.Erläuterungen
Artikel 21
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Erläuterungen
zu Artikel 21 der Verfassung
Bearbeitungsstand: Juli 2023
####Artikel 21
Kirchengemeindeformen
1 Die Kirchengemeinde ist die Gemeinschaft von Gemeindegliedern in einem räumlich bestimmten Bereich (Ortskirchengemeinde). 2 Gemeindeglieder können sich auch in anderen Kirchengemeindeformen regelmäßig um Wort und Sakrament versammeln. 3 Dies gilt insbesondere für Personal- und Anstaltskirchengemeinden. 4 Das Nähere wird durch Kirchengesetz geregelt.
#Grundinformationen
##I. Textgeschichte
#1. Veränderungen
Die Vorschrift ist seit dem Inkrafttreten unverändert.
#2. Textentwicklung
Die Vorschrift war im Verfassungsentwurf zur 1. Tagung der Verfassunggebenden Synode als Artikel 20 enthalten, bereits mit der Formulierung „Gemeindeglieder“ (Drucksache 5, Seite 14).
Im Entwurf zur 2. Tagung der Verfassunggebenden Synode war die Vorschrift in Artikel 22, lediglich das Wort „Gemeindeglieder“ wurde durch „Kirchenmitglieder“ ersetzt (Drucksache 3/II, Seite 16). Dies wurde in der zweiten Lesung nochmals in Frage gestellt.
Der Verfassungsentwurf zur 3. Tagung der Verfassunggebenden Synode (Drucksache 4/III) sah dann in Artikel 21 (wieder) die aktuelle Textfassung vor.
#3. Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung
„Die Ortskirchengemeinde als Gemeinschaft von Gemeindegliedern in einem räumlich bestimmten Bereich ist die in der Regel vorkommende Kirchengemeindeform der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Artikel 20 ermöglicht, dass es daneben auch Personal- und Anstaltsgemeinden sowie weitere Gemeindeformen geben kann.“
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5)
#4. Weitere Materialien (insbesondere des Verbandes)
Der Entwurf von Hünemörder und Rausch lautete im Dezember 2009:
- (1) Die Kirchengemeinde ist die Gemeinschaft der evangelischen Christen in einem durch Herkommen oder kirchengesetzlich bestimmten räumlichen Bereich (Parochialgemeinde). Sie kann auch von einem Personenkreis her (Personalgemeinde) oder in Anbindung an eine diakonische oder staatliche Einrichtung (Anstaltsgemeinde) durch Herkommen oder nach Maßgabe eines Kirchengesetzes bestimmt werden. Für Studierendengemeinden können durch Kirchengesetz eigene Regelungen getroffen werden.
- (2) Die Neugründung oder Aufhebung sowie die Änderung der örtlichen Begrenzung einer Kirchengemeinde und die Zusammenlegung von Kirchengemeinden werden durch Kirchengesetz geregelt.
- (3) Jede Kirchengemeinde ist einem Pfarramt zugeordnet. Das Pfarramt besteht für eine oder für mehrere Kirchengemeinden (verbundene Kirchengemeinde) gemeinsam. Die Kirchgemeinderäte der verbundenen Kirchengemeinden haben in gemeinsamen Angelegenheiten zu einer gemeinsam beratenden und beschließenden Körperschaft zusammenzutreten.
- (4) Kirchengemeinden können zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben einen Kirchengemeindeverband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bilden oder durch Satzung besondere übergemeindliche Einrichtungen errichten. Wenn eine Kirchengemeinde die ihr obliegenden Aufgaben nicht mehr selbständig wahrnehmen kann, hat diese Kirchengemeinde nach Maßgabe eines Kirchengesetzes mit einer anderen einen Kirchengemeindeverband zu bilden. Die Kirchenkreissynode kann Regionalverbände als Körperschaften des öffentlichen Rechts errichten. Beschlüsse zur Errichtung oder Aufhebung nach diesem Absatz sind im amtlichen Verkündungsblatt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland bekannt zu geben.
In der Sitzung der UG Kirchengemeindeordnung vom 14. Dezember 2009 wurde angeregt, lediglich die Regelungen für die Ortsgemeinde in die Verfassung aufzunehmen und bezüglich weiterer Gemeindeformen auf ein Kirchengesetz zu verweisen – die Anzahl der sonstigen Kirchengemeindeformen sei einfach zu groß. Auf der anderen Seite sei zu erwarten, dass zukünftig vermehrt Personalgemeinden gebildet würden, so dass diese auch Erwähnung in der Verfassung finden sollten. Schließlich wurde Einvernehmen dahingehend erzielt, dass die Ortsgemeinde in der Verfassung als Regelform hervorgehoben werden sollte und als weitere Grundformen die Personal- und die Anstaltsgemeinden genannt würden. Zusätzlich sollte es eine Öffnungsklausel für eine Ermächtigung zur Regelung durch ein Kirchengesetz geben für weitere Sonderformen, wie etwa die Studentengemeinde.
In der Sitzung der AG Verfassung, gemeinsam mit der AG Theologie, vom 8. und 9. Januar 2010 wurde der Antrag befürwortet, dass in der Verfassung zusätzlich beschrieben werden solle, dass die Grenzen der Parochialgemeinden sich auch aus dem Herkommen ergeben (vgl. § 10 Absatz 2 Kirchgemeindeordnung der ELLM). Herkommen bedeute status quo zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verfassung.
Der Entwurf von Prof. Dr. Unruh sah für den damaligen Artikel 20 eine deutlich kürzere Fassung vor:
- „Die Kirchengemeinde ist die Gemeinschaft von Kirchenmitgliedern in einem räumlich bestimmten Bereich (Ortskirchengemeinde). Andere Kirchengemeindeformen, in denen sich Kirchenmitglieder regelmäßig um Wort und Sakrament versammeln, sind zulässig. Das gilt insbesondere für Personal- und Anstaltskirchengemeinden. Das Nähere wird durch Kirchengesetz geregelt.“
In der AG Verfassung wurde in der Sitzung vom 17. Mai 2010 das Bedürfnis der Pommerschen Kirche nach Personalgemeinden besprochen. Im Ergebnis soll in die Regelungen aufgenommen werden, dass es sich um „Profilgemeinden“ handelt mit einem bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis, wobei die Zahl der Mitglieder auf Dauer ein eigenständiges Gemeindeleben erwarten lassen muss. Es reicht ein besonderer Auftrag, der im Antrag zu begründen ist. Der Kirchenvorstand ist konstitutiv. Umgemeindung oder Taufe in diese Gemeinde ist möglich.
Propst Gorski merkte zum damaligen Artikel 20 an, dass der Gebrauch der Begriffe „Kirchengemeinde“ und „Gemeinde“ unklar sei und nicht einheitlich.
In der AG Verfassung wurde am 4. und 5. Juni 2010 beschlossen, für Satz 2 folgende Formulierung zu wählen: „Kirchenmitglieder können sich auch in anderen Kirchengemeindeformen regelmäßig um Wort und Sakrament versammeln.“ Hintergrund war, dass die Bezeichnung „andere Kirchengemeinden“ nicht gleichberechtigt klang. Es wurde bemerkt, dass bei der Bildung einer Personalgemeinde der Kirchenkreis nicht beteiligt werden könne, da dies kirchenkreisübergreifend möglich sei. Weil die Finanzverteilung im Kirchenkreis erfolge und daher bei der Gründung von anderen Kirchengemeinden der Kirchenkreisrat im Einvernehmen mit der Kirchenleitung entscheide und nicht die Kirchenleitung allein, wurde in Satz 2 eingefügt „im Einvernehmen mit der Kirchenleitung“. In Satz 3 wurde angefügt: „soweit andere Kirchengemeindeformen betroffen sind im Einvernehmen mit der Kirchenleitung.“ Der Vorschlag, in die Regelung aufzunehmen „Die Grenzen der Kirchengemeinde ergeben sich aufgrund Herkommen.“ wurde nur dann als notwendig erachtet, wenn eine völlig neue Kirche gegründet würde.
Die Kirchenleitung der PEK schlug für Satz 1 folgende Fassung vor: „Die Grundform der Kirchengemeinde ist die Gemeinschaft von Kirchenmitgliedern in einem räumlich bestimmten Bereich (Ortskirchengemeinde).“
Die AG Theologie regte an, die Aufzählung zu erweitern, auch wenn das Wort „insbesondere“ weitere Gemeindeformen zulasse. Die kommunitären Gemeinschaften wären auf diese Weise in ihrer Wahrnehmung gestärkt.
Auf der 1. Tagung der Verfassunggebenden Synode wurde beantragt, einen neuen Satz einzufügen: „Wollen sich Gemeindeglieder in anderen Gemeindeformen regelmäßig um Wort und Sakrament versammeln, bedürfen sie dafür einer Genehmigung.“ (Antrag 98).
Die NEK schlug vor, das Wort „Gemeindeglied“ jeweils durch das Wort „Kirchenmitglied“ zu ersetzen.
Der Rechtsausschuss hinterfragte den Begriff „Anstalt“, der ein eingeführter Rechtsbegriff und objektiv zu verstehen sei. Unter Verweis auf CA 7 herrschte nach kurzer Diskussion Einigkeit, dass die regelmäßige Verkündigung und Sakramentsverwaltung vor Ort geschehen solle, während andere Gemeindeformen die Ausnahme bleiben sollten. Der Ausschuss empfahl, den damaligen Artikel 20 unverändert zu übernehmen (Sitzung vom 18. und 19. März 2011).
Propst Gorski wies am 27. März 2011 erneut darauf hin, dass die Verwendung des Begriffs „Kirchengemeinde“ und die Unterscheidung zwischen rechtlich-organisatorischer Gemeinde und Gemeinde Jesu Christi nicht schlüssig seien. Sein Formulierungsvorschlag lautete daher:
- „Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland hält Strukturen (Kirchengemeinden) bereit, in denen sich die Gemeinde Jesu Christi versammelt. Ihre Fläche ist räumlich gegliedert in die Ortskirchengemeinden. Daneben gibt es andere Kirchengemeindeformen, die körperschaftlich organisiert sein können, wie dies insbesondere bei der Personal- und Anstaltskirchengemeinden der Fall ist.“
Am 14. April 2011 wurde folgender Antrag an die Synode formuliert: „Die Synode möge beschließen: Hier ist der 1. Satz völlig ausreichend.“ Sogenannte „Personalgemeinden“ sollten Bestandsschutz haben, aber neue zu bilden sei problematisch, da dafür neue Stellen eingerichtet werden müssten, die bestehenden Gemeinden ausgedünnt würden und es zu Spaltungen innerhalb der Gemeinden käme. Die Kirchenleitung entschied sich am 2. Juli 2011 dafür, diesen Antrag nicht zu übernehmen.
In der Sitzung des Theologischen Ausschusses vom 13. Mai 2011 wurde in den damaligen Artikel 20 die Formulierung „in der Regel“ eingefügt, da sich sonst ein logisches Problem ergebe. Die Steuerungsgruppe stimmte in ihrer Sitzung vom 7. Juli 2011 jedoch gegen diese Formulierung.
Das Nordelbische Kirchenamt hinterfragte, was in Antrag 98 mit „anderen Gemeindeformen“ gemeint sei. Entsprechend der Kirchengemeindeordnung bedürften Personal- und Anstaltsgemeinden eines Genehmigungsbeschlusses durch den Kirchenkreisrat im Einvernehmen mit der Kirchenleitung. Falls es bei dem Antrag um die Errichtung von neuen Predigtstätten und nicht nur um informelle Zusammenkünfte gehen, könnte dem Antrag entsprochen werden.
Der Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf teilte mit, dass die Synode sich gegen die Form der Personalkirchengemeinde wende und daher die Streichung der Wörter „Personal- und“ vorschlage. Kirchlicher Dienst solle sich volkskirchlich auf die Gesamtbevölkerung beziehen.
Die Fachbereiche Hamburg und Kiel sprachen sich dafür aus, Artikel 20 an den Anfang des Teils 2: Kirchengemeinde zu verschieben und Satz 1 wie folgt zu formulieren: „Wo das Wort Gottes verkündigt und gehört wird, ist Gemeinde.“ Der Fachbereich Kiel ergänzte, dass die Erwähnung alternativer Gemeindeformen begrüßt werde, aber die Unklarheiten des Verhältnisses von parochialen und nichtparochialen Gemeindeformen nicht beseitigt worden seien. Vorgeschlagen wurde folgende Formulierung: „Die Kirchengemeinde kann als Gemeinschaft von Gemeindegliedern in einem räumlich bestimmten Bereich zustande kommen (Ortskirchengemeinde) oder sich in anderen Kirchengemeindeformen (nach funktionaler, personaler oder bekenntnisorientierter Logik) regelmäßig um Wort und Sakrament versammeln. Das Nähere wird durch Kirchengesetz geregelt.“
Prof. Blaschke zweifelte an, ob Artikel 20 in dieser allgemeinen Form einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalte und verwies auf das Gutachten des kirchenrechtlichen Instituts der EKD zur „Neufassung der Grundordnung der Evangelischen Landeskirche in Baden“.
Univ.-Prof. Dr. Hans Michael Heinig schlug vor zu formulieren: „Die Gemeinschaft von Gemeindegliedern in einem räumlich bestimmten Bereich bildet eine Kirchengemeinde (Ortskirchengemeinde) […]“. Der sprachliche Gewinn wurde jedoch als nicht ersichtlich angesehen, so dass die AG Recht den Vorschlag in ihrer Sitzung vom 25. und 26. August 2011 nicht übernahm.
Umgesetzt wurde noch der Vorschlag der NEK, das Wort „Gemeindeglieder“ jeweils durch „Kirchenmitglieder“ zu ersetzen (Sitzung der Steuerungsgruppe vom 25. und 26. August 2011).
Diese Entscheidung wurde in der Sitzung des Rechtsausschusses vom 4. bis 6. November 2011 ausführlich diskutiert, auch vor dem Hintergrund der Entscheidung der 2. Tagung der Verfassunggebenden Synode. Dabei wurde unterschieden zwischen dem juristisch korrekten Begriff und dem theologischen Verständnis. Die Diskussion wurde ergebnislos abgebrochen, es sollte eine Verständigung mit dem Theologischen Ausschuss stattfinden.
Die Entscheidung fiel im Rechtsausschuss schließlich für das Wort „Gemeindeglied“.
#II. Vorgängervorschriften
#1. Verfassung der NEK
Artikel 9 der Verfassung NEK bestimmte:
- (1) 1 Die Kirchengemeinde ist in der Regel Ortsgemeinde. 2 Sie ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten im Rahmen des geltenden Rechts in eigener Verantwortung. 3 Zur Erfüllung von Aufgaben, die über ihre Grenzen hinauswirken, ihre Kräfte übersteigen oder die gemeinsam mit größerer Effektivität wahrgenommen werden können, soll sie mit benachbarten Kirchengemeinden oder anderen beteiligten kirchlichen Körperschaften nach Maßgabe der Artikel 51 bis 59 zusammenarbeiten.
- (2) 1 Wenn sich Gemeindeglieder unabhängig von Ortsgemeinden zu kirchlicher Gemeinschaft sammeln, kann dieser durch die Nordelbische Kirche die Rechtsstellung einer Kirchengemeinde zuerkannt werden. 2 Das Nähere regelt ein Kirchengesetz.
- (3) [...]
2. Entsprechende Normen der ELLM/PEK
§ 7 Kirchgemeindeordnung der ELLM („Anstaltsgemeinden“) regelte:
- (1) Eine Kirchgemeinde im Sinne des § 1 Absatz 1 ist auch die Anstaltsgemeinde, in der als einer geordneten Lebens- und Dienstgemeinschaft von Gliedern der evangelisch-lutherischen Kirche regelmäßig der Dienst des geistlichen Amtes nach dem evangelisch-lutherischen Bekenntnis und den kirchlichen Ordnungen ausgeübt wird.
- (2) Einer Anstaltsgemeinde können Gemeindeglieder des Ortsbereiches angeschlossen werden.
Artikel 74 der Kirchenordnung der PEK beinhaltete folgende Regelung:
- (1) Für Anstalts- und Personalgemeinden werden etwa erforderliche besondere Bestimmungen von der Kirchenleitung erlassen; bis dahin gelten die bisherigen Vorschriften weiter.
- (2) 1 Über die Anerkennung neuer Anstaltsgemeinden entscheidet die Kirchenleitung. 2 Die Anerkennung setzt in der Regel voraus, dass die Anstaltsgemeinde die Gewähr der Dauer bietet, ein eigenes ständiges Pfarramt und eine eigene gottesdienstliche Stätte besitzt.
3. Grundsätze zum Fusionsvertrag
I.1.5 Wo sich Menschen im Glauben um Gottes Wort und Sakrament sammeln, ist Gemeinde Jesu Christi: in der örtlichen Kirchengemeinde ebenso wie in den übergreifenden Bereichen des Kirchenkreises, in der Landeskirche, in den Diensten und Werken der Diakonie und Mission sowie in den übergreifenden Diensten und Werken der kirchlichen Arbeit und in der gesamten Kirche Jesu Christi.
#III. Ergänzende Vorschriften
#1. Normen mit Verfassungsrang
Nach § 5 KGO gilt das Parochialprinzip (Grundsatz der Ortskirchengemeinde) Die Grenzen der bisherigen Kirchengemeinden „ergeben sich aus dem Herkommen.“ Gründung, Veränderung Teilung und Zusammenschluss von Ortskirchengemeinden bestimmt sich nach § 15 KGO.
Der Unterabschnitt 2 im ersten Abschnitt der Kirchengemeindeordnung befasst sich dann mit den weiteren Gemeindeformen und ihrer Errichtung bzw. Aufhebung.
- § 6 Personalkirchengemeinden§ 7 Errichtung von Personalkirchengemeinden§ 8 Aufhebung von Personalkirchengemeinden§ 9 Anstaltskirchengemeinden§ 10 Errichtung und Aufhebung einer Anstaltskirchengemeinde§ 11 Gemeinsame Vorschriften für Personal- und Anstaltskirchengemeinden§ 12 Bestandsschutz [für Personal- und Anstaltskirchengemeinden]
Nach § 13 KGO sind die Studierendengemeinden „Kirchengemeinden eigener Art ohne Rechtspersönlichkeit“. Sie geben sich eine Satzung, die der Genehmigung des Landeskirchenamtes bedarf.
Abschnitt 6 regelt die örtlichen Kirchen im Kirchenkreis Mecklenburg. Diese sind juristische Personen mit der Eigenschaft einer kirchlichen Stiftung (pium corpus) und Eigentümer des Vermögens ihrer Kirchengemeinde (§ 56 KGO). Sie werden durch den Kirchengemeinderat vertreten (§ 57 KGO). Das Vermögen wird durch den Kirchenkreis verwaltet (§ 58 KGO)
§ 79 KGO trifft Regelungen zu den bestehenden Kapellengemeinden im Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg. Diese sind mit einer Kirchengemeinde verbunden und haben keine eigene Rechtspersönlichkeit.
Nach § 80 KGO dürfen sich bestimmte Kirchengemeinden in Hamburg „Hauptkirche“ nennen. Das Nähere regelt eine Kirchenkreissatzung.
#2. Einfache Kirchengesetze
Durch die Regelungen der KGO sind die entsprechenden Bestimmungen im (formal fortgeltenden) Kirchengesetz über besondere Gemeindeformen in der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche vom 28. Januar 1989 (GVOBl. S. 48) überflüssig.
#3. Untergesetzliche Normen
Die Rechtsverordnung über das Kirchenbuch- und Meldewesen sowie zur Kirchenmitgliedschaft (KMKMVO) vom 17. Februar 1989 (GVOBl. S. 62, 115) regelt in § 12 Absatz 4:
- „ 1 Für Anstalts- und Personalgemeinden, Kapellengemeinden sowie Pfarrämter, die nicht einer Ortskirchengemeinde im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 Verfassung zugeordnet sind, wird die Kirchenbuchführung durch die örtlich zuständige Kirchengemeinde bzw. durch das regional zuständige Kirchenbuchamt wahrgenommen. 2 Das Anlegen und Führen eigener Kirchenbücher bedarf der Genehmigung des Nordelbischen Kirchenamtes.“
Die Kirchenbuchordnung der ELLM vom 4. November 2000 (KABl S. 73) enthält dazu keine Regelungen.
Gemäß Artikel 6 Absatz 2 des Militärseelsorgevertrags der EKD mit der BRD vom 22. Februar 1957 (ABl.EKD Nr. 162, Sonderheft) bleibt es den Gliedkirchen überlassen, für die Militärseelsorge Militärkirchengemeinden als landeskirchliche Personalgemeinden zu errichten.
#4. Satzungen (der Kirchenkreise etc.)
Die Finanzsatzung des Ev.-Luth. Kirchenkreises Schleswig-Flensburg vom 9. Dezember 2014 (KABl. 2015 S. 75) enthält in § 6a eine Sonderregelung für die Anstaltskirchengemeinden des Kirchenkreises:
- (1) Die Anstaltskirchengemeinden des Kirchenkreises nehmen aufgrund ihrer besonderen Kirchengemeindeform unbeschadet ihrer Rechtsstellung nach § 9 Absatz 4 Satz 2 der Kirchengemeindeordnung im Rahmen der Finanzverteilung eine Sonderstellung unter den Kirchengemeinden des Kirchenkreises ein.
- (2) Der Anteil der Anstaltskirchengemeinden wird daher abweichend von den §§ 4 bis 6 auf 0,1 Prozent des Anteils der Kirchengemeinden nach § 2 Absatz 4 festgesetzt.
- (3) Weitergehende Ansprüche der Anstaltskirchengemeinden nach dieser Finanzsatzung bestehen nicht.
Die Evangelische Studierendengemeinde Kiel hat am 22. April 2015 eine Satzung gegeben (KABl. S. 259; 2016 S. 251). Ebenso die Evangelische Studentengemeinde Rostock am 13. Juli 2007 (KABl. 2008 S. 8).
Der Kirchenkreis Hamburg-Ost hat am 27. September 2016 eine Hauptkirchensatzung erlassen (KABl. S. 426).
#IV. Zusammenhänge und Rechtsvergleich
#1. Verweise auf andere Verfassungsbestimmungen
Artikel 22 regelt die Gründung, Veränderung, Teilung und den Zusammenschluss von Kirchengemeinden, wobei in den Absätzen 3 und 4 die Besonderheiten für „andere Kirchengemeindeformen“ enthalten sind.
#2. Verweise auf kirchliches Recht (außerhalb der Nordkirche)
Artikel 12 der Grundordnung der EKBO regelt „Gemeindeformen und Seelsorgebereiche“:
- (1) 1 Kirchengemeinden sind in der Regel Wohnsitzgemeinden. 2 Die Mitgliedschaft in einer anderen als der zuständigen Wohnsitzgemeinde ist möglich, wenn der Gemeindekirchenrat der aufnehmenden Gemeinde zustimmt. 3 Die Wohnsitzgemeinde ist über diesen Beschluss zu informieren.
- (2) 1 Personal- und Anstaltsgemeinden können in besonderen Rechtsformen bestehen und errichtet werden. 2 Das Nähere wird kirchengesetzlich geregelt.
- (3) 1 Über die Neubildung, Veränderung, Vereinigung oder Aufhebung von Kirchengemeinden beschließt nach Anhörung der betroffenen Gemeinde- und Kreiskirchenräte bei Zustimmung aller Beteiligten das Konsistorium. 2 Widerspricht einer der Beteiligten, entscheidet die Kirchenleitung.
- (4) 1 In Kirchengemeinden können nach Entscheidung des Gemeindekirchenrats oder bei Vereinigung mehrerer Kirchengemeinden nach Entscheidung der Gemeindekirchenräte regionale Bereiche mit eigenen verantwortlich entscheidenden Organen ausgestattet werden. 2 Das Nähere wird kirchengesetzlich geregelt; dabei kann die Zusammensetzung, insbesondere die Wahl, des Gemeindekirchenrats abweichend von Artikel 16 geregelt werden.
- (5) 1 Bei Kirchengemeinden können zur kirchlichen Betreuung bestimmter Personenkreise personale Seelsorgebereiche gebildet werden. 2 Das Nähere wird kirchengesetzlich geregelt.
- (6) Für besondere Gemeinden wie Studierendengemeinden oder Gemeinden der Berliner Stadtmission kann die Kirchenleitung eigene Regelungen beschließen.
Artikel 3 der Kirchenverfassung der EKM regelt die „Gliederungen der Kirche und besondere Formen von Gemeinde“:
- (1) 1 Das kirchliche Leben ist in den Rechtsformen der Kirchengemeinde, des Kirchengemeindeverbandes, des Kirchenkreises und der Landeskirche, ihrer sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen sowie ihrer Einrichtungen und Werke geordnet. 2 Diese bilden als Zeugnis- und Dienstgemeinschaft eine innere und äußere Einheit. 3 In dieser Einheit haben sie die zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben notwendige Eigenverantwortung und Freiheit, die durch die kirchliche Ordnung gesichert und begrenzt werden.
- (2) 1 Gemeindliches Leben geschieht auch in verschiedenen Bereichen der Bildung, im Zusammenhang besonderer Berufs- und Lebenssituationen, in geistlichen Zentren und in Gruppen mit besonderer Prägung von Frömmigkeit und Engagement sowie in Gemeinden auf Zeit. 2 Diese besonderen Formen von Gemeinde ergänzen das Leben der kirchlichen Körperschaften nach Absatz 1. 3 Sie sind nach Maßgabe der kirchlichen Ordnung in die Zeugnis- und Dienstgemeinschaft eingebunden.
- (3) 1 Diakonie als Wesens- und Lebensäußerung der Kirche geschieht in Kirchengemeinden, Kirchenkreisen, der Landeskirche, in diakonischen Einrichtungen und Werken. 2 Sie unterstützen einander in ihrem Dienst am Nächsten.
- (4) 1 Kommunitäten und andere Gemeinschaften mit besonderen Formen verbindlichen geistlichen Lebens bringen ihre Gaben in das gottesdienstliche Leben der Kirche und den Dienst an der Welt ein. 2 Sie stehen unter dem Schutz der Kirche auf der Grundlage gesonderter Vereinbarungen.
Der „räumlich bestimmte Bereich“ findet sich wieder in den Artikeln 21 und 9 der Kirchenverfassung der EKM.
Artikel 21 Absatz 1 der Kirchenverfassung der EKM lautet:
- (1) 1 Die Kirchengemeinde ist die Gemeinschaft der evangelischen Christen gemäß Artikel 9 in einem räumlich bestimmten Bereich. 2 Sie kann auch von einem Personenkreis her oder in Anbindung an eine rechtlich selbstständige diakonische Einrichtung bestimmt werden; das Nähere wird durch Kirchengesetz geregelt.
Artikel 9 Absatz 2 der Kirchenverfassung der EKM ergänzt insoweit:
- (2) 1 Mitglied der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (Gemeindeglied) ist jeder evangelische Christ, der in ihrem Bereich seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat und weder den Austritt aus der evangelischen Kirche erklärt hat noch ausschließlich Mitglied einer anderen evangelischen Kirche oder Religionsgemeinschaft ist. 2 Evangelischer Christ im Sinne dieser Bestimmung ist jeder, der in einer Gemeinde getauft ist, in der lutherisches oder reformiertes Bekenntnis gilt oder beide Bekenntnisse nebeneinander oder miteinander vereint gelten.
Artikel 19 der Kirchenverfassung Hannover enthält entsprechende Regelungen zur „Ortsgemeinde und Personalgemeinde“:
- (1) 1 Die Kirchengemeinde nimmt als rechtlich verfasste Gemeinschaft von Mitgliedern der Kirche den Auftrag der Kirche in ihrem Bereich in eigener Verantwortung wahr. 2 Sie wendet sich in Wort und Tat allen Menschen zu. 3 Sie kann als Ortsgemeinde, aber auch als Personalgemeinde gebildet werden.
- (2) Die Ortsgemeinde ist der Zusammenschluss von Mitgliedern der Kirche in einem räumlich bestimmten Bereich.
- (3) 1 Der Personalgemeinde ordnen sich Mitglieder der Kirche nach anderen Kriterien als dem Wohnort zu, insbesondere nach geistlichem Profil, nach besonderen lebensweltlichen Bezügen oder in Anbindung an eine diakonische oder andere Einrichtung. 2 Sie kann gebildet werden, wenn aufgrund der Zahl ihrer Mitglieder und der Gestaltung ihrer Arbeit auf Dauer ein eigenständiges Gemeindeleben zu erwarten ist. 3 Für die Personalgemeinde können durch Kirchengesetz Regelungen getroffen werden, die von den Artikeln 22 bis 29 abweichen.
3. Verweise auf staatliches Recht
§ 5 der Gemeindeordnung Schleswig-Holstein regelt das Gebiet der Gemeinde:
- Das Gebiet der Gemeinde soll so bemessen sein, dass die örtliche Verbundenheit der Einwohnerinnen und Einwohner gewahrt wird und die Leistungsfähigkeit der Gemeinde gesichert ist.
§ 6 bestimmt die Begriffe Einwohnerinnen und Einwohner sowie Bürgerinnen und Bürger:
- (1) Einwohnerin oder Einwohner ist, wer in der Gemeinde wohnt.
- (2) Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde sind die zur Gemeindevertretung wahlberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner. Die Bürgerrechte ruhen, solange die Bürgerin oder der Bürger in der Ausübung des Wahlrechts behindert ist.
Entsprechende Regelungen enthält die Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern in § 10 (Gemeindegebiet) und § 13 (Begriff).