.
Kirchengericht:Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:22.03.2021
Aktenzeichen:NK-VG I 3/2020
Rechtsgrundlage:
Vorinstanzen:
Schlagworte:
#

Leitsatz:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Tatbestand

Der Kläger ist Pastor und seit dem 1. Oktober 2019 im Ruhestand. Er begehrt eine höhere Festsetzung seines Ruhegehalts.
Seine Pfarrstelle in der Gemeinde K teilte er sich ab dem Beginn seiner Dienstzeit als Pastor auf Probe am X.Y.1985 mit seiner Ehefrau; dabei wechselten sich Zeiten des Umfangs seines Dienstauftrages zu 50 % und zu 100 % ab. Ab dem X.Y.2000 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand war der Kläger mit vollem Dienstauftrag in derselben Gemeinde als Pastor tätig.
Mit Bescheid vom 22. August 2019 setzte die Beklagte sein Ruhegehalt entsprechend einem Ruhegehaltssatz von 62,37 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge auf X.XXX € brutto fest. Dabei rechnete sie mehrere Zeiträume der Dienstzeit des Klägers entsprechend dessen damaligem Tätigkeitsumfang lediglich zu 50 % als ruhegehaltsfähig an. Drei Jahre der Probezeit, in welcher der Kläger zu 50 % tätig gewesen war, rechnete sie voll an. Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser eine versorgungsrechtliche Benachteiligung verheirateter Pastoren mit gemeinsamer Pastorenstelle gegenüber unverheirateten oder nicht mit einem Pastor/einer Pastorin verheirateten Pastoren geltend machte, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2020 zurück. § 17 Abs. 12 Kirchenversorgungsgesetz (KVersG) stelle Pastoren längstens für drei Jahre versorgungsrechtlich so, als hätten sie Dienst in uneingeschränktem Umfang geleistet. Für eine weitergehende volle Anrechnung von Dienstzeiten mit eingeschränktem Dienstumfang fehle eine Rechtsgrundlage. Die gemeinsame Übertragung einer Gemeindepfarrstelle an ein Ehepaar sei nach dem damaligen Teilbeschäftigungsgesetz nur auf Antrag möglich gewesen. Es handele sich deshalb nicht um eine vom Bundesverfassungsgericht als rechtswidrig beanstandete Einstellungszwangsteilzeit, sondern um eine freiwillige Teilbeschäftigung. Die statusrechtlichen Verfügungen zur Erteilung von Dienstaufträgen mit eingeschränktem Umfang seien außerdem bestandskräftig geworden und nicht nichtig.
Der Kläger begründet seine dagegen erhobene Klage wie folgt:
§ 7 Abs. 1 des Teilbeschäftigungsgesetzes der Nordelbischen Kirche sei rechtswidrig gewesen. Die gemeinsame Übertragung einer Pfarrstelle an Eheleute zu je 50 % sei keine freiwillige Teilbeschäftigung gewesen, weil Eheleute im Pastorenamt keine Wahlmöglichkeit einer vollzeitigen Beschäftigung gehabt hätten. Die Kirche sei damals einem überkommenen Rollenverständnis gefolgt, nach dem eine vollzeitige Tätigkeit beider ordinierter Eheleute vermieden werden sollte. Eine Anfechtung der lediglich hälftigen Dienstaufträge wäre aussichtslos gewesen. Die Bestandskraft der diesbezüglichen Bescheide könne einer versorgungsrechtlichen Kompensation des Verstoßes des § 7 Abs. 1 Teilbeschäftigungsgesetz gegen Art. 6 GG deshalb nicht entgegengehalten werden. Ihm sei damals mündlich zugesagt worden, die Gleichstellung bei der Versorgung werde später geklärt werden und insoweit werde er dann seine Rechte wahren können. Auf der Synode vom 28. Februar bis 2. März 2019 habe auch der damalige Landesbischof Ulrich ausweislich des schriftlichen Berichts über deren Verhandlungen (S. 72) anerkannt, dass es Zwang zur Teilbeschäftigung gegeben habe. Die 2019 im Kirchenversorgungsgesetz geschaffene Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 12 KVersG für eine volle versorgungsrechtliche Anrechnung von lediglich drei Jahren der Teilbeschäftigung greife deshalb zu kurz.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. August 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2020 zu verpflichten, bei den Neuberechnungen der Versorgungsbezüge des Klägers von einer Kürzung entsprechend dem Verhältnis des ermäßigten zum vollzeitigen Dienstumfang abzusehen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ergänzt und vertieft die Begründung des Widerspruchsbescheides. Eine schriftliche Zusage der versorgungsrechtlichen Gleichstellung sei nicht aktenkundig. Der kirchliche Gesetzgeber habe mit § 17 Abs. 12 KVersG eine auch rechtlich angemessene Lösung geschaffen, um die versorgungsrechtlichen Folgen der Teilbeschäftigung in der damaligen Zeit des Stellenmangels abzumildern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den von der Beklagten eingereichten Verwaltungsvorgang verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Ruhegehaltsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Festsetzung seines Ruhegehalts ohne Kürzungen wegen seiner Teilzeitbeschäftigungen.
1. Nach § 2 Abs. 1 KVersG i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BeamtVG sind Zeiten einer Teilbeschäftigung nur zu dem Teil ruhegehaltsfähig, der dem Verhältnis der ermäßigten zur regelmäßigen Arbeitszeit entspricht. Aufgrund des Ersten Kirchengesetzes zur Änderung des Kirchenversorgungsgesetzes vom 8. März 2019 (KABl. S. 154) gilt nunmehr nach § 17 Abs. 12 Nr. 2 KVersG die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG in den dort näher bezeichneten Fällen mit der Maßgabe, dass die Versorgungsberechtigten insgesamt für längstens drei Jahre so zu stellen sind, als ob sie Dienst mit einem uneingeschränkten Dienstumfang geleistet hätten, wenn die Gewährung des Teildiensts nicht lediglich im eigenen Interesse der Versorgungsberechtigten erfolgt ist und nicht die Wahl eines Diensts mit einem uneingeschränkten Dienstumfang bestand. Die neu geschaffene Vorschrift des § 17 Abs. 12 KVersG modifiziert also § 6 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG, indem sie für längstens drei Jahre eine volle versorgungsrechtliche Anrechnung von Dienstzeiten mit einem hälftigen Dienstumfang gebietet, wenn die genannten tatbestandlichen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen.
Die Festsetzung des Ruhegehalts des Klägers durch die Beklagte weicht von diesen einfachrechtlichen Regelungen jedenfalls nicht zu Lasten des Klägers ab. Die jeweiligen Zeiten der hälftigen Teilbeschäftigung zwischen dem 16. Dezember 1988 und dem 31. Oktober 2000 konnten nach den Regelungen des § 6 BeamtVG nur zu 50 % angerechnet werden; die Beklagte hat für den Zeitraum davor die versorgungsrechtliche Ausgleichsregelung des § 17 Abs. 12 KVersG in dem größtmöglichen Umfang von drei Jahren auf den Kläger angewendet.
2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem mit der Klage geltend gemachten Umstand, dass der Kläger überhaupt nicht die Wahl gehabt habe, ob er den vollen Beschäftigungsumfang leisten oder nur in eingeschränktem Umfang tätig werden wolle.
a. Zwar ist in der Rechtsprechung staatlicher Gerichte anerkannt, dass die Ermäßigung der Arbeitszeit eines neu eingestellten Beamten ohne die echte Möglichkeit der Wahl einer vollen Beschäftigung (sogenannte Zwangseinstellungsteilzeit) rechtswidrig ist (BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1989 – 2 C 52.87; Urteil vom 2. März 2000 – 2 C1.99; Beschluss vom 18. Juni 2002 – 2 B 17.02; Urteil vom 27. Mai 2010 – 2 C 84.08). Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 19. September 2000 – 2 BvF 3/02) hat insoweit einen Verstoß gegen den beamtenrechtlichen Grundsatz der Hauptberuflichkeit sowie gegen den Alimentationsgrundsatz festgestellt. Durch das mit der Regelung verfolgte sozialstaatliche Anliegen könne dies nicht gerechtfertigt werden. Anders sei eine Einstellungsteilzeitregelung allerdings zu beurteilen, wenn sie ein Antragserfordernis vorsehe und einer familienpolitischen Zielrichtung diene.
Es könnte dem Begehren nach rückwirkender Anerkennung der vollen Dienstzeit auch nicht entgegengehalten werden, dass die entsprechende volle Arbeitsleistung nicht erbracht worden ist. Denn die Besoldung und entsprechend auch die Versorgung sind nicht Korrelat der Arbeitsleistung, sondern entspringen der Alimentationspflicht des Dienstherrn (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2010 – 2 C 8608, juris Rn. 27).
Jedenfalls aber kann der von einer Zwangseinstellungsteilzeit betroffene Beamte versorgungsrechtlich nur dann so gestellt werden, als ob er in dieser Zeit vollzeitbeschäftigt gewesen wäre, wenn er sich gegen die Ermäßigung seiner Arbeitszeit gewehrt und diese nicht hat bestandskräftig werden lassen. Das Gericht folgt der Auffassung in der staatlichen Rechtsprechung, wonach Bescheide, die eine unfreiwillige Einstellungsteilzeit anordnen, nur rechtswidrig und nicht etwa nichtig sind (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. Mai 2015 – OVG 4 B 12.12 – nicht veröffentlicht, wiedergegeben in den Gründen der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 2016 – 2 B 57.15). Ebenso wenig wäre eine Rücknahme der Teilzeitanordnungen für die Vergangenheit rechtlich geboten (BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2011 – 2 C 50.09). Nur die Aufhebung der Arbeitszeitermäßigung kann dazu führen, dass der Beamte im Hinblick auf die Versorgung so gestellt wird, als hätte er vollzeitig Dienst geleistet (VG Düsseldorf, Urteil vom 7. Juni 2010 – 23 K 7659/08 unter Verweis auf VG Gelsenkirchen, Urteile vom 7. Januar 2002 – 1 K 5443/00, 1 K 4795/00 und 4993/00). Das allerdings ist hier nicht der Fall. Der Kläger hat vielmehr die Verfügungen vom 8. Dezember 1986 und 5. Oktober 1990 bestandskräftig werden lassen. Nach Erscheinungsbild und Regelungsgehalt bestehen auch keine begründeten Zweifel an der Verwaltungsaktseigenschaft der Schriftstücke. Sie enthalten zwei eigenständige, getrennt anfechtbare Regelungen, und zwar die Begründung des Beamtenverhältnisses sowie die Regelung über den Beschäftigungsumfang (vgl. ähnlich BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2010 – 2 C 86.08).
Das Gericht kann nicht erkennen, dass der Kläger aufgrund der von ihm vorgetragenen Umstände gehindert gewesen wäre, sich gegen die Teilbeschäftigung zu wehren, oder dass der Einwand der Bestandskraft der statusrechtlichen Bescheide treuwidrig sein sollte. Dass er auf den späteren Zeitpunkt der Ruhegehaltfestsetzung vertröstet worden sein sollte – wie der Kläger behauptet –, hat in den vorliegenden Akten keinen schriftlichen Niederschlag gefunden. Im Übrigen ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers jedenfalls nicht, dass damit bereits eine bestimmte Lösung der versorgungsrechtlichen Konsequenzen der Teilbeschäftigung in Aussicht gestellt worden wäre – vielmehr war danach eine Lösung ungewissen Inhalts in die Zukunft verschoben. Ein Vertrauenstatbestand oder eine rechtlich tragfähige Zusage im Sinne der Klagforderung scheidet damit aus.
b. Überdies ist eine unfreiwillige Einstellungsteilzeit im kirchlichen Bereich nicht an denselben rechtlichen Maßstäben zu messen wie im staatlichen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht (s. o.) leiten die Rechtswidrigkeit einer unfreiwilligen Einstellungsteilzeit aus Art. 33 Abs. 5 GG ab, nämlich aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums der Hauptamtlichkeit und der Alimentation von Beamten. Anerkanntermaßen findet Art. 33 Abs. 5 GG auf öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse der Kirche aber weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 9. Dezember 2008 – 2 BvR 719/08, juris Rn. 10; Verfassung-und Verwaltungsgericht der VELKD, Beschluss vom 16. Februar 2006 – ZevKR 51 (2006), Seite 229 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. September 2012 – 5 A 1941/10, juris Rn. 91). Die Religionsgesellschaften sind lediglich an die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen sozialer Sicherung in Beschäftigungsverhältnissen gebunden. Der Alimentationsgrundsatz gilt im kirchlichen Recht nur kraft Gewohnheitsrechts im Rahmen der allgemeinen Fürsorgepflicht. Das Verfassungs- und Verwaltungsgericht der VELKD (a. a. O., S. 233) hat eine Verletzung der Fürsorgepflicht nur dann angenommen, wenn der Dienstherr den in Teilzeit beschäftigten Pfarrer (im entschiedenen Fall nach Ablauf einer befristeten Teilbeschäftigung) nicht in eine dem Dienstherrn tatsächlich zur Verfügung stehende Vollzeitstelle eingewiesen hat. Dem folgt das erkennende Gericht.
Danach scheidet schon aus diesem Grunde die Rechtswidrigkeit der Teilzeitanordnung gegenüber dem Kläger aus. Diese lief weder wegen Befristung aus, noch ergibt sich aus dem Vortrag der Beteiligten, dass der Beklagten bzw. der Nordelbischen Kirche eine Vollzeitstelle zur Verfügung stand, die der Kläger auch anzutreten bereit war und in die er dennoch nicht eingewiesen wurde.
c. Nach allem kann offen bleiben, ob bei ordinierten Ehepaaren eine Zwangseinstellungsteilzeit im Rechtssinne vorlag. Dass die Pastoren und Pastorinnen nämlich nicht jeweils die Wahl hatten, eine ganze Stelle zu übernehmen – wenn auch mit der Konsequenz, dass der Partner oder die Partnerin kein Stellenangebot erhalten hätte –, ist auch nach der mündlichen Verhandlung nicht zweifelsfrei geklärt. Vielmehr hat der Kläger eine solche Wahlmöglichkeit im Gespräch mit dem Gericht durchaus eingeräumt und erst auf wiederholte Nachfrage an der Äußerung nicht mehr festhalten wollen.
Der Senat hat allerdings keine Zweifel daran, dass der Kläger und seine Ehefrau nicht die Wahl hatten, beide zugleich in ein uneingeschränktes Dienstverhältnis zu gelangen. § 7 des Teilbeschäftigungsgesetzes der Nordelbischen Kirche vom 22. Januar 1983 (GVOBl. S. 86) sah nach seinem Wortlaut zwar den Antrag von Eheleuten auf gemeinsame Übertragung einer Gemeindepfarrstelle vor. Damit unterscheidet sich die gesetzliche Regelung von denjenigen Regelungen, die den genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts bzw. des Bundesverfassungsgerichts zu Grunde lagen. In jenen nämlich war eine antragslose Teilzeitregelung vorgesehen. Die Lebenswirklichkeit allerdings sah nach den Bekundungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung eine echte Freiwilligkeit nicht vor; der gesetzlich vorgesehene Antrag wurde offenbar erwartet. Der Zweck der Regelung, die damalige Pastorenschwemme aufzulösen, bestätigt diese tatsächliche Handhabung der Teilbeschäftigungsregelung im Sinne einer Erwartung an die jungen Pastorinnen und Pastoren und damit einer gewissen Zwangslage. Unter diesem Eindruck stand offenbar auch die Neuregelung des KVersG durch das Erste Kirchengesetz zur Änderung des Kirchenversorgungsgesetzes vom 8. Mai 2019. In dem Vorschlag der Kirchenleitung der Beklagten an die Synode für ein Gesetz zur Regelung der versorgungsrechtlichen Probleme, die sich aufgrund der damaligen Teilzeitregelung ergaben (https://www.kirchenrecht-nordkirche.de/begruendung/43094.pdf), wurde ausgeführt:
„In den 1980iger Jahren machte sich aufgrund finanzieller Rückgänge bei gleichzeitigem deutlichen Anstieg der Zahl der Bewerberinnen und Bewerber für den pastoralen Dienst (geburtenstarke Jahrgänge) ein Pfarrstellenmangel in der ehemaligen Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche bemerkbar. Die Personalentwicklung des Nordelbischen Kirchenamts versuchte bis weit in die 1990iger Jahre hinein dem entgegen zu wirken, indem vorhandene Pfarrstellen geteilt wurden und Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger in der Regel nur noch im Teildienst übernommen wurden. Nur auf diese Weise konnte erreicht werden, dass eine größtmögliche Anzahl von ausgebildeten Pastorinnen und Pastoren in ein Dienstverhältnis gelangte.
Ab Ende der 1990iger Jahre kann eine ähnliche Entwicklung in der ehemaligen Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und der ehemaligen Pommerschen Evangelischen Kirche festgestellt werden. Diese Praxis wurde bis etwa 2007 geübt. Für die Nordelbische Kirche geschah dies zunächst auf der Grundlage des Teilbeschäftigungsgesetzes vom 22. Januar 1983 (GVOBl. S. 86). Weitere Rechtsvorschriften folgten, in der Mecklenburgischen und der Pommerschen Kirche ab Mitte der 1990iger Jahre.
Für die nordelbische Kirche wurde mit dem Teilbeschäftigungsgesetz vom 22. Januar 1983 (GVOBl. S. 86) die Aufteilung von Pfarrstellen zur Besetzung durch Teildienstverhältnisse geregelt. Für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger, die verheiratet waren, wurden im Jahr 1985 Regelungen geschaffen, um einen Großteil von ausgebildeten Pastorinnen und Pastoren zur Anstellung und Übernahme in ein Dienstverhältnis zur nordelbischen Kirche zu binden. Kirchengesetzliche Grundlage war § 7, der durch Änderungsgesetz vom 19. Januar 1985 (GVOBl. S 67) in das Teilbeschäftigungsgesetz1 eingefügt worden ist.
Nach dieser Vorschrift konnte ein Ehepaar, wenn es dies beantragte, den Probedienst auf einer vollen Pfarrstelle in gemeinsamer Verwaltung ableisten. Dies war in Zeiten einer Divergenz zwischen der Nachfrage, in ein Pfarrdienstverhältnis übernommen zu werden, und dem Stellenkontingent in der ehemaligen Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche eine Maßnahme zur Personalgewinnung und des Personalerhalts, um mehr Pfarramtskandidatinnen und -kandidaten die Möglichkeit der Einstellung zu geben. Aufgrund weiterer Vorschriften des Teilbeschäftigungsgesetzes konnte die Probezeit auch für nicht verheiratete Pastorinnen und Pastoren in Teildienst abgeleistet werden. Es konnten aber auch Pastorinnen und Pastoren im Lebensdienstverhältnis in Teilzeit auf Pfarrstellen berufen werden. (…)
Auch wenn damals ein überwiegendes Einvernehmen zwischen der Dienstgeber- und Dienstnehmerseite innerhalb der Einstellung in den Probedienst und Übernahme in das Lebensdienstverhältnis bestanden hatte, wurde in den vergleichbaren Vorschriften aller ehemaligen drei Gliedkirchen darauf verzichtet, versorgungsrechtlich einen Ausgleich zu schaffen. In den Lebensdienstbiographien der betroffenen Personen klafft dadurch eine Lücke zum Erreichen des Höchstruhegehaltsatzes von derzeit 71,75 Prozent. Dies wird dadurch verstärkt, dass nunmehr dafür in der Regel 40 anrechenbare Dienstjahre erforderlich sind und in dem damaligen Zeitraum Versorgungsberechtigte den Höchstruhegehaltsatz bereits nach 35 anrechenbaren Dienstjahren hätten erreichen können.
(…) Mit dem Ersten Kirchengesetz zur Änderung des Kirchenversorgungsgesetzes soll vermieden werden, dass die ca. 190 Personalfälle der ehemaligen Nordelbischen Kirche und den ca. 20 weiteren aus den Gebieten der ehemaligen mecklenburgischen und pommerschen Kirche mit der Versorgungsfestsetzung zu jeweiligen klagbaren Einzelfallentscheidungen erwachsen. Die Anrechnungszeit der Aufstockung soll auf drei Jahre begrenzt sein, um einerseits eine gewisse Härtefallregelung zu dokumentieren und andererseits keine Übervorteilung gegenüber anderen Teildienstverhältnissen zu schaffen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der betroffene Personenkreis sich innerhalb seiner beruflichen Weiterentwicklung zumutbar auf andere Dienstverhältnisse zumindest nach Ablauf dieses Zeitraums hätte bewerben können.“
Die Synode ist dem Vorschlag gefolgt. Danach gingen die Kirchenleitung und wohl auch die Synode davon aus, dass Pastoren als Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger „in der Regel nur noch im Teildienst übernommen wurden". Auch kann die Anwendung der versorgungsrechtlichen Ausgleichsregelung des § 17 Abs. 12 KVersG in dem größtmöglichen Umfang von drei Jahren auf den Kläger als Zugeständnis der Beklagten interpretiert werden, dass die Voraussetzungen der Vorschrift vorlagen, insbesondere also die Gewährung des Teildiensts nicht lediglich im eigenen Interesse der Versorgungsberechtigten erfolgt ist und nicht die Wahl eines Dienstes mit einem uneingeschränkten Dienstumfang bestand.
d. Der kirchliche Gesetzgeber hat diesen Missstand erkannt und die versorgungsrechtlichen Konsequenzen mit dem genannten Änderungsgesetz und der Schaffung der versorgungsrechtlichen Ausgleichsregelung des § 17 Abs. 12 KVersG im Jahr 2019 aufgefangen. Ein voller Ausgleich der damaligen Teilbeschäftigungszeiten von Pastorinnen und Pastoren wurde nicht erreicht, jedoch ist eine Anerkennung der damaligen Betroffenen, deren Interessen sich den personalwirtschaftlichen und fürsorgerischen Zwecken der Teilbeschäftigungsregelung unterordnen mussten, deutlich zum Ausdruck gekommen und eine nachvollziehbare, den Fürsorgepflichten der Kirche gegenüber ihren Bediensteten aus Rechtsgründen genügende Regelung gefunden worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 22 KiGG, § 9 VerfVwGG i. V. m. § 60 Abs. 1 VwGG.EKD.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Zulassungsgründe nach § 8 Abs. 2 Satz 1 VerfVwGG vorliegt.

Dr. Kuhl-Dominik
(Präsident und Vorsitzender Richter)
Dr. Rublack
(Rechtskundige Richterin)
Dr. Godendorff
(Rechtskundige Richterin)
Dr. Dübbers
(Ordinierter Richter)
Dr. Pfaff
(Nichtordinierter Richter)