.Erläuterungen
Artikel 20
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Erläuterungen
zu Artikel 20 der Verfassung
Bearbeitungsstand: Juli 2023
####Artikel 20
Selbstbestimmungsrecht
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1
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Die Kirchengemeinde ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten im Rahmen des geltenden Rechtes in eigener Verantwortung.
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Die Kirchengemeinde wird mit den zur eigenverantwortlichen Erfüllung des kirchlichen Auftrages in ihrem Bereich erforderlichen Mitteln ausgestattet.
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3
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1 Durch Kirchengesetz können Verwaltungsgeschäfte der Kirchengemeinden und ihrer Verbände dem Kirchenkreis zur Erledigung im Auftrag, auch gegen Entgelt (Gebühren und Auslagenersatz), zugewiesen werden. 2 Die Entscheidung über die Anlage ihres Geldvermögens kann dem Kirchenkreis als zentrale Aufgabe übertragen werden. 3 Das Nähere wird durch Kirchengesetz oder aufgrund eines Kirchengesetzes geregelt.
#Grundinformationen
##I. Textgeschichte
#1. Veränderungen
Artikel 20 Absatz 3 lautete in der ursprünglichen Fassung der Verfassung:
- „(3) Durch Kirchengesetz können Verwaltungsgeschäfte der Kirchengemeinden und ihrer Verbände dem Kirchenkreis zur Erledigung zugewiesen werden.“
Gemäß Artikel 1 Nummer 1 des Ersten Kirchengesetzes zur Änderung der Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland vom 7. Dezember 2013 (KABl. 2014 S. 2) erhielt Artikel 20 Absatz 3 folgende Fassung:
- „(3) Durch Kirchengesetz können Verwaltungsgeschäfte der Kirchengemeinden und ihrer Verbände dem Kirchenkreis zur Erledigung im Auftrag, auch gegen Entgelt (Gebühren und Auslagenersatz), zugewiesen werden; das Nähere wird durch Kirchengesetz oder aufgrund eines Kirchengesetzes geregelt.“
Durch Artikel 1 des Dritten Kirchengesetzes zur Änderung der Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland vom 15. November 2016 (KABl. S. 399) erhielt Absatz 3 seine aktuelle Fassung (mit einem neu eingefügten Satz 2).
#2. Textentwicklung
Artikel 19: Selbstverwaltung
- (1) Die Kirchengemeinde ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten im Rahmen des geltenden Rechtes in eigener Verantwortung.
- (2) Die Kirchengemeinde wird mit den zur eigenverantwortlichen Erfüllung des kirchlichen Auftrages in ihrem Bereich erforderlichen Mitteln ausgestattet.
- (3) Durch Kirchengesetz können Verwaltungsgeschäfte der Kirchengemeinden und ihrer Verbände dem Kirchenkreis zur Erledigung zugewiesen werden.
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 13)
Im Entwurf zur 2. Tagung der Verfassunggebenden Synode war die Vorschrift wortgleich in Artikel 21 enthalten, wobei die Überschrift nun „Selbstbestimmungsrecht“ lautete (Drucksache 3/II, Seite 16).
Der Verfassungsentwurf zur 3. Tagung der Verfassunggebenden Synode (Drucksache 4/III) sah dann als Artikel 20 die endgültige Textfassung vor.
#3. Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung
„In Artikel 19 sind das Selbstverwaltungsrecht der Kirchengemeinde und die Ausstattung mit den zur eigenverantwortlichen Erfüllung des kirchlichen Auftrages in ihrem Bereich erforderlichen Mitteln verfassungsrechtlich verankert. Die Selbstverwaltung kann im Bereich der Verwaltungsgeschäfte durch Kirchengesetz (Kirchenkreisverwaltungsgesetz) eingeschränkt werden.“
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 75)
#4. Weitere Materialien (insbesondere des Verbandes)
In der Sitzung der Steuerungsgruppe vom 11. September 2007 wurde über die Ergebnisse der AG Verfassung vom Vortag berichtet: Dort hatte man zusammengetragen, welche Gemeinsamkeiten für die Ebene der Kirchengemeinde bestehen, wozu im Wesentlichen auch deren Selbstverwaltungsrecht gehörte.
Zu den Regelungen in den Grundsätzen des Fusionsvertrages äußerte der Kirchenkreisvorstand Plön am 13. November 2008 den Hinweis, dass die Lebensfähigkeit der Gemeinden in der neuen Verfassung nicht nur erhalten bleiben, sondern ausdrücklich gestärkt werden solle. Gemeindearbeit sei Kernaufgabe von Kirche, so dass die Ausstattung der Gemeinden für mehr als nur deren „Grundaufgaben“ reichen müsse. Es solle das Subsidiaritätsprinzip gewahrt werden.
Die Kirchenkreissynode Schleswig sah Konfliktpotenzial in der Frage, wer in der Praxis bestimme, was die Angelegenheiten der Gemeinden und was die Kriterien für die Arbeitsfähigkeit und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit oder sogar Fusion mit anderen Kirchengemeinden sein solle (22. November 2008).
Auch der Gesamtausschuss der Mitarbeitervertretungen in der PEK sah die Notwendigkeit der Konkretisierung des Begriffs „Grundaufgaben“ (25. November 2008).
Aus Kiel und Neumünster kam am 25. November 2008 zu Punkt II.3.3 der Grundsätze zum Fusionsvertrag der Hinweis, dass man davon ausginge, dass mit dieser Regelung eine vergleichbare Bestimmung zu Artikel 51 Absatz 2 Verfassung NEK gemeint sei.
Dem Kirchenkreis Flensburg fehlte ebenfalls eine Aussage darüber, was die „Grundaufgaben“ der Kirchengemeinden seien und wer für diese Ausstattung sorge.
Den Kirchengemeinden Niendorf, Altona, Pinneberg und Blankenese kam es darauf an, dass die Ortsgemeinde weiterhin der „Normalfall kirchlichen Lebens“ bleiben sollte. Auch Harburg äußerte dementsprechend, dass die kirchliche Basis nicht geschwächt werden dürfe bei den vorhandenen Tendenzen zur Zentralisierung.
Zu diesen Stellungnahmen erläuterte die Kirchenleitung der NEK gemäß Beschluss vom 12. Januar 2009, dass das Subsidiaritätsprinzip in der Verfassung verankert werde und hinsichtlich der Grundaufgaben die Klärung im Rahmen des Kirchenkreisverwaltungsgesetzes, das für die neue Kirche übernommen werden soll, erfolgen werde.
Der Vorschlag der Herren Hünemörder und Rausch im November 2009 lautete für die Regelung der Selbstbestimmung der Kirchengemeinde:
- „Die Kirchengemeinde ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten im Rahmen des geltenden Rechts in eigener Verantwortung. Die Kirchengemeinde und die örtlichen Kirchen des Kirchenkreises Mecklenburg sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Regelungen über die Kirchengemeinden gelten ebenfalls für die örtlichen Kirchen.“
Zu diesem Entwurf plante die UG Kirchengemeindeordnung der AG Verfassung am 14. Dezember 2009 gemäß Ziffer II.1.2 der Grundsätze zum Fusionsvertrag die Ausstattung mit den notwenigen finanziellen Ressourcen aufzunehmen. Die Eigenschaft der Kirchengemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts sollte in den Grundartikeln geregelt werden.
In einer gemeinsamen Sitzung der AG Verfassung und der AG Theologie wurde am 8. und 9. Januar 2010 festgehalten, dass das Selbstverwaltungsrecht der Kirchengemeinde nicht durch andere Vorschriften der Verfassung wieder ausgehebelt werde. Die Kirchengemeinde als Basis der Kirche müsse so ausgestattet werden, dass sie lebensfähig bleibe. Es wurde beschlossen, die Ausstattung der Kirchengemeinde an dieser Stelle zu regeln und nicht im Finanzteil der Verfassung.
Der Entwurf von Prof. Dr. Unruh vom 7. Mai 2010 lautete:
- (1) Die Kirchengemeinde ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten im Rahmen des geltenden Rechts in eigener Verantwortung.
- (2) Die Kirchengemeinde wird mit den zur eigenverantwortlichen Erfüllung des kirchlichen Auftrags in ihrem Bereich erforderlichen Mitteln ausgestattet.
- (3) Durch Kirchengesetze oder aufgrund eines Kirchengesetzes können Verwaltungsgeschäfte der Kirchengemeinden und ihrer Verbände dem Kirchenkreis zur Erledigung zugewiesen werden.
Die Textgruppe strich noch im Mai 2010 Absatz 1 komplett sowie in Absatz 3 die Formulierung „aufgrund eines Kirchengesetzes“.
Am 4. und 5. Juni 2010 klärte die AG Verfassung in ihrer Sitzung, dass Artikel 19 lex spezialis zu dem damaligen Artikel 120 sei. Obwohl das Selbstbestimmungsrecht in Artikel 6 als Grundartikel geregelt sei, werde es im Kirchenkreis erwähnt, aber nicht auf der Ebene der Kirchengemeinde. In knapper Abstimmung wird entschieden, dass als Absatz 1 vorangestellt werden solle: „Die Kirchengemeinden ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten im Rahmen des geltenden Rechts in eigener Verantwortung.“ Abgelehnt wird hingegen der Antrag, das Wort „eigenverantwortlichen“ zu streichen.
Die AG Theologie merkte im Juli 2010 an, dass es nach wie vor nicht geklärt sei, was die „eigenverantwortliche Erfüllung des kirchlichen Auftrags“ sei und wie diesem Auftrag finanzielle Mittel zugemessen werden sollten.
Im Rahmen der 1. Tagung der Verfassunggebenden Synode wurden folgende Änderungen beantragt:
- Artikel 19 Absatz 2 wird dahingehend geändert, dass es zum Austausch kommt: „Die Kirchengemeinden statten die Kirchenkreise und die Landeskirche mit den zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Mitteln aus.“ (Antrag 49).Ein weiterer Antrag zielte ebenfalls auf die Neuformulierung von Absatz 2: „Die Kirchengemeinde wird mit den notwenigen Mitteln zur eigenverantwortlichen Erfüllung des kirchlichen Auftrages in ihrem Bereich ausgestattet. Sie trägt darüber hinaus Verantwortung für die Mehrung ihres Vermögens.“ (Antrag 97).Antrag 96 schlug eine neue Formulierung für Absatz 3 vor: „Verwaltungsgeschäfte können im Einverständnis mit der jeweiligen Kirchengemeinde und ihrer Verbände dem Kirchenkreis zur Erledigung zugewiesen werden.“Antrag 105 forderte die Streichung der Worte „im Rahmen des geltenden Rechts“ in Absatz 1 sowie die Streichung der Absätze 2 und 3. Die Formulierung „im Rahmen des geltenden Rechts“ sei in einer Verfassung nicht erforderlich, sondern lediglich trivial und entbehrlich. Absatz 2 sei überflüssig, da die angemessene Mindestausstattung sich bereits aus der in Artikel 6 garantierten Selbstbestimmung ergebe. Absatz 3 sei zu streichen, weil es bei selbstständigen und eigenverantwortlichen Kirchengemeinden angemessener erscheine, wenn Verlagerungen von Verwaltungsgeschäften im Bedarfsfall auf einvernehmlichen Vereinbarungen und nicht auf Zuweisungen basieren.Ein weiterer Antrag, der zu Grundsätzlichem gestellt wurde, aber auch auf diese Regelung zutraf, lautete, dass die Artikel sich nur auf das Wesentliche beschränken sollten, in diesem Fall nur den Inhalt des Absatzes 1 (Antrag 20).
Die Verfassunggebenden Synode entschied sich auf der Sondertagung dafür, den damaligen Artikel 19 in der vorliegenden Fassung beizubehalten.
Der Rechtsausschuss beschäftigte sich in seiner Sitzung vom 18. und 19. März 2011 erneut mit dem damaligen Artikel 19, auch im Hinblick auf Artikel 6 und der Änderung von „Selbstverwaltungsrecht“ zu „Selbstgestaltungsrecht“. Es herrscht Einigkeit, dass es in Absatz 2 besser „erforderlich“ statt „angemessen“ heißen sollte. „Verwaltungsgeschäfte“ in Absatz 3 umfassten nicht Entscheidungen, administrative Verantwortung oder das Beratungsrecht des Kirchengemeinderats. Antrag 49 wurde abgelehnt, weil die Kirchenkreise Kirchensteuergläubiger seien. Auch die weiteren Anträge wurden nach kurzer Diskussion abgelehnt. Zu Absatz 3 wurde festgestellt, dass dies bereits in allen drei Kirchen Realität und geltendes Recht sei. Darin kommen auch das Solidaritätsprinzip und die flächendeckende Versorgung zum Ausdruck. Ein Antrag auf Streichung fand keine Mehrheit. Die Formulierungsempfehlung des Rechtsausschusses lautete:
- (1) Die Kirchengemeinde ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten im Rahmen des geltenden Rechts in eigener Verantwortung.
- (2) Die Kirchengemeinde wird mit den zur eigenverantwortlichen Erfüllung des kirchlichen Auftrages in ihrem Bereich angemessenen Mitteln ausgestattet.
- (3) Durch Kirchengesetz können Verwaltungsgeschäfte der Kirchengemeinden und ihrer Verbände dem Kirchenkreis zur Erledigung zugewiesen werden.
Das Nordelbische Kirchenamt sprach sich gegen Antrag 105 aus, da der Hinweis auf die Einschränkung durch staatliches und kirchliches Recht für die Rechtsklarheit sinnvoll sei. Ebenfalls abzulehnen sei Antrag 20, weil Absatz 2 in enger Korrespondenz zu Artikel 38 stünde und Absatz 3 als Grundlage für das Kirchenkreisverwaltungsgesetz unverzichtbar sei. Mit der Begründung, dass der Antrag einen Paradigmenwechsel beabsichtigt, der mit dem Finanzgesetz unvereinbar sei, sei auch Antrag 49 abzulehnen. Gegen Antrag 97 spreche, dass bislang der Grundsatz der Sicherung des Vermögens gelte. Antrag 96 sollte ebenfalls nicht übernommen werden, da aus der Übertragungspflicht so eine Freiwilligkeit würde, was die Leistungsfähigkeit einer Kirchenkreisverwaltung in Frage stellen könnte.
Der Kirchenkreis Altholstein sprach sich für die Streichung von Absatz 3 aus, da die vorgesehene Regelung als zu unbestimmt wahrgenommen wurde. Dadurch könnte die Landeskirche massiv ohne Vorgabe von Kriterien und ohne Beteiligungsmöglichkeiten der Kirchengemeinden in deren Selbstbestimmungsrecht eingreifen.
Der Kirchenkreis Dithmarschen hinterfragte, wer die erforderlichen Mittel definiere und in welchem Verhältnis „erforderlich“ zu „angemessen“ stehe, auch im Hinblick der Formulierung für die finanzielle Ausstattung der Dienste und Werke.
Der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg schlug vor, Absatz 2 umzuformulieren, da die Ausstattung mit „erforderlichen Mitteln“ ihre Grenzen durch den verfügbaren Finanzrahmen fände.
Der Kirchenkreis Nordfriesland schlug als Formulierung für Absatz 2 vor: „Die Kirchengemeinde verwaltet ihren Haushalt selbstständig. Die Zuweisung der Mittel regelt ein Kirchengesetz.“ Dabei wäre noch zu bestimmen, was die erforderlichen Mittel sein sollten und ob an dieser Stelle wieder das Bedarfsdeckungsprinzip eingeführt würde.
Univ.-Prof. Dr. Hans Michael Heinig wies darauf hin, dass die Regelungen über die Regionalverbände in Spannung zur Selbstverwaltung der Kirchengemeinden stehen, da dort nicht geregelt sei, für welche Aufgaben ein solcher Verband gebildet werden könne und die Beteiligung der Kirchengemeinden auf ein Anhörungsrecht beschränkt seien, lediglich für den Fall einer Umlage, die die Mindestumlage überschreite, sei ein Zustimmungserfordernis vorgesehen. Die Selbstverwaltung der Kirchengemeinde könne massiv durch die Bildung eines Regionalverbandes eingeschränkt werden. Zwar sei es möglich, das kirchengemeindliche Selbstverwaltungsrecht durch Verfassungsnormen von vornherein unter einen Einschränkungsvorbehalt zu stellen, aber wenn dieses in Artikel 19 dieses zur Grundlage des kirchlichen Organisationsgefüges gemacht werde, müsse die Reichweite möglicher Einschränkungen so deutlich wie möglich formuliert werden. Darüber hinaus merkte er an, dass Artikel 19 Absatz 1 lediglich Absatz 6 Satz 1 wiederhole.
Aus eben diesem Grund beschloss der Rechtsausschuss am 26. Juni 2011 die Streichung des Absatzes 1, was die Steuerungsgruppe jedoch nicht übernahm (7. Juli 2011).
Die VELKD äußerte sich in ihrer Stellungnahme vom 14. Juli 2011 zum Begriff der Selbstverwaltung: Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchengemeinde sei ein kirchenspezifisches Recht, das auf den Auftrag vor Ort ausgerichtet sei und nicht mit dem staatlichen Begriff verwechselt werden dürfe. Daher sollten die Überschriften in Artikel 6 und 19 geändert und die Unterschiede zum staatlichen Recht deutlich gemacht werden. Darüber hinaus sollte der Begriff der Subsidiarität präzisiert werden.
Die Steuerungsgruppe beauftrage die Redaktionsgruppe mit der Überprüfung der Überschriften. Als Ergebnis dieses Auftrags wurden die Überschriften aus den Artikeln 6, 19 und 41 zu „Selbstbestimmungsrecht“ vereinheitlicht, was der Rechtsausschuss unterstützte.
Der Rechtsausschuss unterstrich in seiner Sitzung vom 6. bis 8. Oktober 2011 noch einmal seiner Auffassung, dass Absatz 1 wegen der darin enthaltenen Wiederholung überflüssig sei. Auch über die Formulierungen „angemessen“ und „erforderlich“ wurde erneut diskutiert, Anträge wurden jedoch nicht gestellt.
In der Sitzung vom 4. bis 6. November 2011 wurde darauf hingewiesen, dass die Absätze 1 der Artikel 20 und 5 identisch formuliert werden sollten, was jedoch teilweise mit dem Hinweis auf die sprachliche Schönheit der Verfassung abgelehnt wurde. Allerdings seien Rechtstexte förmlich und bestimmt zu formulieren, redaktionelle Unterschiede in Normen, die denselben Sachverhalt regelten, führten zu falschen Interpretationen und juristischem Streit. Es wurde folglich für eine Änderung von Artikel 5 Absatz 1 gestimmt. Auch die Überschrift wurde erneut thematisiert, da „Selbstverwaltungsrecht“ favorisiert wurde. Nach ausführlicher inhaltlicher Debatte wurden keine Anträge gestellt.
#II. Vorgängervorschriften
#1. Verfassung der NEK
Artikel 9 der Verfassung NEK lautete:
- (1) 1 Die Kirchengemeinde ist in der Regel Ortsgemeinde. 2 Sie ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten im Rahmen des geltenden Rechts in eigener Verantwortung. 3 Zur Erfüllung von Aufgaben, die über ihre Grenzen hinauswirken, ihre Kräfte übersteigen oder die gemeinsam mit größerer Effektivität wahrgenommen werden können, soll sie mit benachbarten Kirchengemeinden oder anderen beteiligten kirchlichen Körperschaften nach Maßgabe der Artikel 51 bis 59 zusammenarbeiten.
- (2) […]
- (3) Durch Kirchengesetz oder aufgrund eines Kirchengesetzes durch Rechtsverordnung im Sinne von Artikel 81 Absatz 3 können Verwaltungsgeschäfte der Kirchengemeinden und der Kirchengemeindeverbände dem Kirchenkreis zur Erledigung zugewiesen werden.
2. Entsprechende Normen der ELLM/PEK
Für die mecklenburgische Kirchgemeinde regelte § 3 Kirchgemeindeordnung der ELLM unter der Überschrift „Der Auftrag als Recht und Pflicht“:
- (1) 1 Alles Recht der Kirchgemeinde ergibt sich aus der gehorsamen Erfüllung ihres Auftrages. 2 In diesem Gehorsam ordnet und verwaltet sie ihre Angelegenheiten in eigener Verantwortung selbstständig im Rahmen der kirchlichen Ordnungen und Gesetze.
- (2) 1 An der Verantwortung für die Erfüllung dieses Auftrages haben alle Glieder der Kirchgemeinde teil. 2 Darum arbeiten sie nach ihren Gaben mit und bringen die erforderlichen Mittel auf.
Gemäß § 4 Absatz 2 Kirchgemeindeordnung nahm die Kirchengemeinde im Bereich ihrer Zuständigkeit ihre Rechte und Pflichten in eigener Zuständigkeit wahr.
In Artikel 6 der Kirchenordnung PEK fand sich das Selbstbestimmungsrecht der Kirchengemeinden aber auch ihre Einbindung in den Kirchenkreis:
- (1) Die Kirchengemeinden erfüllen ihre Aufgaben in den Grenzen der kirchlichen Ordnung in eigener Verantwortung.
- (2) 1 Die Kirchengemeinden nehmen am Leben der Kirche und durch ihre Vertretung in den Synoden auch an der Leitung der Kirche teil. 2 Sie stehen im Besonderen in der lebendigen Gemeinschaft des Kirchenkreises.
3. Grundsätze zum Fusionsvertrag
II. Die Kirchengemeinden
II.1 Selbstbestimmungsrecht
II.1.1 Die Kirchengemeinden ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten im Rahmen des geltenden Rechts in eigener Verantwortung.
II.1.2 Die Kirchengemeinden werden mit den notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen ausgestattet (VI.2.3.2), um ihre Grundaufgaben in eigener Verantwortung erfüllen zu können.
#III. Ergänzende Vorschriften
#1. Normen mit Verfassungsrang
§ 3 Kirchengemeindeordnung wiederholt den Wortlaut des Artikels 20.
#2. Einfache Kirchengesetze
Das Kirchengesetz über die Organisation der Verwaltung in den Kirchenkreisen (Kirchenkreisverwaltungsgesetz – KKVwG) vom 15. November 2016 (KABl. S. 399) regelt die Ausführung der gemäß Absatz 3 übertragenen Verwaltungsgeschäfte.
Nach § 1 Absatz 1 Satz 2 KKVwG bleibt die Kirchengemeinde Trägerin ihrer Verwaltungsaufgaben; „es muss gewährleistet sein, dass sie ihre Gestaltungshoheit und Eigenverantwortlichkeit uneingeschränkt und effektiv wahrnehmen kann.“ Die Kirchenkreisverwaltung führt die Weisungen und Beschlüsse des Kirchengemeinderates aus, soweit Rechts- oder Verwaltungsbestimmungen nicht entgegenstehen (§ 6 Absatz 2 KKVwG). Für die gemeinsame Vermögensverwaltung wird ein Anlageausschuss gebildet, dem auch Mitglieder aus den Kirchengemeinderäten angehören (§ 7 Absatz 5 KKVwG).
#IV. Zusammenhänge und Rechtsvergleich
#1. Verweise auf andere Verfassungsbestimmungen
In Artikel 5 Absatz 1 wird das Selbstbestimmungsrecht für alle drei kirchlichen Ebenen festgelegt, Artikel 20 Absatz 1 wiederholt dies für die Ebene der Kirchengemeinde. In Artikel 42 wiederum ist das Selbstbestimmungsrecht der Kirchenkreise geregelt.
#2. Verweise auf kirchliches Recht (außerhalb der Nordkirche)
Artikel 9 Absatz 1 Grundordnung EKBO lautet:
- (1) 1 In der durch die Grundartikel bestimmten Bindung und in den Grenzen der kirchlichen Ordnung erfüllt die Kirchengemeinde ihre Aufgaben in eigener Verantwortung. 2 Die Kirchengemeinde kann Aufgaben gemeinsam mit anderen Kirchengemeinden wahrnehmen. 3 Das Nähere wird kirchengesetzlich geregelt; dabei kann auch eine Mindestmitgliederzahl für Kirchengemeinden vorgeschrieben werden.
Artikel 11 Absatz 3 Satz 1 der Grundordnung der EKBO bestimmt dann:
- „Aufgaben der Finanz- und sonstigen Verwaltung der Kirchengemeinden können nach Maßgabe eines Kirchengesetzes einer übergemeindlichen Verwaltungseinrichtung übertragen werden.“
Artikel 7 Absatz 1 der Kirchenverfassung der EKM lautet:
- (1) 1 Die Landeskirche sowie ihre Kirchengemeinden, Kirchengemeindeverbände und Kirchenkreise sind Körperschaften des Kirchenrechts. 2 Sie regeln und verwalten ihre Angelegenheiten selbstständig im Rahmen des geltenden Rechts.
Artikel 21 Absatz 2 Satz 1 Kirchenverfassung der EKM wiederholt für die Kirchengemeinde:
- „Die Kirchengemeinde nimmt den Auftrag der Kirche gemäß Artikel 2 in ihrem Bereich im Rahmen der kirchlichen Ordnung in eigener Verantwortung wahr.“
Artikel 22 Absatz 2 Kirchenverfassung der EKM bestimmt dann aber:
- (2) 1 Durch Kirchengesetz kann bestimmt werden, dass zweckgebundenes Vermögen der Kirchengemeinden durch den Kirchenkreis oder die Landeskirche bewirtschaftet wird. 2 Die Rechte der Kirchengemeinden an ihrem Vermögen bleiben im Übrigen unberührt.
Artikel 14 Absatz 2 der Kirchenverfassung Hannover regelt:
- (2) Innerhalb der Zeugnis- und Dienstgemeinschaft der verschiedenen Formen kirchlichen Lebens und im Rahmen des geltenden Rechts regeln und verwalten die kirchlichen Körperschaften ihre Angelegenheiten in eigener Verantwortung.
3. Verweise auf staatliches Recht
Gemäß Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 GG muss den Gemeinden das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen des Gesetzes in eigener Verantwortung zu regeln.
§ 1 Absatz 1 der Gemeindeordnung Schleswig-Holstein lautet dementsprechend:
- (1) Den Gemeinden wird das Recht der freien Selbstverwaltung in den eigenen Angelegenheiten als eines der Grundrechte demokratischer Staatsgestaltung gewährleistet.
In § 1 Absatz 2 Satz Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern heißt es: „Sie fördern in freier Selbstverwaltung das Wohl ihrer Einwohnerinnen und Einwohner.“