.Erläuterungen
Artikel 27
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Erläuterungen
zu Artikel 27 der Verfassung
Bearbeitungsstand: Juli 2023
####Artikel 27
Beanstandung
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1 Sowohl das vorsitzende als auch das stellvertretende vorsitzende Mitglied hat einen Beschluss des Kirchengemeinderates innerhalb von zwei Wochen zu beanstanden, wenn es ihn für bekenntnis- oder rechtswidrig hält. 2 Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung. 3 Wenn und soweit der Kirchengemeinderat den beanstandeten Beschluss bestätigt, entscheidet der Kirchenkreisrat.
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1 Der Kirchenkreisrat hat einen Beschluss des Kirchengemeinderates zu beanstanden, wenn er ihn für bekenntnis- oder rechtswidrig hält. 2 Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung. 3 Wenn und soweit der Kirchengemeinderat den beanstandeten Beschluss bestätigt, entscheidet das Landeskirchenamt, in Bekenntnisfragen im Einvernehmen mit dem Bischofsrat.
#Grundinformationen
##I. Textgeschichte
#1. Veränderungen
Die Vorschrift ist seit dem Inkrafttreten unverändert.
#2. Textentwicklung
Artikel 26: Beanstandung
- Das vorsitzende Mitglied und das stellvertretende vorsitzende Mitglied haben einen Beschluss des Kirchengemeinderates innerhalb von zwei Wochen zu beanstanden, wenn sie ihn für bekenntnis- oder rechtswidrig halten. Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung. Wenn und soweit der Kirchengemeinderat den beanstandeten Beschluss bestätigt, entscheidet der Kirchenkreisrat.
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 17)
Artikel 28: Beanstandung
- (1) Das vorsitzende Mitglied und das stellvertretende vorsitzende Mitglied des Kirchengemeinderates haben einen Beschluss des Kirchengemeinderates innerhalb von zwei Wochen zu beanstanden, wenn sie ihn für bekenntnis- oder rechtswidrig halten. Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung. Wenn und soweit der Kirchengemeinderat den beanstandeten Beschluss bestätigt, entscheidet der Kirchenkreisrat.
- (2) Der Kirchenkreisrat hat einen Beschluss des Kirchengemeinderates zu beanstanden, wenn er ihn für bekenntnis- oder rechtswidrig hält. Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung. Wenn und soweit der Kirchengemeinderat den beanstandeten Beschluss bestätigt, entscheidet das Landeskirchenamt, in Bekenntnisfragen im Einvernehmen mit dem Bischofsrat.
(2. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 3/II, Seite 19)
Im Entwurf zur 3. Tagung der Verfassunggebenden Synode (Drucksache 4/III) bestand Artikel 27 wieder nur aus einem Absatz (dem ersten Absatz in der aktuellen Fassung). Der zweite Absatz (in der Fassung des Entwurfs zur 2. Lesung) wurde erst nach den Beratungen wieder eingefügt.
#3. Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung
„Artikel 26 regelt die Möglichkeit der Beanstandung von Beschlüssen des Kirchengemeinderates, die bekenntnis- oder rechtswidrig sind. Diese Beschreibung dient allein der Klarstellung, weil bekenntniswidrige Beschlüsse stets auch rechtswidrig sind. Die Bekenntnisse der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland sind in der Verfassung benannt und damit geltendes Recht. Ein Verstoß gegen die Bekenntnisse der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland ist gleichzeitig ein Verstoß gegen die Verfassung der Kirche. Da die Beanstandung aufschiebende Wirkung hat, darf der Beschluss nicht ausgeführt werden, solange die Beanstandung nicht rechtskräftig abgewiesen wurde. Das Beanstandungsrecht steht dem vorsitzenden und dem stellvertretenden vorsitzenden Mitglied je für sich allein zu. Ein darüber hinaus gehendes Beanstandungsrecht der Pröpstinnen und Pröpste sowie die Beteiligung einer Bischöfin bzw. eines Bischofs an der Entscheidung über einen bekenntniswidrigen Beschluss wurden nicht aufgenommen.“
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 77)
#4. Weitere Materialien (insbesondere des Verbandes)
In der Sitzung der UG Kirchengemeindeordnung wurde am 1. März 2010 hinterfragt, ob ein Einspruchs- oder Widerspruchsrecht gegen Entscheidungen des Kirchenvorstandes aus Gründen des Bekenntnisses geregelt werden müssen. Es wurde festgestellt, dass ein solches Recht ohnehin bestehe und sich außerdem aus den Regelungen über die Aufsicht ergebe. Die ausdrückliche Regelung wurde daher nicht für notwendig erachtet.
Eine Beanstandungsvorschrift wurde hinsichtlich der Rechtswidrigkeit in den Verfassungsentwurf aufgenommen. Am 7. Mai 2010 lautete die Regelung nach einem Entwurf von Prof. Dr. Unruh:
- Das vorsitzende Mitglied hat einen Beschluss des Kirchenvorstands zu beanstanden, wenn es ihn für rechtswidrig hält. Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung. Wenn und soweit der Kirchenvorstand den beanstandeten Beschluss nicht aufhebt, so entscheidet der Kirchenkreisvorstand.
Stand 31. Mai 2010 wurde die Terminologie an „Kirchengemeinderat“ angepasst und in die Vorschrift ein neuer Satz 2 eingefügt: „Rechtswidrig ist ein Beschluss auch dann, wenn er gegen das Bekenntnis verstößt.“ Es wurde zu dieser Vorschrift außerdem angefragt, ob auch das stellvertretende vorsitzende Mitglied das Beanstandungsrecht haben sollte, damit nicht nur ein ordiniertes oder nicht ordiniertes Mitglied dieses Recht wahrnehmen könne.
In der Sitzung der AG Verfassung vom 4. und 5. Juni 2010 wurde diese Frage beantwortet, indem auch das stellvertretend vorsitzende Mitglied in die Regelung aufgenommen wurde, allerdings nur mit knapper Mehrheit. Satz 1 zweiter Teil wurde dahingehend verändert, dass das Wort „rechtswidrig“ durch „bekenntnis- und rechtswidrig“ ersetzt werde. Der Vorschlag, auch dem Propst ein Beanstandungsrecht gegen Beschlüsse des Kirchengemeinderats zu geben, wurde unter Verweis auf die Trennung der Ebenen nicht befürwortet.
Die AG Theologie wies darauf hin, dass aufgrund des Plurals in Satz 1 das Personalpronomen im Weiteren „sie“ heißen müsse. Es wurde außerdem befürwortet, die bischöfliche Ebene in die Entscheidung über die Bekenntniswidrigkeit miteinzubeziehen, um die einheitliche Auslegung des Bekenntnisses zu gewährleisten.
Die NEK regte in ihrer Stellungnahme anlässlich der 1. Tagung der Verfassunggebenden Synode an, die Sätze 1 bis 3 zu Absatz 1 zusammenzufügen. In Absatz 1 Satz 1 solle dann vor dem Wort „haben“ die Worte „des Kirchengemeinderats“ angefügt werden. Es solle außerdem folgender Absatz 2 angefügt werden: „Der Kirchenkreisrat hat einen Beschluss des Kirchengemeinderates zu beanstanden, wenn er ihn für bekenntnis- oder rechtswidrig hält. Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung. Wenn und soweit der Kirchengemeinderat den beanstandeten Beschluss bestätigt, entscheidet das Landeskirchenamt, in Bekenntnisfragen im Einvernehmen mit dem Bischofsrat.“ Dabei sollte noch geprüft werden, ob die terminologische Trennung zwischen Bekenntnis- und Rechtswidrigkeit sachlich gerechtfertigt sei.
Im Rechtsausschuss wurde in der Sitzung vom 18. und 19. März 2011 hinterfragt, ob das „und“ kumulativ zu verstehen sei. Sowohl das vorsitzende als auch das stellvertretende vorsitzende Mitglied müssen ein eigenes Beanstandungsrecht haben, da nur so ordiniertes Amt und Ehrenamt die Möglichkeit zur Beanstandung hätten. Auf diesen Punkt wies auch der Dienstrechtsausschuss in seiner Sitzung vom 4. April 2011 hin. Die Sinnhaftigkeit der gesamten Regelung wurde intensiv diskutiert.
Der Rechtsausschuss wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass in dem damaligen Artikel 26 und in § 33 Kirchengemeindeordnung gleiche Formulierungen dergestalt sicherzustellen seien, dass sowohl das vorsitzende als auch das stellvertretende vorsitzende Mitglied des Kirchengemeinderats jeweils ein eigenes Beanstandungsrecht hat.
Der Kirchenkreis Dithmarschen war der Auffassung, dass die doppelte Inanspruchnahme endlich abgeschafft gehöre.
Die Kirchenkreise Hamburg-Ost und Hamburg-West/Südholstein schlugen für Satz 1 folgende Formulierung vor: „Sowohl das vorsitzende Mitglied als auch das stellvertretende vorsitzende Mitglied haben unabhängig voneinander einen Beschluss des Kirchengemeinderates innerhalb von zwei Wochen zu beanstanden, wenn sie ihn für bekenntnis- oder rechtswidrig halten.“
Der Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf teilte mit, dass seine Synode ein Beanstandungsrecht wegen Bekenntniswidrigkeit vor dem Hintergrund, dass die Bekenntnisschriften ohnehin Teil der Rechtssetzungen sind, für entbehrlich hält. Die Wörter „bekenntnis- oder“ seien daher zu streichen.
Die Steuerungsgruppe beschloss die von der NEK vorgeschlagene Fassung, entschied sich aber gleichzeitig, die Anmerkung hinsichtlich der Terminologie nicht weiter zu verfolgen.
Der Rechtsausschuss hinterfragte Absatz 2 kritisch (Sitzung vom 6. bis 8. Oktober 2011). Das Beanstandungsrecht des Kirchenkreisrats sei von seiner allgemeinen Aufsichtskompetenz ohnehin umfasst. Die Regelung wurde aber mehrheitlich rein deklaratorisch ausgelegt, so dass keine Beschränkung der Kompetenzen des Kirchenkreises vermutet wurde. Eine Streichung wurde angedacht, aber nicht beantragt.
Auf der 2. Tagung der Verfassunggebenden Synode wurde beantragt, Satz 1 dergestalt zu ändern, dass klar ist, dass das Beanstandungsrecht auch einzeln wahrgenommen werden kann: „Das vorsitzende Mitglied und das stellvertretende vorsitzende Mitglied […] haben jeder die Pflicht, einen Beschluss […] zu beanstanden.“
Aus dem Rechtsdezernat kam der Hinweis, dass das Wort „jeder“ durch das Wort „jedes“ ersetzt werden müsse. Es sei ratsam, zur Klarstellung dahinter noch die Wörter „für sich“ einzufügen.
In der Sitzung des Rechtsausschusses vom 4. bis 6. November 2011 wurde der Gedanke geäußert, die Beanstandungspflicht vorsitzender Mitglieder aller Gremien in den Allgemeinen Teil zu ziehen. Es wurde hinterfragt, wie die Beanstandungen nach Absatz 2 im Rahmen der Aufsichtspflicht praktisch sichergestellt werden könnten. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Absätze strikt zu trennen sind. Absatz 1 sei ein „reines Selbstreinigungsrecht“, das eine interne Berichtigungsmöglichkeit darstelle und deswegen auf allen Ebenen greifen müsse. Absatz 2 sei dagegen eine Außenkontrolle. Es wurde Kritik geäußert und schließlich die Streichung des Absatzes 2 beschlossen, weil die Aufsicht in § 88 Kirchengemeindeordnung geregelt sei.
Schließlich wurde doch die die vollständige Vorschrift beschlossen. Wie in der Sitzung vom 5. Januar angemerkt wurde, sei die Dopplung sprachlich nicht schön, aber wahrscheinlich für das Verständnis hilfreich, so die Stellungnahme der Gemeinsamen Kirchenleitung. Auf die möglichen Probleme in der Praxis, dass trotz der aufschiebenden Wirkung ein Beschluss schon Außenwirkung entfalte, wurde hingewiesen.
#II. Vorgängervorschriften
#1. Verfassung der NEK
Artikel 15 Absatz 5 der Verfassung NEK regelte:
- (5) 1 Das vorsitzende Mitglied hat einen Beschluss des Kirchenvorstandes zu beanstanden, wenn es ihn für rechtswidrig hält. 2 Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung. 3 Hebt der Kirchenvorstand den beanstandeten Beschluss nicht auf, so entscheidet der Kirchenkreisvorstand.
2. Entsprechende Normen der ELLM/PEK
§ 46 KGO ELLM enthielt folgende Regelung zur Aussetzung und Aufhebung von Kirchgemeinderatsbeschlüssen:
- (1) Der Leiter der Pfarramtsgeschäfte ist verpflichtet, den Vollzug von Beschlüssen des Kirchgemeinderats auszusetzen, die nach seiner Meinung
- dem Bekenntnis der Kirche oder
- den Rechten und Befugnissen des geistlichen Amtes oder
- den kirchlichen Gesetzen und Anordnungen widerstreiten oder
- das kirchliche Leben ernstlich gefährden.
- (2) Die Verpflichtung aus Absatz 1 geht bei zeitweiliger Verhinderung des Vorsitzenden des Kirchgemeinderats auf den vom Landessuperintendenten zu bestellenden Vertreter in den Pfarramtsgeschäften, bei Pfarrvakanz auf den Kurator über.
- (3) 1 Beschlüsse, deren Vollzug ausgesetzt ist, sind sofort dem Landessuperintendenten vorzulegen. 2 Billigt der Landessuperintendent die Aussetzung, hat der den Kirchgemeinderat zu hören, bevor er den Beschluss aufhebt; andernfalls hebt er die Aussetzung auf. 3 Hält er die Angelegenheit für dringlich, kann er einstweilige Anordnungen treffen. 4 Der Landessuperintendent kann hierzu den Kirchenkreisrat hören. 5 Gegen die Entscheidung des Landessuperintendenten kann der Oberkirchenrat binnen drei Wochen angerufen werden. 6 Dieser entscheidet endgültig.
- (4) 1 Sind mindestens drei Kirchenälteste der Auffassung, dass ein gefasster Beschluss den kirchlichen Gesetzen und Ordnungen widerstreitet oder das kirchliche Leben ernstlich gefährdet, haben sie den Landessuperintendenten unter Angabe von Gründen zu unterrichten. 2 Dieser verfährt nach den Regelungen für die Aufhebung von Beschlüssen durch den Oberkirchenrat.
§ 90 Absatz 2 KGO ELLM ergänzte:
- (2) Kommen Pastor, Kirchgemeinderat und Kirchenökonom nicht innerhalb einer angemessenen Frist der Aufforderung des Oberkirchenrats nach, einen gebotenen Beschluss zu fassen oder einen beanstandeten Beschluss abzuändern oder aufzuheben oder die ihnen aufgegebenen Maßnahmen zu treffen, ist der Oberkirchenrat befugt, anstelle und auf Kosten der Kirchgemeinde oder der Kirchen Maßnahmen zu verfügen und zu vollziehen.
§ 92 Absatz 2 KGO ELLM führte weiter aus:
- (2) Vor der Aufhebung eines Kirchgemeinderatsbeschlusses soll der Landessuperintendent oder ein Beauftragter des Oberkirchenrats mit dem Kirchgemeinderat verhandeln, um den Kirchgemeinderat zur Überprüfung seines Beschlusses zu veranlassen.
Artikel 135 Kirchenordnung PEK bestimmte:
- (1) 1 Die Kirchenleitung hat Beschlüsse der Gemeindekirchenräte, der Kreissynode und ihrer Ausschüsse, der Kreiskirchenräte sowie der Leitungsorgane landeskirchlicher Einrichtungen außer Kraft zu setzen, wenn sie mit Schrift und Bekenntnis nicht vereinbar sind und die dadurch für das kirchliche Leben entstehende Gefahr auf andere Weise nicht zu beheben ist. 2 Bis zur Entscheidung in der Sache ist der Beschluss nicht auszuführen. 3 Die Körperschaft, deren Beschluss außer Kraft gesetzt wird, kann eine nochmalige Prüfung und Entscheidung verlangen, die nicht früher als zwei Monate nach der ersten erfolgen darf.
- (2) 1 Beschlüsse der in Absatz 1 genannten Körperschaften, die das Recht verletzen oder die einheitliche Finanzwirtschaft der Kirche gefährden, setzt das Konsistorium außer Kraft. 2 Hiergegen ist innerhalb eines Monates die Beschwerde an die Kirchenleitung zulässig.
3. Grundsätze zum Fusionsvertrag
Die Grundsätze zum Fusionsvertrag enthalten keine Ausführungen zu der Beanstandung.
#III. Ergänzende Vorschriften
#1. Normen mit Verfassungsrang
Die Vorschrift des Artikels 27 wird in der Kirchengemeindeordnung an verschiedenen Stellen rezipiert. § 33 KGO wiederholt den Wortlaut des 27 Absatz 1 (Beanstandung durch den Vorsitz). § 88 KGO wiederholt den Wortlaut des Absatz 2 (Beanstandung durch den Kirchenkreis). In dringenden Fällen kann der Kirchenkreis einstweilige Anordnungen treffen (§ 88 Absatz 1 Satz 3 KGO)
#2. Satzungen (der Kirchenkreise etc.)
In Kirchenkreissatzungen findet sich die Regelung, dass Beschlüsse im Zusammenhang mit Beanstandungen gemäß Artikel 27 als wesentliche Leitungsentscheidung dem Kirchenkreisrat vorbehalten bleiben muss (vgl. beispielsweise § 9 Absatz 2 Satz 2 Nummer 13 Kirchenkreissatzung des Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreises Dithmarschen).
#IV. Zusammenhänge und Rechtsvergleich
#1. Verweise auf andere Verfassungsbestimmungen
Regelungen zur Beanstandung finden sich auf allen Ebenen:
Artikel 47 regelt die Beanstandung eines Beschlusses der Kirchenkreissynode durch den Kirchenkreisrat, Artikel 55 wiederum die Beanstandung eines Beschlusses des Kirchenkreisrats. Artikel 79 regelt die Beanstandung eines Beschlusses der Landessynode durch die Kirchenleitung oder den Bischofsrat (Artikel 100 Absatz 3), Artikel 87 wiederum die Beanstandung eines Beschlusses der Kirchenleitung.
Zusätzlich nennt Artikel 106 Absatz 4 Nummer 1 als Maßnahmen der Aufsicht durch das Landeskirchenamt die Beanstandung und die Aufhebung rechtswidriger Beschlüsse.
#2. Verweise auf kirchliches Recht (außerhalb der Nordkirche)
Die Grundordnung der EKBO legt in Artikel 23 Absatz 11 Grundordnung EKBO fest:
- (11) Ist ein Beschluss mit Schrift und Bekenntnis nicht vereinbar oder verstößt er gegen die Rechtsordnung, so darf er nicht ausgeführt werden.
Artikel 82 regelt die Aufsicht der Kirchenleitung über die Kirchengemeinden und Kirchenkreise und enthält dort das Instrument der Beanstandung:
- (1) 1 Die Kirchenleitung hat Beschlüsse der Gemeindekirchenräte, der Kreissynoden und der Kreiskirchenräte außer Kraft zu setzen, wenn sie mit Schrift und Bekenntnis nicht vereinbar sind. 2 Das Organ ist vorher zu hören. 3 Handelt es sich um Beschlüsse reformierter Organe, entscheidet anstelle der Kirchenleitung das Evangelisch-reformierte Moderamen.
- (2) 1 Das Organ, dessen Beschluss außer Kraft gesetzt wird, kann eine nochmalige Prüfung und Entscheidung verlangen, die nicht früher als zwei Monate nach der ersten erfolgen darf. 2 Hält die Kirchenleitung ihre Entscheidung aufrecht, so ist ein Einspruch bei der Landessynode zulässig. 3 Das Verlangen nach nochmaliger Prüfung und Entscheidung und der Einspruch haben keine aufschiebende Wirkung.
Die Formulierung „Beanstandung“ wird in der Grundordnung der EKBO aber nur im Verhältnis Gemeindeversammlung und Gemeindekirchenrat, Gemeindebeirat sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verwendet. Diese müssen gemäß Artikel 28 Absatz 2 Satz 4 GO den Beanstandungen der Gemeindeversammlung nachgehen.
Artikel 28 Absatz 7 der Kirchenverfassung der EKM regelt:
- (7) 1 Der Vorsitzende und die ordinierten Mitglieder haben jeweils die Pflicht, Beschlüsse des Gemeindekirchenrates, die nach ihrer Einschätzung gegen Schrift und Bekenntnis oder die kirchliche Ordnung verstoßen, zu beanstanden. 2 Bleibt der Gemeindekirchenrat bei seinem Beschluss, so hat der Vorsitzende unverzüglich den Superintendenten, das Kreiskirchenamt und das Landeskirchenamt zu unterrichten. 3 Die Ausführung des Beschlusses ist ausgesetzt, bis die Beanstandung einvernehmlich ausgeräumt ist oder das Landeskirchenamt den Beschluss bestätigt oder aufhebt.
In der Kirchenverfassung Hannover findet sich keine entsprechende Regelung. Artikel 18 Absatz 2 der vorherigen Verfassung („ 1 Die Aufsichtsbehörden können Beschlüsse und andere Maßnahmen von Organen der kirchlichen Körperschaften beanstanden, wenn sie rechtswidrig oder nicht sachgerecht sind. 2 Beanstandete Maßnahmen dürfen nicht vollzogen, bereits getroffene Maßnahmen müssen auf Verlangen der Aufsichtsbehörden rückgängig gemacht werden.“) wurde nicht übernommen.
#3. Verweise auf staatliches Recht
Die Gemeindeordnung Schleswig-Holstein regelt in § 43 den Widerspruch gegen Beschlüsse der Gemeindevertretung:
- (1) Verletzt ein Beschluss der Gemeindevertretung das Recht, so hat ihm die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister zu widersprechen.
- (2) Der Widerspruch muss innerhalb von zwei Wochen nach Beschlussfassung schriftlich eingelegt und begründet werden. Er enthält die Aufforderung, den Beschluss aufzuheben. Die Gemeindevertretung muss über die Angelegenheit in einer neuen Sitzung nochmals beschließen; bis dahin hat der Widerspruch aufschiebende Wirkung.
- (3) Verletzt auch der neue Beschluss das Recht, so hat ihn die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister schriftlich unter Darlegung der Gründe binnen zwei Wochen zu beanstanden. Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung. Gegen die Beanstandung steht der Gemeindevertretung die Klage vor dem Verwaltungsgericht zu.
- (4) Widerspruch und Beanstandung sind an die Vorsitzende oder den Vorsitzenden der Gemeindevertretung, in ehrenamtlich verwalteten Gemeinden (§ 48) an die erste Stellvertreterin oder den ersten Stellvertreter der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters, zu richten.
Entsprechendes regelt die Kommunalverfassung Mecklenburg-Vorpommern in § 33 Absatz 1 und 2:
- (1) Verletzt ein Beschluss der Gemeindevertretung das Recht, so hat der Bürgermeister dem Beschluss zu widersprechen. Der Bürgermeister kann einem Beschluss widersprechen, wenn dieser das Wohl der Gemeinde gefährdet. Der Widerspruch muss binnen zwei Wochen nach der Beschlussfassung schriftlich eingelegt und begründet werden. Er hat aufschiebende Wirkung. Die Gemeindevertretung muss über die Angelegenheit in der nächsten Sitzung beschließen.
- (2) Verletzt auch der neue Beschluss das Recht, so hat ihn der Bürgermeister schriftlich unter Darlegung der Gründe binnen zwei Wochen nach der Beschlussfassung zu beanstanden und die Beanstandung der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen. Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung. Gegen die Beanstandung steht der Gemeindevertretung die Klage vor dem Verwaltungsgericht zu.