvorschriften sowie die Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit (Verhältnis von Kosten und Nutzen, Finanzierbarkeit, Wirksamkeit zur Aufgabenerfüllung, Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit) im Mittelpunkt dieses Arbeitsvorgangs steht. Allgemein gesprochen muss der Stelleninhaber die – von ihm inhaltlich nicht mitgestaltete, sondern als gegeben vorgefundene – Maßnahme den Vorgaben, die sich aus den Gesetzen und anderen verbindlichen Normen sowie dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit ergeben, gegenüberstellen und feststellen, ob im Einzelfall eine Unvereinbarkeit besteht. Bei der Feststellung der Vereinbarkeit oder einer Unvereinbarkeit mit den Vorgaben handelt es sich bereits aufgrund der Vielzahl und Vielgestaltigkeit der zu beachtenden normativen Vorgaben gewiss um eine schwierige fachliche Tätigkeit, was jedoch für sich genommen noch keinen Schluss auf das Vorhandensein eines erheblichen Entscheidungsspielraums zulässt.
Dass in der Feststellung der Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit einer Maßnahme mit den Vorgaben nicht nur ein Akt der Erkenntnis, sondern eine Entscheidung zu sehen ist, lässt sich damit begründen, dass zumindest im Rechtssinn auch feststellende Entscheidungen etwa in Verwaltungsakten, Beschlüssen oder Urteilen ohne weiteres als Entscheidungen einzuordnen sind. Den Charakter einer Entscheidung gewinnt die Tätigkeit der Prüfung dadurch, dass sich die Unvereinbarkeit oder Vereinbarkeit einer Maßnahme mit den zu beachtenden Vorgaben nicht ohne weiteres am Text einer Norm ablesen lässt, sondern erst aus einem – gelegentlich komplexen – Prozess wertender Erkenntnis resultiert.
Aus der so zu verstehenden Tätigkeit der Prüfung resultiert die Entscheidung, die Maßnahme sei mit den Vorgaben vereinbar, oder sie sei mit einer oder mehreren Vorgaben nicht vereinbar. Nach dem Verständnis der Kammer stehen am Ausgang der – an sich zweifellos komplexen – Prüftätigkeit im Prinzip die beiden Entscheidungsalternativen der Vereinbarkeit und der Unvereinbarkeit. Ob in Anbetracht dieser begrenzten Entscheidungsmöglichkeiten ein Spielraum zu sehen ist, ließe sich wegen der Normbindung verneinen. Gewiss kann es im Einzelfall schwierig sein, die Reichweite einer Norm, mit der die Maßnahme in Einklang stehen muss, zu ermitteln und sodann zu beurteilen, ob die Maßnahme gegen die Norm verstößt oder nicht. Insoweit – gewissermaßen auf der Tatbestandsseite der einschlägigen normativen Vorgabe und im Rahmen ihrer Auslegung – dürfte es sich jedoch nicht um einen Entscheidungsspielraum im Sinne des Tätigkeitsmerkmals handeln.
Doch auch wenn ein Spielraum angenommen werden sollte, handelt es sich nach Auffassung der Kammer jedenfalls nicht um einen erheblichen Entscheidungsspielraum im Sinne des tariflichen Tätigkeitsmerkmals. Wie beide Beteiligten übereinstimmend annehmen, kommt dem Stelleninhaber nicht die Kompetenz zu, die zu prüfende Maßnahme inhaltlich zu gestalten, denn es ist, wie unbestritten blieb, für jeden Hauptbereich eine Referentin bzw. ein Referent im höheren Dienst für die inhaltliche Aufsicht verantwortlich. Daraus folgt, dass der Stelleninhaber selbst keine Entscheidung darüber trifft, in welcher Weise ggf. die Vereinbarkeit einer Maßnahme hergestellt werden könnte. Zwar wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der Kammer deutlich, dass der Stelleninhaber u. U. mögliche Alternativen aufzeigt, um die Vereinbarkeit mit den Vorgaben sicherzustellen. Doch blieb andererseits unbestritten, dass nicht der Stelleninhaber die Entscheidung darüber trifft, ob und ggf. in welcher Weise die Vereinbarkeit der Maßnahme mit den Vorgaben hergestellt wird. Insoweit verfügt der Stelleninhaber, dem eine Entscheidungsmöglichkeit fehlt, nicht über einen erheblichen Entscheidungsspielraum.
Ein solcher wäre zweifellos bei der Tätigkeit vorhanden, die die Idee, Konzeption, Entwicklung und inhaltliche Ausgestaltung der Maßnahme betrifft. Geht es darum, im Rahmen des Themas Frauen, Männer, Jugend kreativ – „erschaffend“ – eine Maßnahme zu ersinnen, das Ziel festzulegen, das mit ihr verfolgt werden soll, im Rahmen der gegebenen finanziellen Möglichkeiten geeignete, erforderliche und angemessene Mittel zu seiner Erreichung aus der Vielzahl überhaupt möglicher Mittel auszuwählen, sie ggf. miteinander zu kombinieren, so handelt es sich in Gegenüberstellung zu der Tätigkeit, die die Prüfung der hieraus resultierenden Maßnahme auf die Vereinbarkeit mit den Vorgaben betrifft, sicherlich um eine Tätigkeit mit erheblichem Entscheidungsspielraum. Während die Tätigkeit der Entwicklung einer Maßnahme kreativen Charakter mit prinzipiell unbegrenzten Entscheidungsalternativen hat, hat die Tätigkeit der Prüfung, sehr stark verkürzend ausgedrückt und die fachliche Komplexität außer acht lassend, eher einen binären Entscheidungscharakter – wenngleich bezogen auf eine sehr hohe Zahl von u. U. sehr komplexen normativen Vorgaben. Doch bestärkt diese Gegenüberstellung die Kammer in ihrer Auffassung, dass ein mit der Prüftätigkeit verbundener Entscheidungsspielraum letzten Endes und auch wenn das weitere Kriterium der schwierigen fachlichen Tätigkeit zweifellos gegeben sein mag, nicht als erheblich anzusehen ist.
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Dr. Stelljes (Vorsitzender Richter)
Morell (Richter)
Nadler (Richter)