.Erläuterungen
Artikel 107
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Erläuterungen
zu Artikel 107 der Verfassung
Bearbeitungsstand: Juli 2022
####Artikel 107
Organisationsstruktur
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1
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1 Das Landeskirchenamt ist kollegial verfasst. 2 Es wird von der Präsidentin bzw. dem Präsidenten geleitet. 3 Sie bzw. er führt den Vorsitz im Kollegium und sorgt dafür, dass das Landeskirchenamt seine Aufgaben erfüllt.
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Das Landeskirchenamt entscheidet als Kollegium über alle Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, insbesondere über:
- die Vorlagen an die Kirchenleitung;
- den Erlass von Verwaltungsvorschriften;
- Maßnahmen der Aufsicht nach Artikel 106;
- Rechtsbehelfe;
- Angelegenheiten, bei denen die Präsidentin bzw. der Präsident eine Entscheidung durch das Kollegium für erforderlich hält.
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3
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Im Übrigen führen die hauptamtlichen Mitglieder des Kollegiums ihren Aufgabenbereich in eigener Verantwortung.
#Grundinformationen
##I. Textgeschichte
#1. Veränderungen
Die Vorschrift ist seit dem Inkrafttreten unverändert.
#2. Textentwicklung
Der Inhalt der Vorschrift war ursprünglich auf mehrere Artikel aufgeteilt:
In Artikel 104 Absatz 1 Satz 1 der Textfassung für die 1. Tagung der Verfassunggebenden Synode findet sich die Regelung „Das Landeskirchenamt ist kollegial verfasst.“ (Drucksache 5, Seite 55).
Der weitere Inhalt ist in Artikel 105: Organisationsstruktur vorgesehen:
- (1) Das Landeskirchenamt entscheidet als Kollegium über alle Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, insbesondere über:
- die Vorlagen an die Kirchenleitung;
- den Erlass von Verwaltungsvorschriften;
- Maßnahmen der Aufsicht nach Artikel 103;
- Rechtsbehelfe;
- Angelegenheiten, bei denen die Präsidentin bzw. der Präsident eine Entscheidung durch das Kollegium für erforderlich hält.
- (2) Das Landeskirchenamt wird von der Präsidentin bzw. dem Präsidenten geleitet. Sie bzw. er führt den Vorsitz im Kollegium und sorgt dafür, dass das Landeskirchenamt seine Aufgaben erfüllt.
- (3) Im Übrigen führen die hauptamtlichen Mitglieder des Kollegiums ihren Aufgabenbereich in eigener Verantwortung.
- (4) Die Geschäftsordnung des Landeskirchenamtes bedarf der Genehmigung durch die Kirchenleitung.
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 56)
Für die 2. Tagung der Verfassunggebenden Synode entspricht die Vorschrift im damaligen Artikel 108 der heutigen Fassung, lediglich der Verweis in Absatz 2 Nummer 3 bezieht sich zum damaligen Zeitpunkt entsprechend der früheren Nummerierung noch auf Artikel 107.
(2. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 3/II, Seite 58)
#3. Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung
Die Artikel 102 bis 106 beschreiben das Landeskirchenamt als oberste Verwaltungsbehörde der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland mit Sitz in Kiel und einer Außenstelle in Schwerin. Die Bildung weiterer Außenstellen ist auch ohne ausdrückliche verfassungsrechtliche Normierung möglich. Das Landeskirchenamt führt die Verwaltung der landeskirchlichen Ebene. Die Aufsicht über die Körperschaften der Ebene der Kirchengemeinden ist auf die Rechtsaufsicht und die Wahrung des gesamtkirchlichen Interesses beschränkt. Die Aufsicht über das Landeskirchenamt führt die Kirchenleitung gemäß Artikel 84 Absatz 2.
Die weiteren Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung enthalten keine gesonderten Ausführungen zu Artikel 105; die Erläuterungen zu Artikel 104 beziehen sich lediglich auf die Zusammensetzung des Kollegiums, was nun in Artikel 108 der Verfassung behandelt wird.
#4. Weitere Materialien (insbesondere des Verbandes)
Die Vorschrift des damaligen Artikels 105 („Organisationsstruktur“) hatte mit Stand 31. Mai 2010 folgende Fassung:
- (1) Das Landeskirchenamt entscheidet als Kollegium über alle Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, insbesondere über:
- die Vorlagen an die Kirchenleitung;
- den Erlass von Verwaltungsvorschriften;
- Maßnahmen der Aufsicht nach Artikel 103;
- Rechtsbehelfe;
- Angelegenheiten, bei denen die Präsidentin bzw. der Präsident eine Entscheidung durch das Kollegium für erforderlich hält.
- (2) Das Landeskirchenamt wird von der Präsidentin bzw. dem Präsidenten geleitet. Sie bzw. er führt den Vorsitz im Kollegium und sorgt dafür, dass das Landeskirchenamt seine Aufgaben erfüllt.
- (3) Im Übrigen führen die hauptamtlichen Mitglieder des Kollegiums ihren Aufgabenbereich in eigener Verantwortung.
- (4) Die Geschäftsordnung des Landeskirchenamtes bedarf der Genehmigung durch die Kirchenleitung.
Das NKA sprach sich dafür aus, die Absätze 1 und 2 in ihrer Reihenfolge zu tauschen. Der neue Absatz 1 sollte mit dem Satz beginnen: „Das Landeskirchenamt ist kollegial verfasst.“
In der Sitzung des Rechtsausschusses vom 24. bis zum 26. Juni 2011 wurde einstimmig beschlossen, den damaligen Artikel 104 Absatz 4 als redundant zu streichen. Hinsichtlich des Absatzes 1 Satz 2 gab es bezüglich der Beschränkung und der Festlegung der Anzahl nebenamtlicher Mitglieder eine längere Diskussion, ebenso wurde die Kollegialstruktur des Landeskirchenamts ausführlich besprochen. Diesbezüglich herrschte Einigkeit, wohingegen die der Umfang und die Intensität des „präsidialen Elements“ im Rahmen der Leitung des Landeskirchenamts streitig blieben. Es herrschte jedoch Übereinstimmung darüber, dass die Kompetenzen des Kollegiums in der Verfassung verankert werden sollten. Die Bearbeitung des Artikels durch den Rechtsausschuss entsprach der letztlich beschlossenen Fassung, mit Ausnahme des Verweises in Absatz 2 Nummer 3.
Die Steuerungsgruppe entschied am 25. und 26. August 2011 einstimmig, die damaligen Artikel 104 und 105 hinsichtlich ihrer Stellung zu tauschen. Abgelehnt wurde der Vorschlag der NEK, in dem alten Artikel 104 die Worte „des Kollegiums“ statt der Worte „des Landeskirchenamts“ einzufügen. Absatz 2 des alten Artikels 105 wurde zu Artikel 104 Absatz 1 Satz 2 und 3. Ein Antrag auf Streichung des Absatzes 4 des alten Artikels 105 wurde abgelehnt (Protokoll nicht genehmigt). Noch offen blieb die Frage nach der Befristung von Leistungsämtern.
Die Gemeinsame Kirchenleitung beschloss diese Fassung am 16./17. September 2011.
#II. Vorgängervorschriften
#1. Verfassung der NEK
Artikel 106 der Verfassung NEK lautete:
- (1) Das Nordelbische Kirchenamt beschließt als Kollegium insbesondere über
- Vorlagen an die Kirchenleitung,
- Erlass von Verwaltungsvorschriften,
- Maßnahmen der Aufsicht nach Artikel 104,
- Entscheidungen über Rechtsbehelfe,
- Anerkennung selbstständiger kirchlicher Stiftungen.
- (2) Soweit nicht das Kollegium zuständig ist, führen seine Mitglieder ihren Geschäftsbereich in eigener Verantwortung.
- (3) 1 Gegen Entscheidungen nach Absatz 2 kann Widerspruch eingelegt werden. 2 Wird dem Widerspruch nicht abgeholfen, entscheidet das Kollegium.
2. Entsprechende Normen der ELLM/PEK
Das Leitungsgesetz der ELLM setzt die Struktur des Oberkirchenrats in § 19 voraus: Zusammensetzung des Oberkirchenrates
- (1) Der Oberkirchenrat besteht aus dem Kollegium und den Mitarbeitern.
- (2) 1 Zum Kollegium gehören der Präsident des Oberkirchenrates und die erforderliche Anzahl von theologischen und auf dem Gebiet der Verwaltung sachkundigen Oberkirchenräten. 2 Der Landesbischof gehört dem Kollegium als Mitglied an, ohne ein Sachgebiet übernehmen zu müssen. 3 Die theologischen Oberkirchenräte sind ordinierte Mitglieder eines kirchenleitenden Organs im Sinne des Pfarrergesetzes. 4 Sie erhalten einen Predigtauftrag in einer Kirchgemeinde.
- (3) Das Kollegium trägt die Verantwortung für den Dienst des Oberkirchenrates.
- (4) 1 Die Anzahl der Mitglieder des Kollegiums wird von der Landessynode festgelegt. 2 Zu ihrer Unterstützung kann die Kirchenleitung außerordentliche Mitglieder mit Stimmrecht für einen bestimmten Zeitraum berufen (§ 22 Absatz 6 b).
- (5) Das Kollegium beschließt im Rahmen des Stellenplanes die Anstellung der für den Dienst des Oberkirchenrates erforderlichen Mitarbeiter.
Artikel 143 der Kirchenordnung PEK lautete:
- (1) Das Konsistorium besteht aus dem Kollegium und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Konsistoriums.
- (2) 1 Zum Kollegium gehören die Bischöfin oder der Bischof, die Superintendentinnen und Superintendenten sowie weitere, in der Regel theologische und juristische, Mitglieder, die von der Kirchenleitung im Haupt- und Nebenamt berufen werden. 2 Die Berufung erfolgt in der Regel für die Dauer von zehn Jahren. 3 Wiederberufung ist möglich. 4 Das Mitglied kann in begründeten Fällen seinen Rücktritt erklären. 5 Ebenso kann die Kirchenleitung den Rücktritt nahe legen oder erforderlichenfalls die Abberufung beschließen.
- (3) 1 Die Kirchenleitung bestellt aus den Mitgliedern des Kollegiums (mit Ausnahme der Bischöfin oder des Bischofs) in der Regel eine Juristin oder einen Juristen zur Leiterin oder zum Leiter des Konsistoriums. 2 Die Bestellung der Dezernentinnen und Dezernenten bedarf der Bestätigung durch die Synode. 3 Die Vertretung der Leiterin oder des Leiters des Konsistoriums regelt die Geschäftsordnung.
3. Grundsätze zum Fusionsvertrag
IV.6.2.1 Das Landeskirchenamt ist die nach dem Kollegialprinzip mit Elementen des Präsidial- und des Ressortprinzips strukturierte oberste Verwaltungsbehörde der gemeinsamen Kirche.
IV.6.2.2 Das Landeskirchenamt besteht aus den hauptamtlichen Mitgliedern des Kollegiums sowie weiteren Mitarbeitenden.
#III. Ergänzende Vorschriften
#1. Normen mit Verfassungsrang
Teil 1 § 38 des Einführungsgesetzes regelt Organisationsstruktur und Überleitung des Landeskirchenamts:
- (1) 1 Die Gemeinsame Kirchenleitung entscheidet über die erste Organisationsstruktur des Landeskirchenamtes und die Überleitung der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verfassung amtierenden Mitglieder der Kollegien des Oberkirchenrates der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs, des Kirchenamtes der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche und des Konsistoriums der Pommerschen Evangelischen Kirche durch Beschluss. 2 Darüber hinaus kann die Gemeinsame Kirchenleitung durch Beschluss über die Berufung von hauptamtlichen Mitgliedern des Kollegiums des Landeskirchenamtes entscheiden.
- (2) Beschlüsse der Gemeinsamen Kirchenleitung nach Absatz 1 werden mit Inkrafttreten der Verfassung wirksam.
Nach Artikel 105 Absatz 1 führt das Landeskirchenamt im Rahmen des geltenden Rechtes und der von der Kirchenleitung aufgestellten Grundsätze in eigener Verantwortung die Verwaltung aller Angelegenheiten der Landeskirche. Die Aufsicht führt die Kirchenleitung (Artikel 86 Absatz 2 Nr. 9).
#2. Untergesetzliche Normen
In Abschnitt 3 der Geschäftsordnung des Landeskirchenamts der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Geschäftsordnung Landeskirchenamt – LKAGeschO) vom 21. November 2019, KABl. 2019 S. 570; 2020 S. 68) finden sich genaue Regelungen über die Organisationsstruktur des Landeskirchenamts (§§ 14 ff. LKAGeschO).
#IV. Zusammenhänge und Rechtsvergleich
#1. Verweise auf andere Verfassungsbestimmungen
Nach Artikel 109 kann die Präsidentin bzw. der Präsident einen Beschluss des Kollegiums oder eines hauptamtlichen Mitgliedes des Kollegiums beanstanden (Absatz 1). Die Kirchenleitung kann Beschlüsse des Landeskirchenamtes beanstanden (Absatz 2). Die Beanstandung hat jeweils aufschiebende Wirkung.
#2. Verweise auf kirchliches Recht (außerhalb der Nordkirche)
Die Grundordnung der EKBO regelt in Artikel 93 Kollegium und Leitung des Konsistoriums:
- (1) 1 Das Konsistorium ist kollegial verfasst. 2 Dem Kollegium gehören die Präsidentin oder der Präsident, die Pröpstin oder der Propst sowie von der Kirchenleitung berufene Mitglieder an. 3 Die Geschäftsordnung des Konsistoriums wird von der Kirchenleitung beschlossen.
- (2) 1 Das Konsistorium wird durch die Präsidentin oder den Präsidenten geleitet. 2 Die Kirchenleitung bestellt für die Dauer der Amtszeit der Präsidentin oder des Präsidenten ein rechtskundiges Mitglied des Kollegiums als Stellvertreterin oder Stellvertreter in der Leitung des Konsistoriums. 3 Der Pröpstin oder dem Propst obliegt die theologische Leitung im Konsistorium.
- (3) 1 Die Präsidentin oder der Präsident und die Pröpstin oder der Propst werden von der Landessynode auf Vorschlag der Kirchenleitung für eine Amtszeit von zehn Jahren gewählt; Wiederwahl ist möglich. 2 Das Amt der Präsidentin oder des Präsidenten setzt in der Regel die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst voraus; das Amt der Pröpstin oder des Propstes kann nur von einer ordinierten Theologin oder einem ordinierten Theologen wahrgenommen werden. 3 Näheres über ihre dienstrechtlichen Verhältnisse wird kirchengesetzlich geregelt.
- (4) 1 Den Vorsitz im Kollegium führt die Präsidentin oder der Präsident, vertretungsweise die Pröpstin oder der Propst. 2 An den Beratungen des Kollegiums können die ihm nicht angehörenden Mitglieder der Kirchenleitung jederzeit teilnehmen und das Wort ergreifen. 3 Die Bischöfin oder der Bischof kann jederzeit das Wort ergreifen, Anträge stellen und in besonderen Fällen den Vorsitz übernehmen.
Artikel 64 der Kirchenverfassung der EKM enthält folgende Regelung bezüglich des „Kollegiums des Landeskirchenamtes“:
- (1) Das Landeskirchenamt wird vom Kollegium unter dem Vorsitz des Präsidenten geleitet.
- (2) 1 Dem Kollegium gehören an
- der Präsident und die Dezernenten des Landeskirchenamtes,
- der Landesbischof.
2 Der Präsident und mindestens ein Dezernent müssen die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst haben. 3 Die Dienstbezeichnungen sind „Präsidentin“ beziehungsweise „Präsident“ und „Oberkirchenrätin“ beziehungsweise „Oberkirchenrat“. - (3) 1 Der Präsident und die Dezernenten werden von der Landessynode für die Dauer von zehn Jahren gewählt. 2 Wiederwahl oder eine einmalige Verlängerung des Dienstes um bis zu fünf Jahre ist möglich. 3 Der Dienst endet mit Erreichen der für Pfarrer beziehungsweise Kirchenbeamte geltenden gesetzlichen Altersgrenze.
- (4) 1 Das Kollegium des Landeskirchenamtes gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Landeskirchenrates bedarf. 2 Die Geschäftsordnung kann die Bildung von Ausschüssen vorsehen.
Die Kirchenverfassung der Landeskirche Hannovers regelt in Artikel 59 Absatz 3 (Zusammensetzung des Landeskirchenamtes):
- „ 1 Die Mitglieder des Landeskirchenamtes entscheiden als Kollegium. 2 Alle Mitglieder haben gleiches Stimmrecht.“