.Erläuterungen
Artikel 111
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Erläuterungen
zu Artikel 111 der Verfassung
Bearbeitungsstand: Juli 2022
####Artikel 111
Rechtsverordnungen
(1) 1 Durch Kirchengesetz kann die Kirchenleitung ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. 2 Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung sind im Kirchengesetz zu bestimmen. 3 Die Rechtsgrundlage ist in der Rechtsverordnung anzugeben. 4 Ist in dem Kirchengesetz vorgesehen, dass eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.
(2) Artikel 110 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.
#Grundinformationen
##I. Textgeschichte
#1. Veränderungen
Die Vorschrift ist seit dem Inkrafttreten unverändert.
#2. Textentwicklung
Artikel 108: Rechtsverordnungen
- (1) Durch Kirchengesetz kann die Kirchenleitung ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung sind im Kirchengesetz zu bestimmen. Die Rechtsgrundlage ist in der Rechtsverordnung anzugeben. Ist in dem Kirchengesetz vorgesehen, dass eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.
- (2) Die Kirchenleitung kann Rechtsverordnungen erlassen, wenn und soweit eine Angelegenheit nicht den Erlass eines Kirchengesetzes erfordert und nicht durch Kirchengesetz oder aufgrund eines Kirchengesetzes geregelt ist.
- (3) Artikel 107 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 57)
Der Entwurf zur 2. Tagung der Verfassunggebenden Regelung sah keine Veränderung zu dem ersten Verfassungsentwurf vor – lediglich die Nummerierung verschob sich auf Artikel 113 (Drucksache 3/II, Seite 60).
Erst im Entwurf zur dritten Lesung wurde der bisherige Absatz 2 gestrichen (Drucksache 4/III).
#3. Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung
Die Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung enthalten keine Ausführungen bezüglich der Rechtsverordnungen.
#4. Weitere Materialien (insbesondere des Verbandes)
Die Arbeitsstelle/Stoepker warf im September 2010 die Frage auf, ob die Ermächtigung „oder aufgrund eines Kirchengesetzes“ erforderlich sei, wenn es um den Erlass von Verordnungen ginge. Andernfalls solle die Ermächtigung gestrichen werden.
Das Nordelbische Kirchenamt regte in seiner Stellungnahme im Juni 2011 eine Prüfung an, ob und inwieweit die in dem damaligen Artikel 108 ausgesprochene generelle Möglichkeit, in Kirchengesetzen Rechtsverordnungsermächtigungen zu verankern, mit der Formulierung „durch Kirchengesetz“ bzw. „durch Kirchengesetz oder aufgrund eines Kirchengesetzes“ vereinbar ist.
Über die Kompetenz der Kirchenleitung, Rechtsverordnungen zu erlassen, wurde ausführlich diskutiert in der Sitzung des Rechtsausschusses vom 24. bis 26. Juni 2011. Der Rechtsausschuss sprach sich schließlich dafür aus, die Regelung des damaligen Artikels 108 Absatz 2 zu streichen. Ein Bedürfnis für diese Regelung wurde bestritten, da die Gesetzgebungskompetenz der Landessynode vorbehalten bleiben müsse. Für Eilfälle existiere die Ausnahmeregelung des Artikels 109.
Da die Steuerungsgruppe sich in ihrer Sitzung vom 26. August 2011 für die Beibehaltung des Absatzes 2 entschied, wurde die Streichung in der Sitzung des Rechtsausschusses vom 6. bis 8. Oktober 2011 erneut thematisiert. Es herrschte Einigkeit darüber, dass allgemein geltende Normen immer als Kirchengesetz erlassen werden – mit der einzigen Ausnahme des damaligen Artikels 113. Die Streichung solle demnach unbedingt durchgesetzt werden.
Der Verweis in Absatz 3 bzw. später Absatz 2 wurde an die jeweils aktuelle Nummerierung angepasst.
#II. Vorgängervorschriften
#1. Verfassung der NEK
Artikel 81
- (1) Die Kirchenleitung kann innerhalb ihrer Zuständigkeit Angelegenheiten, die nicht den Erlass eines Kirchengesetzes erfordern, durch Rechtsverordnung regeln.
- (2) Die Kirchenleitung kann zu Kirchengesetzen Ausführungsverordnungen erlassen.
- (3) 1 Zum Erlass weitergehender Rechtsverordnungen kann die Kirchenleitung im Einzelfall durch Kirchengesetz ermächtigt werden. 2 Dabei müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Kirchengesetz bestimmt werden.
2. Entsprechende Normen der ELLM/PEK
Gemäß § 22 Absatz 4 Leitungsgesetz ELLM hatte die Kirchenleitung das kirchliche Verordnungsrecht.
Die Kirchenleitung der PEK hatte grundsätzlich nicht die Befugnis, (Rechts-)Verordnungen zu erlassen; eine Ausnahme bestand für dringende Angelegenheiten (Artikel 132 Absatz 2 Satz 2 Kirchenordnung PEK).
#3. Grundsätze zum Fusionsvertrag
Die Grundsätze zum Fusionsvertrag enthalten keine Ausführungen zur Kompetenz der Kirchenleitung, Rechtsverordnungen zu erlassen.
#III. Ergänzende Vorschriften
Das zuständige Dezernat hat von der Kirchenleitung erlassene Rechtsverordnungen unverzüglich dem vorsitzenden Mitglied der Kirchenleitung zur Ausfertigung vorzulegen und danach im Kirchlichen Amtsblatt zu verkünden (§ 27 Geschäftsordnung Landeskirchenamt).
Innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten der Verfassung haben die bei Inkrafttreten der Verfassung bestehenden Kirchengemeinde- und Kirchenkreisverbände ihre Satzungen den Bestimmungen der Verfassung entsprechend anzupassen. Sind die erforderlichen Satzungsänderungen innerhalb dieser Frist nicht durchgeführt worden, trifft die Kirchenleitung die notwendigen Maßnahmen durch Rechtsverordnung (Teil 1 § 13 Absatz 1 Satz 2 und § 21 Satz 2 EinfG). Entsprechendes gilt für die Anpassungen der Kirchenkreissatzungen (Teil 1 § 14 Absatz 6 Satz 2 EinfG).
#IV. Zusammenhänge und Rechtsvergleich
#1. Verweise auf andere Verfassungsbestimmungen
Artikel 110 regelt das Verfahren der Kirchengesetzgebung. Artikel 112 behandelt den Fall der Gesetzesvertretenden Rechtsverordnungen.
#2. Verweise auf kirchliches Recht (außerhalb der Nordkirche)
Gemäß Artikel 81 Absatz 1 Nummer 2 Grundordnung EKBO hat die Kirchenleitung die Aufgabe, Entscheidungen und Verordnungen mit Gesetzeskraft sowie Rechtsverordnungen gemäß Artikel 83 GO EKBO zu beschließen.
Die Kirchenverfassung der EKM enthält in Artikel 82 Absatz 1 die Regelung, dass der Landeskirchenrat Verordnungen erlassen kann, wenn eine Angelegenheit nach der Kirchenverfassung nicht der kirchengesetzlichen Regelung bedarf und nicht schon durch ein Kirchengesetz geregelt ist.
Gemäß Artikel 73 der Kirchenverfassung Hannover kann das Landeskirchenamt mit Zustimmung des Landessynodalausschusses Rechtsverordnungen erlassen, wenn es durch ein Kirchengesetz dazu ermächtigt ist oder wenn eine Angelegenheit nach dieser Verfassung keiner kirchengesetzlichen Regelung bedarf.
#3. Verweise auf staatliches Recht
Auch im staatlichen Recht werden Rechtsverordnungen nicht von der Legislative, sondern von der Exekutive, der Regierung erlassen. Voraussetzung ist auch hier eine durch ein förmliches Gesetz erteilte Ermächtigung (vgl. Artikel 80 Absatz 1 GG).