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Kirchengericht:Verfassungs- und Verwaltungsgericht der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:20.11.2023
Aktenzeichen:NK-VG I 11/2021
Rechtsgrundlage:
Vorinstanzen:
Schlagworte:
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Leitsatz:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Erstattung von Auslagen für die kirchengemeindliche Arbeit als ehrenamtlicher Mitarbeiter. Er ist ehrenamtlich für die beklagte Kirchengemeinde tätig geworden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 1.050,25 EUR zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte rügt die Zuständigkeit des Kirchengerichts und bestreitet, dass dem Kläger noch Erstattungen für Auslagen zustehen.
Die Parteien haben ihr Einverständnis zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren erteilt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen

II. Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig. Die kirchliche Gerichtsbarkeit ist unzuständig.
Nach § 20 Absatz 2 Kirchengesetz über die kirchliche Gerichtsbarkeit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Kirchengerichtsgesetz – KiGG) vom 9. Oktober 2015 (KABl. S. 386) ist das Verfahren als unzulässig zurückzuweisen, sofern kein Kirchengericht zuständig ist. Dies ist vorliegend der Fall.
Nach Art. 128 Absatz 1 der Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland vom 7. Januar 2012, KABl. S. 2, 127 (im Folgenden: „Verfassung“) dient die klägerseitig angerufene kirchliche Gerichtsbarkeit der Rechtsprechung im Bereich der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.
Nach Art. 128 Absatz 2 Verfassung wird die Kirchliche Gerichtsbarkeit ausgeübt
1. bei Verfassungsstreitigkeiten;
2. bei Verwaltungsstreitigkeiten;
3. bei Amtspflichtverletzungen;
4. bei mitarbeitervertretungsrechtlichen Streitigkeiten;
5. bei sonstigen durch Kirchengesetz zugewiesenen Angele¬gen¬hei¬ten.
Offensichtlich ist, dass keine Verfassungsstreitigkeit nach Ziffer 1, keine Amtspflichtverletzung nach Ziffer 3 und keine mitarbeitervertretungsrechtliche Streitigkeit nach Ziffer 4 vorliegt.
Eine Zuständigkeit ergibt sich auch nicht aus Art. 128 Absatz 2 Nr. 2 (Verwaltungsstreitigkeiten). Der Begriff der Verwaltungsstreitigkeit nach Ziffer 2 ist § 7 des Kirchengesetzes über ein kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht (VerfVwGG) vom 9. Oktober 2015 (KABl. S. 390) näher bestimmt. Danach ist der kirchliche Verwaltungsrechtsweg eröffnet für kirchenrechtliche Streitigkeiten aus dem Recht der kirchlichen Aufsicht (…), kirchenrechtliche Streitigkeiten aus dem öffentlichen Dienstrecht der Kirche (…), Streitigkeiten aus der Anwendung der Regelungen über den kirchlichen Datenschutz und andere kirchenrechtliche Streitigkeiten, für die der kirchliche Verwaltungsrechtsweg durch kirchliches Recht ausdrücklich eröffnet ist. Das alles kommt ersichtlich nicht in Betracht.
Ebenfalls nicht zuständigkeitsbegründend ist Art. 128 Absatz 2 Nr. 5 (Sonstige durch Kirchengesetz zugewiesene Angelegenheiten). Eine solche Norm ist nicht ersichtlich und auch vom Kläger nicht benannt worden.
Dass die Streitigkeit damit nicht der kirchlichen Gerichtsbarkeit unterfällt, stellt den Kläger jedoch nicht rechtslos. Denn die Anrufung staatlicher Gerichte wird durch Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Absatz 3 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 - Weimarer Reichsverfassung - (WRV), wonach jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes selbständig ordnet und verwaltet sowie ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde verleiht, nicht ausgeschlossen. Die Auslegung der über Art. 140 GG zum Bestandteil des Grundgesetzes gewordenen Weimarer Kirchenartikel hat sich von den Wertungen des Grundgesetzes leiten zu lassen (BVerfGE 19, 226/236; 53, 366/400, BVerfG, NJW 2001, 429), nicht umgekehrt (VG Augsburg, Beschluss vom 12. Juli 2002 – Au 9 E 02.793 –, Rn. 22, juris, vgl. auch Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. April 2014 – 5 A 1384/12 –, Rn. 28, juris zur Erstattung von Rechtsanwaltskosten für die Durchsetzung eines kirchenrechtlichen Anspruchs durch Klage vor staatlichen Gerichten).
Hierauf hatte die Kammer den Kläger bereits vorab hingewiesen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 22 KiGG, § 9 VerfVwGG i. V. m. § 60 Absatz 1 VwGG.EKD. Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Zulassungsgründe nach § 8 Absatz 2 Satz 1 VerfVwGG vorliegt.

Dr. Kuhl-Dominik
(Präsident und Vorsitzender Richter)
Walter
(Rechtskundige Richterin)
Dr. Godendorff
(Rechtskundige Richterin)
Waack
(Ordinierter Richter)
Dr. Pfaff
(Nichtordinierter Richter)