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Geltungszeitraum von: 02.08.2019

Geltungszeitraum bis: 31.12.2019

Rechtsverordnung
über das Rahmenschutzkonzept der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland zur Prävention und Intervention in Fällen sexualisierter Gewalt
(Rahmenschutzkonzeptverordnung – RSchuKVO)1#

Vom 2. Juli 2019

(KABl. S. 354)

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Aufgrund des § 11 Präventionsgesetz vom 17. April 2018 (KABl. S. 238) verordnet die Erste Kirchenleitung:
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§ 1
Regelungsgegenstand und Geltungsbereich

( 1 ) Diese Rechtsverordnung regelt das Rahmenschutzkonzept der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland zur Prävention und Intervention in Fällen sexualisierter Gewalt.
( 2 ) Es gilt für die kirchlichen Träger gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 Präventionsgesetz vom 17. April 2018 (KABl. S. 238) in der jeweils geltenden Fassung. § 1 Absatz 1 Satz 2 Präventionsgesetz bleibt unberührt.
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§ 2
Allgemeines

( 1 ) Auf der Grundlage dieser Rechtsverordnung soll jeder kirchliche Träger eine Risikoanalyse durchführen und ein Schutzkonzept entwickeln.
( 2 ) Die Vorschriften des staatlichen Rechts bleiben unberührt.
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§ 3
Unterstützung durch die Präventionsbeauftragten

Die jeweils zuständigen Präventionsbeauftragten unterstützen die kirchlichen Träger bei der Durchführung der Risikoanalyse und der Entwicklung des Schutzkonzepts auf der Grundlage dieser Rechtsverordnung.
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§ 4
Risikoanalyse

( 1 ) Vor der Durchführung einer Risikoanalyse prüfen die kirchlichen Träger, ob in ihren Einrichtungen bereits Strukturen, Maßnahmen oder Konzepte zum Schutz vor sexualisierter Gewalt vorhanden sind und beziehen diese bei der Entwicklung der Schutzkonzepte mit ein. Davon umfasst sind auch andere Konzepte und Strukturen zur Prävention.
( 2 ) Die kirchlichen Träger prüfen ihre Strukturen, Arbeitsfelder und Arbeitsabläufe, ob und inwieweit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie diejenigen, die kirchliche Angebote wahrnehmen, möglichen Gefährdungen für sexualisierte Gewalt ausgesetzt sein können und ob im Fall eines Verdachts für das Vorliegen von sexualisierter Gewalt Beschwerdestrukturen vorhanden sind.
( 3 ) Zu prüfen sind insbesondere:
  1. die Einhaltung professioneller Arbeitsstandards,
  2. die Angebote und die verschiedenen Gruppen,
  3. das Bestehen von Gefährdungspotentialen und eines besonderen Schutzbedarfs für eine bestimmte Gruppe,
  4. die Räumlichkeiten des kirchlichen Trägers, deren Besonderheiten, Nutzung und Zutrittsmöglichkeiten,
  5. das Vorhandensein von Beschwerdestrukturen und Handlungsplänen zur Intervention.
( 4 ) Nach der Analyse der möglichen Gefährdungen ist zu prüfen, ob strukturelle und konzeptionelle Verbesserungen zum Schutz vor sexualisierter Gewalt erforderlich sind.
( 5 ) Die Risikoanalyse ist in regelmäßigen Abständen, insbesondere bei Veränderungen von Angeboten und Arbeitsfeldern des kirchlichen Trägers zu wiederholen.
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§ 5
Schutzkonzept

( 1 ) Auf der Grundlage der Risikoanalyse soll jeder kirchliche Träger ein Schutzkonzept erstellen. Die Umsetzung ist der jeweiligen aufsichtführenden Stelle nachzuweisen.
( 2 ) Ein Schutzkonzept zur Prävention und Intervention ist ein Zusammenspiel aus Analyse, strukturellen Veränderungen, Vereinbarungen und Absprachen sowie Haltung und Kultur einer Organisation.
( 3 ) Das Schutzkonzept besteht aus Maßnahmen der Prävention und Intervention. Dazu gehören insbesondere:
  1. die Fortbildung der ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemäß § 1 Absatz 2 Präventionsgesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt in Institutionen,
  2. das Beschwerdeverfahren,
  3. der Handlungsplan zum Vorgehen bei Hinweisen auf sexualisierte Gewalt,
  4. präventive Maßnahmen bei Stellenbesetzungsverfahren,
  5. ein sexualpädagogisches Konzept in der Kinder- und Jugendarbeit,
  6. zielgruppenspezifische Präventionsangebote,
  7. das erweiterte Führungszeugnis und die Selbstverpflichtungserklärung,
  8. Verhaltensregeln im Umgang mit digitalen Medien,
  9. die Vernetzung und Zusammenarbeit mit spezialisierten Fachberatungsstellen und
  10. die Festschreibung und Kommunikation der Verantwortung für Prävention.
( 4 ) In den Entwicklungsprozess des Schutzkonzepts sind neben der Leitung des kirchlichen Trägers je nach Arbeitsschwerpunkt ehren- und hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie diejenigen, die kirchliche Angebote wahrnehmen, einzubeziehen. Kinder, Jugendliche sowie hilfs- und unterstützungsbedürftige Menschen sind in angemessener Weise zu beteiligen.
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§ 6
Handlungsplan

Der Handlungsplan enthält Vorgaben zur Durchführung des Verfahrens bei Hinweisen, Wahrnehmungen oder Meldungen für das Vorliegen eines Verdachts von Fällen sexualisierter Gewalt. Dazu gehören insbesondere Angaben:
  1. über Ansprechpersonen des kirchlichen Trägers und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland sowie spezialisierter Fachberatungsstellen, an die sich Personen im Fall eines Verdachts auf das Vorliegen von sexualisierter Gewalt melden können,
  2. über die Beachtung von Schutzinteressen der betroffenen Personen,
  3. über die Meldepflicht und die Zusammenarbeit mit der bzw. dem jeweils zuständigen Meldebeauftragten,
  4. über ein standardisiertes Verfahren zur Kommunikation und Dokumentation,
  5. über die Einberufung von Beratungsstäben, die Festlegung von Zuständigkeiten (Fallverantwortung und Fallbearbeitung) und über das weitere Verfahren,
  6. über die Nachsorge und Aufarbeitung des Falles für die Einrichtungen und Betroffenen sowie
  7. über die Rehabilitation von zu Unrecht beschuldigten Personen.
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§ 7
Aufgaben der Fachstelle bei der Entwicklung von Schutzkonzepten

( 1 ) Die Fachstelle gemäß § 7 Absatz 1 Präventionsgesetz unterstützt die Präventionsbeauftragten in ihrer Aufgabe zur Mitwirkung an der Entwicklung und Umsetzung der Schutzkonzepte der kirchlichen Träger. Die Fachstelle berät über Angebote spezialisierter kirchlicher und nichtkirchlicher Fachberatungsstellen zur Begleitung der Schutzkonzeptentwicklung.
( 2 ) Zur Ausführung und Anwendung dieser Rechtsverordnung erarbeitet die Fachstelle Standards für die Präventionsarbeit und für den Umgang mit Vorfällen sexualisierter Gewalt. Dazu gehören insbesondere eine Handreichung und praktische Arbeitshilfen zu den einzelnen Bestandteilen von Schutzkonzepten. Diese werden den kirchlichen Trägern durch die Fachstelle zur Verfügung gestellt.
( 3 ) Die Präventionsbeauftragten werden bei der Entwicklung und Weiterentwicklung zielgruppenspezifischer Materialien durch die Fachstelle unterstützt.
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§ 8
Evaluation

( 1 ) Diese Rechtsverordnung wird durch die Fachstelle auf notwendige Änderungen und Ergänzungen nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Praxiserfahrungen im kirchlichen und nichtkirchlichen Bereich geprüft. Im Fall notwendiger Anpassungen schlägt die Fachstelle der Kirchenleitung die erforderlichen Änderungen vor.
( 2 ) Diese Rechtsverordnung wird spätestens nach Ablauf von fünf Jahren evaluiert.
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§ 9
Übergangsregelung

( 1 ) Die Aufgaben der Fachstelle nach § 7 werden bis zu ihrer Errichtung durch die Koordinierungsstelle Prävention wahrgenommen.
( 2 ) Vorhandene Schutzkonzepte sind zu überprüfen und an die Vorgaben dieser Rechtsverordnung anzupassen.
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§ 10
Inkrafttreten

Diese Rechtsverordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.2#

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1 ↑ Die Rechtsverordnung trat gemäß § 21 Satz 2 der Präventionsgesetzausführungsverordnung vom 28. November 2019 (KABl. S. 558) mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft.
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2 ↑ Red. Anm.: Die Rechtsverordnung trat am 2. August 2019 in Kraft.