.Erläuterungen
Artikel 108
#
Erläuterungen
zu Artikel 108 der Verfassung
Bearbeitungsstand: Juli 2022
####Artikel 108
Zusammensetzung des Kollegiums
(
1
)
Dem Kollegium gehören an:
- die Präsidentin bzw. der Präsident;
- die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident;
- die weiteren von der Kirchenleitung berufenen hauptamtlichen Mitglieder.
(
2
)
Die Kirchenleitung kann bis zu zwei nebenamtliche Mitglieder bestellen.
(
3
)
1 Die Präsidentin bzw. der Präsident und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident müssen die Befähigung zum Richteramt haben. 2 Die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident muss ordiniert sein.
(
4
)
Das Nähere kann durch Kirchengesetz geregelt werden.
#Grundinformationen
##I. Textgeschichte
#1. Veränderungen
Die Vorschrift ist seit dem Inkrafttreten unverändert.
#2. Textentwicklung
Artikel 104: Zusammensetzung
- (1) Das Landeskirchenamt ist kollegial verfasst. Dem Kollegium gehören an:
- die Präsidentin bzw. der Präsident des Landeskirchenamtes;
- die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident des Landeskirchenamtes und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident des Landeskirchenamtes;
- die weiteren hauptamtlichen Mitglieder des Kollegiums.
Die Kirchenleitung kann bis zu zwei auf Zeit berufene nebenamtliche Mitglieder bestellen. - (2) Die Präsidentin bzw. der Präsident und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident müssen die Befähigung zum Richteramt haben. Die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident muss ordiniert sein.
- (3) Die Mitglieder nach Absatz 1 Satz 2 werden auf zehn Jahre berufen. Eine erneute Berufung ist zulässig.
- (4) Die Bischöfinnen und Bischöfe sind berechtigt, an den Sitzungen des Landeskirchenamtes mit beratender Stimme teilzunehmen.
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 55). In einer Fußnote wurde vermerkt, die Regelung des Absatzes 3 (Satz 2) sei noch auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen.
Artikel 109: Zusammensetzung
- (1) Dem Kollegium gehören an:
- die Präsidentin bzw. der Präsident des Landeskirchenamtes;
- die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident des Landeskirchenamtes und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident des Landeskirchenamtes;
- die weiteren hauptamtlichen Mitglieder des Kollegiums.
Die Kirchenleitung kann bis zu zwei auf Zeit berufene nebenamtliche Mitglieder bestellen. - (2) Die Präsidentin bzw. der Präsident und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident müssen die Befähigung zum Richteramt haben. Die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident muss ordiniert sein.
- (3) Die Mitglieder nach Absatz 1 Satz 2 werden auf zehn Jahre berufen. Eine erneute Berufung ist zulässig.
- (4) Die Bischöfinnen und Bischöfe sind berechtigt, an den Sitzungen des Landeskirchenamtes mit beratender Stimme teilzunehmen.
(2. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 3/II, Seite 58). In einer Fußnote wurde weiter vermerkt, die Regelung des Absatzes 3 (Satz 2) sei noch auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen.
Zur dritten Lesung findet die Vorschrift ihre endgültige Fassung. Der bisherige Absatz 3 wurde gestrichen; ebenso Absatz 4.
#3. Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung
Die Artikel 102 bis 106 beschreiben das Landeskirchenamt als oberste Verwaltungsbehörde der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland mit Sitz in Kiel und einer Außenstelle in Schwerin. Die Bildung weiterer Außenstellen ist auch ohne ausdrückliche verfassungsrechtliche Normierung möglich. Das Landeskirchenamt führt die Verwaltung der landeskirchlichen Ebene. Die Aufsicht über die Körperschaften der Ebene der Kirchengemeinden ist auf die Rechtsaufsicht und die Wahrung des gesamtkirchlichen Interesses beschränkt. Die Aufsicht über das Landeskirchenamt führt die Kirchenleitung gemäß Artikel 84 Absatz 2.
In Artikel 104 wird die Zusammensetzung des Kollegiums des Landeskirchenamtes geregelt, dessen Mitglieder bisher auf zehn Jahre berufen wurden. Die Rechtmäßigkeit der befristeten Berufung im kirchlichen Bereich ist hinsichtlich der Anwendbarkeit von Entscheidungen zum Bundesbeamtenrecht noch zu prüfen. Unter diesem Vorbehalt haben die Beratungsgremien zunächst die befristete Berufung mit der Möglichkeit der erneuten Berufung nach Ablauf des Berufungszeitraumes in den Verfassungsentwurf aufgenommen.
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 83)
In der Einbringung des Rechtsausschusses zur dritten Lesung wurde ausgeführt:
„Erhebliche Schwierigkeiten hatte der Rechtsausschuss mit Artikel 108. Hier gab es ja noch eine Fußnote, nach der die Rechtmäßigkeit des bisherigen Entwurfes noch einer Überprüfung bedurfte. Ausgelöst worden sind die Bedenken durch eine relativ neue Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu einer landesrechtlichen Norm. Wie so oft, wenn mehrere Juristen den gleichen Fall beurteilen sollen, gab es unterschiedliche Auffassungen. Die große Mehrheit der beteiligten Juristen sah allerdings die Gefahr, dass eine Befristung der Dezernentenstellen gegen Bundesverfassungsrecht verstößt als hoch wahrscheinlich an. Da einerseits eine abschließende Klärung in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich erschien, der Rechtsausschuss aber andererseits auch nicht sehenden Auges eine aller Wahrscheinlichkeit nach verfassungswidrige Norm vorschlagen wollte, hat er nunmehr Formulierungen in Artikel 108 gewählt, die diese Frage offen lassen. In seiner jetzigen Fassung regelt Artikel 108 nur die Zusammensetzung des Kollegiums macht aber zu der Zeitdauer einer Besetzung keine Aussage. Der Rechtsausschuss möchte mit diesem Vorschlag auf Verfassungsebene auf eine Aussage über eine zeitliche Begrenzung der Besetzung der Dezernentenstellen verzichten und dies dem Kirchengesetzgeber überlassen. Damit soll der politische Wille bei einer zeitlichen Begrenzung der Dezernentenstellen zu bleiben keineswegs in Frage gestellt werden.“
#4. Weitere Materialien (insbesondere des Verbandes)
Die Regelung hatte Stand 31. Mai 2010 folgende Fassung:
Artikel 104: Zusammensetzung
- (1) 1 Das Landeskirchenamt ist kollegial verfasst. 2 Dem Kollegium gehören an:
- die Präsidentin bzw. der Präsident des Landeskirchenamtes;
- die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident des Landeskirchenamtes und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident des Landeskirchenamtes;
- die weiteren hauptamtlichen Mitglieder des Kollegiums;
- bis zu zwei von der Kirchenleitung auf Zeit berufene nebenamtliche Mitglieder.
- (2) 1 Die Präsidentin bzw. der Präsident und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident müssen die Befähigung zum Richteramt haben. 2 Die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident muss ordiniert sein.
- (3) Die Bischöfinnen und Bischöfe sind berechtigt, an den Sitzungen des Landeskirchenamtes mit beratender Stimme teilzunehmen.
Die Kirchenleitung und der Oberkirchenrat der ELLM schlugen für Absatz 1 Nummer 4 folgende Fassung vor: „Die Kirchenleitung kann bis zu zwei berufene nebenamtliche Mitglieder bestellen.“
Außerdem sollte ein neuer Absatz 3 eingefügt werden: „Die Mitglieder nach Absatz 1 Satz 1 werden für zehn Jahre gewählt. Wiederwahl ist zulässig.“ Der bisherige Absatz 3 sollte dementsprechend Absatz 4 werden.
Die Steuerungsgruppe beschloss am 3. September 2010 folgende Fassung, wobei die Regelung des Absatzes 3 Satz 2 noch auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden sollte:
- (1) Das Landeskirchenamt ist kollegial verfasst. Dem Kollegium gehören an:
- die Präsidentin bzw. der Präsident des Landeskirchenamtes;
- die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident des Landeskirchenamtes und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident des Landeskirchenamtes;
- die weiteren hauptamtlichen Mitglieder des Kollegiums.
Die Kirchenleitung kann bis zu zwei auf Zeit berufene nebenamtliche Mitglieder bestellen. - (2) Die Präsidentin bzw. der Präsident und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident müssen die Befähigung zum Richteramt haben. Die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident muss ordiniert sein.
- (3) Die Mitglieder nach Absatz 1 Satz 1 werden auf zehn Jahre berufen. Eine erneute Berufung ist zulässig.
- (4) Die Bischöfinnen und Bischöfe sind berechtigt, an den Sitzungen des Landeskirchenamtes mit beratender Stimme teilzunehmen.
Die NEK regte in ihrer Stellungnahme die Streichung des Absatzes 1 Satz 1 an. In Absatz 4 sollten nach dem Wort „Sitzungen“ die Worte „des Kollegiums“ eingefügt werden.
Der Dienstrechtsausschuss erläuterte zu der Problematik der erneuten Berufung am 26. Mai 2011, dass Hintergrund die Frage des „Leitungsamts auf Zeit“ sei. Da es sich bei der Mitgliedschaft im Kollegium nicht um ein Wahlamt handele, sei fraglich, ob eine Befristung mit dem beamtenrechtlichen Lebenszeitprinzip vereinbar sei.
Das Nordelbische Kirchenamt bevorzugte die Überschrift „Kollegium“ für die Regelung und verwies zu Absatz 1 Satz 1 auf die Ausführungen zum damaligen Artikel 105.
Der Rechtsausschuss empfahl, in Absatz 1 Satz 3 das Wort „zwei“ durch „drei“ zu ersetzen. (Der Antrag, der Synode zu empfehlen darauf hinzuwirken, in Artikel 104 Absatz 1 festzuschreiben, dass nur die Landeskirchlichen Beauftragten zu nebenamtlichen Mitgliedern des Kollegiums bestellt werden können, wird mit 4 Gegenstimmen und 1 Enthaltung bei 2 Zustimmungen, abgelehnt.)
Die Kirchenkreise Hamburg-Ost und Hamburg-West/Südholstein wollten die Landeskirchlichen Beauftragten stärken.
In der Sitzung des Rechtsausschusses vom 24. bis 26. Juni 2011 wurde der Antrag auf Streichung der Nummer 4 in Absatz 1 abgelehnt. Nach kurzer Diskussion wurde festgehalten, dass die Genehmigungskompetenz für Geschäftsordnungsfragen beim Landeskirchenamt liegen solle. Der Ausschuss empfahl, Absatz 4 zu streichen.
Nach weiterer inhaltlicher Beratung herrschte Einigkeit darüber, dass das Kollegium in Artikel 105 umfassend beschrieben werden solle und zwar mit Zusammensetzung, Präsidialbestimmung entsprechend dem damaligen Artikel 104 Absatz 2 und Berufungszeitraum, wobei die aktuelle Rechtsprechung des Verfassungsgerichts zur zeitlichen Befristung zu beachten sein könnte. Eine Kirchenverfassung müsse der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechen, das Nordelbische Kirchenamt wurde gebeten, die Regelung des Absatzes 3 (neu) auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Daher wurde nur unter Vorbehalt folgende Fassung empfohlen:
- „Artikel 105: Kollegium
- (1) Dem Kollegium gehören an:
- die Präsidentin bzw. der Präsident des Landeskirchenamtes;
- die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident des Landeskirchenamtes und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident des Landeskirchenamtes;
- die weiteren hauptamtlichen Mitglieder des Kollegiums.
Die Kirchenleitung kann bis zu zwei auf Zeit berufene nebenamtliche Mitglieder bestellen. - (2) Die Präsidentin bzw. der Präsident und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident müssen die Befähigung zum Richteramt haben. Die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident muss ordiniert sein.
- (3) (Die Mitglieder nach Absatz 1 Satz 1 werden auf zehn Jahre berufen. (FN) Eine erneute Berufung ist zulässig.)“.
In der Steuerungsgruppe wurde am 25. und 26. August 2011 beschlossen, die damaligen Artikel 104 und 105 in der Reihenfolge auszutauschen. Der Vorschlag der NEK, in Artikel 104 (alt) die Worte „des Kollegiums“ statt „des Landeskirchenamtes“ einzufügen, wurde mit 3:1:7 Stimmen abgelehnt. Es wurde dafür gestimmt, dass Artikel 105 (alt) Absatz 2 zu Artikel 104 (alt) Absatz 1 Satz 2 und 3 werden solle. Der Antrag des Rechtsausschusses, Artikel 105 (alt) Absatz 4 zu streichen, wurde abgelehnt. Die Frage nach der Befristung von Leitungsämtern sollte erst nach Gründung der Nordkirche ausdiskutiert werden.
In der Sitzung des Rechtsausschusses vom 4. bis 6. November 2011 wurde auf die erforderliche Änderung der Überschrift hingewiesen. Absatz 4 wurde heftig kritisiert, das bischöfliche Amt sei bewusst nicht ins Kollegium integriert worden. Die Streichung dieses Absatzes wurde beschlossen. Zur Rechtmäßigkeitsprüfung wurde mitgeteilt, dass im Laufe des folgenden Jahres geklärt werden sollte, ob und in welchem Maße die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für die ELKN einschlägig sei. Diese Unentschlossenheit und „Entscheidungsverweigerung“ wird heftig kritisiert, da das Grundsatzurteil fast drei Jahre „in der Welt“ sei. Insbesondere könne man „einem Rechtsausschuss nicht zumuten, sehenden Auges eine eventuell verfassungswidrige Formulierung in einen Verfassungsentwurf aufzunehmen“. Nach streitiger Diskussion wurde beschlossen:
- „1. Artikel 108 Verfassung ist neu zu fassen. Absatz 1 Satz 1 bleibt Absatz 1. Der Absatz 1 Satz 2 wird Absatz 2. Absatz 2 wird Absatz 3. Absatz 4 lautet: „(4) die Mitglieder nach Absatz 1 werden auf zehn Jahre berufen. Eine erneute Berufung ist zulässig. (Hier sei noch die Rechtmäßigkeit zu prüfen.)
- 2. Die Beratung und Entscheidung zum neuen Absatz 4, insbesondere zur Rechtmäßigkeitsfrage, wird bis zur nächsten Sitzung zurückgestellt.“
Laut protokollarischem Vermerk aus der Sitzung des Rechtsausschusses vom 23. bis 26. November 2011 wurde aus dem Theologischen Ausschuss berichtet, dass der bischöfliche Wunsch unterstützt werde, Absatz 4 nicht zu streichen. Mehrere wiederholten, dass es berechtigtes Interesse der Bischofspersonen am Zugang zum Kollegium und der Einräumung eines Gaststatus anzuerkennen sei, wenn auch Artikel 108 rechtssystematisch der falsche Ort sei. Die bischöflichen Kräfte sollten sich auf das leitende geistliche Amt konzentrieren können und seien daher von den administrativen Verpflichtungen zu entlasten. Für die Bischöfe im Sprengel könne die Berechtigung zur Teilnahme an Sitzungen des Kollegiums in Artikel 98 Absatz 2 eingefügt werden. Entsprechend der Systematik in den Artikeln 86 ff. könne ein eigener Artikel wie Artikel 92 über die Teilnahmerechte sinnvoll sein, wobei aber die Gefahr bestehe, dass eine Anwesenheitspflicht wie für die Leitung des LKA (Artikel 92 Absatz 3) entstehe. Präsenzpflicht im Kollegium dürfe den Bischöfen auf keinen Fall zugemutet werden. Der Ausschuss beschloss, in Artikel 98 Absatz 2 eine neue Nummer einzufügen: „das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen des Kollegiums des Landeskirchenamtes mit beratender Stimme;“.
Es herrschte des Weiteren Einigkeit darüber, dass die Fußnote bezüglich der Rechtsmäßigkeitsprüfung, die die bisherigen Regelungen enthielten, bis zur dritten Lesung entfallen müsse, die Folgen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts wurden diskutiert. Es wurde die Meinung geäußert, dass Absatz 4 unverändert bleiben könne, weil das Bundesverfassungsgericht die Änderung der Beamtengrundsätze nicht grundsätzlich ausgeschlossen habe. Eine solche Änderung könne aber nur auf Verfassungsebene geschehen. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob die Kirche an staatliches Verfassungsrecht gebunden sei und ob die vom Bundesverfassungsgericht gemeinte Verfassungsebene auch die Kirchenverfassungsebene sei. Die Mehrheit war der Auffassung, dass dies eher nicht der Fall sei, weil die staatlichen Gerichte die kirchlichen Gesetze eher dem Satzungsrecht zuordnen würden. Auf jeden Fall verlange die BVGE für jede Abweichung vom Lebenszeitprinzip bei Leitungsämtern objektive Sachgründe. Es wurde vorgeschlagen zu formulieren: „Mitglieder können auf Zeit berufen werden“ oder die Umsetzung der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung auf die Kirchengesetzgebung letztlich durch die Verabschiedung eines „Kollegiumskirchengesetzes“ zu verschieben. Hiergegen regt sich heftiger Widerspruch, weil dies eine unzulässige Umgehung des Urteils darstelle; die Regelung müsse zwingend in einem Spezialgesetz erfolgen. Auch lasse das Urteil nicht allgemeine Ausnahmen zu, sondern nur und ausschließlich bei echten der Exekutive zuzurechnenden Leitungsämtern wie bei Wahlbeamten oder politische Beamten.
Die Gemeinsame Kirchenleitung habe entschieden und auch von der Verfassunggebenden Synode übernommen, dass das Landeskirchenamt und die Amtsleitung (Kollegium) ausschließlich Verwaltungsbehörde seien und damit keine Leitungsfunktion hätten (Artikel 77). Aus diesem Grund wurde von mehreren die Auffassung geäußert, dass nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine Abweichung von den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gerade nicht zulässig sei. Im Gegensatz dazu seien die geistlichen Leitungsämter unzweifelhaft Wahlämter.
Die geplante Regelung sei verfassungswidrig und könne daher nicht in die Verfassung aufgenommen werden. Auch die Befristung des Theologischen Vizepräsidenten wurde als unzulässig abgelehnt; die Umstellung des Landeskirchenamts auf privatrechtliche Arbeitsverhältnisse fand ebenfalls keine Zustimmung. Es wurde die Meinung geäußert, dass das eigentliche Problem sei, dass das Landeskirchenamt eben doch Teil der kirchlichen Leitung sei.
Die leitende Position der Dezernenten müsse – wie in den meisten EKD-Kirchen – durch eine Gestaltung als Wahlämter der Synode mit Befristungsmöglichkeiten erkennbar werden. Demgegenüber wurde eingewandt, dass es auch bei einer Berufung auf Lebenszeit eine Probezeit gebe, was der Kirchenleitung etwas Sicherheit vor „Fehlgriffen“ gebe.
Der Vorsitzende fasste zusammen, dass die Verfassungswidrigkeit „äußerst naheliegend sei“, weil auch die Kirchenverfassung unter dem Vorbehalt des GG stehe und solange sie Beamte zulasse, sich an Artikel 33 GG halten müsse. Ausnahmen seien, wenn überhaupt, nur im engen Gestaltungsspielraum der Kirchenartikel (Art. 137 WRV) möglich und zulässig. Um konstitutive Kirchenleitung und damit um eine kirchenspezifische Ausgestaltung gehe es hier aber wahrscheinlich nicht. Die Konsequenzen aus der Grundentscheidung der Verfassung sei jetzt konsequent durchzuhalten: das LKA sei kein Leitungsorgan, sondern nur ausführendes Organ der Kirchenleitung („Kirchenleitungs-Kanzlei“). Damit gelte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und zwinge zur Beibehaltung des Lebenszeitprinzips bei der Berufung von Beamten in Beförderungsämtern. Dementsprechend solle die Verfassung so formuliert werden, dass die Frage der Befristung offen bleibe und die Entscheidung späterer Kirchenbeamtengesetzgebung überlassen werde. Eine klare Mehrheit im Ausschuss sprach sich in einer Abstimmung für die Streichung von Absatz 4 aus. Es solle klargestellt werden, dass damit keine Richtungsvorgabe getroffen werde, sondern die Frage durch die Verfassung bewusst offen gelassen werde.
Der Vorsitzende fasste erneut zusammen: Die große Mehrheit habe Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit dieses Teils des Verfassungsentwurfs, die Befürchtung der Verfassungswidrigkeit könne nicht ausgeräumt werden. Da der Ausschuss keine endgültige Entscheidung treffen könne, müsse das Problem offen bleiben. Die Mehrheit votierte dafür, alle Befristungen herauszunehmen.
Schließlich wurde beschlossen, Artikel 108 werde so geändert, dass Absatz 1 unverändert bleibe und in Absatz 2 die Wörter „auf Zeit berufene“ gestrichen werden sollen. Absatz 3 bleibe wiederum unverändert, Absatz 4 solle lauten: „Das Nähere kann durch Kirchengesetz geregelt werden.“
Der Vorschlag des Ausschusses zu Absatz 1 Satz 1 sei von der Verfassunggebenden Synode sei auf der 2. Tagung „zurückgedreht worden“. Die Formulierung wurde als sprachlich misslungen angesehen, solle aus taktischen Gründen aber so bleiben. Auch Nummer 3 wurde kritisiert, als neue Fassung wurde „3. die weiteren von der Kirchenleitung berufenen hauptamtlichen Mitglieder.“ vorgeschlagen. Es folgte eine längere Aussprache zu Absatz 4 zur Teilnahme der Bischofspersonen an den Sitzungen des Kollegiums.
Das Rechtsdezernat wies im Dezember 2011 noch darauf hin, dass in Absatz 1 Nummer 1 und 2 jeweils die Wörter „des Landeskirchenamtes“ zu streichen seien.
Die Gemeinsame Kirchenleitung beschloss in ihrer Sitzung vom 16. und 17. Dezember 2011, die folgende Änderung als Stellungnahme zur 3. Lesung der Verfassung in der Verfassunggebenden Synode vorzulegen:
- Artikel 108: Zusammensetzung des Kollegiums
- (1) Dem Kollegium gehören an:
- die Präsidentin bzw. der Präsident;
- die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident;
- die weiteren von der Kirchenleitung berufenen hauptamtlichen Mitglieder.
- (2) Die Kirchenleitung kann bis zu zwei auf Zeit berufene nebenamtliche Mitglieder bestellen.
- (3) Die Präsidentin bzw. der Präsident und die juristische Vizepräsidentin bzw. der juristische Vizepräsident müssen die Befähigung zum Richteramt haben. Die theologische Vizepräsidentin bzw. der theologische Vizepräsident muss ordiniert sein.
- (4) Die Mitglieder nach Absatz 1 Satz 2 werden auf zehn Jahre berufen. Eine erneute Berufung ist zulässig.
Es sei kirchenpolitischer Wille, die Amtszeit der Mitglieder des Kollegiums auf zehn Jahre zu begrenzen. Dies solle kirchengesetzlich oder – falls dort nicht möglich – zu einem späteren Zeitpunkt in der Verfassung geregelt werden.
#II. Vorgängervorschriften
#1. Verfassung der NEK
Artikel 107 der Verfassung NEK lautete:
- (1) 1 Das Kollegium des Nordelbischen Kirchenamtes besteht aus der Präsidentin bzw. dem Präsidenten und den hauptamtlichen Mitgliedern, die von der Kirchenleitung berufen werden; diese Berufung soll grundsätzlich auf Zeit erfolgen. 2 Die Kirchenleitung kann auf Zeit auch nebenamtliche Mitglieder berufen.
- (2) Die Bischöfinnen und Bischöfe sind berechtigt, an den Sitzungen des Kollegiums mit beratender Stimme teilzunehmen.
Bereits aus Artikel 106 Absatz 1 ergab sich, dass das Nordelbische Kirchenamt seine Beschlüsse als Kollegium fasst.
#2. Entsprechende Normen der ELLM/PEK
§ 19 des Leitungsgesetzes ELLM über die Zusammensetzung des Oberkirchenrates lautete:
- (1) Der Oberkirchenrat besteht aus dem Kollegium und den Mitarbeitern.
- (2) 1 Zum Kollegium gehören der Präsident des Oberkirchenrates und die erforderliche Anzahl von theologischen und auf dem Gebiet der Verwaltung sachkundigen Oberkirchenräten. 2 Der Landesbischof gehört dem Kollegium als Mitglied an, ohne ein Sachgebiet übernehmen zu müssen. 3 Die theologischen Oberkirchenräte sind ordinierte Mitglieder eines kirchenleitenden Organs im Sinne des Pfarrergesetzes. 4 Sie erhalten einen Predigtauftrag in einer Kirchgemeinde.
- (3) Das Kollegium trägt die Verantwortung für den Dienst des Oberkirchenrates.
- (4) 1 Die Anzahl der Mitglieder des Kollegiums wird von der Landessynode festgelegt. 2 Zu ihrer Unterstützung kann die Kirchenleitung außerordentliche Mitglieder mit Stimmrecht für einen bestimmten Zeitraum berufen (§ 22 Absatz 6 b).
- (5) Das Kollegium beschließt im Rahmen des Stellenplanes die Anstellung der für den Dienst des Oberkirchenrates erforderlichen Mitarbeiter.
Für das Konsistorium der PEK galt folgende Regelung des Artikels 143 Kirchenordnung PEK:
- (1) Das Konsistorium besteht aus dem Kollegium und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Konsistoriums.
- (2) 1 Zum Kollegium gehören die Bischöfin oder der Bischof, die Superintendentinnen und Superintendenten sowie weitere, in der Regel theologische und juristische, Mitglieder, die von der Kirchenleitung im Haupt- und Nebenamt berufen werden. 2 Die Berufung erfolgt in der Regel für die Dauer von zehn Jahren. 3 Wiederberufung ist möglich. 4 Das Mitglied kann in begründeten Fällen seinen Rücktritt erklären. 5 Ebenso kann die Kirchenleitung den Rücktritt nahe legen oder erforderlichenfalls die Abberufung beschließen.
- (3) 1 Die Kirchenleitung bestellt aus den Mitgliedern des Kollegiums (mit Ausnahme der Bischöfin oder des Bischofs) in der Regel eine Juristin oder einen Juristen zur Leiterin oder zum Leiter des Konsistoriums. 2 Die Bestellung der Dezernentinnen und Dezernenten bedarf der Bestätigung durch die Synode. 3 Die Vertretung der Leiterin oder des Leiters des Konsistoriums regelt die Geschäftsordnung.
3. Grundsätze zum Fusionsvertrag
IV.6.2.2 Das Landeskirchenamt besteht aus den hauptamtlichen Mitgliedern des Kollegiums sowie weiteren Mitarbeitenden.
#III. Ergänzende Vorschriften
#1. Normen mit Verfassungsrang
Die Mitglieder des Kollegiums werden von der Kirchenleitung berufen (Artikel 87 Absatz 2 Nr. 8).
Die Bischöfinnen und Bischöfe haben das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen des Kollegiums des Landeskirchenamtes mit beratender Stimme (Artikel 98 Absatz 2 Nr. 14; für die Landesbischöfin bzw. den Landesbischof ergibt sich das Recht aus Artikel 97 Absatz 2 Nr. 12).
#2. Einfache Kirchengesetze
§ 13 Absatz 2 des Geschlechtergerechtigkeitsgesetzes (GeschlGerG vom 13. Oktober 2013, KABl. 2013, S. 406, 450) schreibt vor, dass die beauftrage Person für Geschlechtergerechtigkeit der Landeskirche an den Sitzungen des Kollegiums des Landeskirchenamtes mit beratender Stimme teilnimmt.
#3. Untergesetzliche Normen
Das Landeskirchenamt hat sich eine Geschäftsordnung gegeben: Geschäftsordnung des Landeskirchenamts der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Geschäftsordnung Landeskirchenamt – LKAGeschO) vom 21. November 2019 (KABl. S. 570; 2020 S. 68).
§§ 4 ff. LKAGeschO regeln die Zusammensetzung und Arbeitsweise des Kollegiums.
Danach finden die Kollegiumssitzungen als Große Runde, als Kleine Runde und als Personalrunde statt (§ 4 Absatz 1). Die Referentinnen und Referenten, die bzw. der Beauftragte für den Datenschutz der Nordkirche oder ihre bzw. seine Stellvertretung, die oder der Beauftragte für Geschlechtergerechtigkeit der Landeskirche und eine Vertreterin bzw. ein Vertreter der Koordinierungskommission Hamburg sind berechtigt, an den Sitzungen der Großen Runde mit beratender Stimme teilzunehmen (§ 5 Absatz 2). Die Landeskirchlichen Beauftragten sind berechtigt, an den Sitzungen der Großen und der Kleinen Runde mit beratender Stimme teilzunehmen (§ 4 Absatz 4).
#IV. Zusammenhänge und Rechtsvergleich
#1. Verweise auf andere Verfassungsbestimmungen
Die Mitglieder des Kollegiums sind nicht in die Landessynode wählbar, nehmen aber mit beratender Stimme teil (Artikel 81). Nach Artikel 92 Absatz 2 nimmt die Präsidentin bzw. der Präsident und mit beratender Stimme an den Sitzungen der Kirchenleitung teil. Weitere Mitglieder des Kollegiums des Landeskirchenamtes können hinzugezogen werden.
#2. Verweise auf kirchliches Recht (außerhalb der Nordkirche)
Artikel 93 der Grundordnung der EKBO regelt für das Konsistorium:
- (1) 1 Das Konsistorium ist kollegial verfasst. 2 Dem Kollegium gehören die Präsidentin oder der Präsident, die Pröpstin oder der Propst sowie von der Kirchenleitung berufene Mitglieder an. 3 Die Geschäftsordnung des Konsistoriums wird von der Kirchenleitung beschlossen.
- (2) 1 Das Konsistorium wird durch die Präsidentin oder den Präsidenten geleitet. 2 Die Kirchenleitung bestellt für die Dauer der Amtszeit der Präsidentin oder des Präsidenten ein rechtskundiges Mitglied des Kollegiums als Stellvertreterin oder Stellvertreter in der Leitung des Konsistoriums. 3 Der Pröpstin oder dem Propst obliegt die theologische Leitung im Konsistorium.
- (3) 1 Die Präsidentin oder der Präsident und die Pröpstin oder der Propst werden von der Landessynode auf Vorschlag der Kirchenleitung für eine Amtszeit von zehn Jahren gewählt; Wiederwahl ist möglich. 2 Das Präsidentenamt setzt in der Regel die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst voraus; das Propstamt kann nur von einer ordinierten Theologin oder einem ordinierten Theologen wahrgenommen werden. 3 Näheres über ihre dienstrechtlichen Verhältnisse wird kirchengesetzlich geregelt.
- (4) 1 Den Vorsitz im Kollegium führt die Präsidentin oder der Präsident, vertretungsweise die Pröpstin oder der Propst. 2 An den Beratungen des Kollegiums können die ihm nicht angehörenden Mitglieder der Kirchenleitung jederzeit teilnehmen und das Wort ergreifen. 3 Die Bischöfin oder der Bischof kann jederzeit das Wort ergreifen, Anträge stellen und in besonderen Fällen den Vorsitz übernehmen.
Für das Landeskirchenamt der EKM ist in Artikel 64 der Kirchenverfassung folgende Regelung über das Kollegium des Landeskirchenamtes vorgesehen:
- (1) Das Landeskirchenamt wird vom Kollegium unter dem Vorsitz des Präsidenten geleitet.
- (2) 1 Dem Kollegium gehören an
- der Präsident und die Dezernenten des Landeskirchenamtes,
- der Landesbischof.
2 Der Präsident und mindestens ein Dezernent müssen die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst haben. 3 Die Dienstbezeichnungen sind „Präsidentin“ beziehungsweise „Präsident“ und „Oberkirchenrätin“ beziehungsweise „Oberkirchenrat“. - (3) 1 Der Präsident und die Dezernenten werden von der Landessynode für die Dauer von zehn Jahren gewählt. 2 Wiederwahl oder eine einmalige Verlängerung des Dienstes um bis zu fünf Jahre ist möglich. 3 Der Dienst endet mit Erreichen der für Pfarrer beziehungsweise Kirchenbeamte geltenden gesetzlichen Altersgrenze.
- (4) 1 Das Kollegium des Landeskirchenamtes gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Landeskirchenrates bedarf. 2 Die Geschäftsordnung kann die Bildung von Ausschüssen vorsehen.
Die Kirchenverfassung der Landeskirche Hannovers regelt in Artikel 59 Absatz 3:
- „ 1 Die Mitglieder des Landeskirchenamtes entscheiden als Kollegium. 2 Alle Mitglieder haben gleiches Stimmrecht.“