.Erläuterungen
Artikel 37
Erläuterungen
zu Artikel 37 der Verfassung
Bearbeitungsstand: Juli 2023
####Artikel 37
Aufgabendelegation
1 Kirchengemeinden können durch Vertrag vereinbaren, dass eine der beteiligten Kirchengemeinden einzelne Aufgaben der Übrigen übernimmt. 2 Das Recht und die Pflicht zur Erfüllung dieser Aufgaben gehen auf die übernehmende Kirchengemeinde über. 3 Artikel 36 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
#Grundinformationen
##I. Textgeschichte
#1. Veränderungen
Die Vorschrift ist seit dem Inkrafttreten unverändert.
#2. Textentwicklung
Bereits im Entwurf der Verfassung für die 1. Tagung der Verfassunggebenden Synode war die Vorschrift in ihrer aktuellen Fassung enthalten – aufgrund der ursprünglichen Nummerierung als Artikel 36 (Drucksache 5, Seite 21) mit dem entsprechenden Verweis auf Artikel 35 Satz 2 und 3. Im Entwurf für die 2. Tagung der Verfassunggebenden Synode verschob sich die Nummerierung auf Artikel 38, so dass der Verweis sich auf Artikel 37 Satz 2 und 3 bezog (Drucksache 3/II, Seite 27).
#3. Erläuterungen zum Entwurf der Verfassung
„Zur Erfüllung ihrer Aufgaben werden den Kirchengemeinden in den Artikeln 35 bis 39 verschiedene Formen der Zusammenarbeit auf der kirchengemeindlichen Ebene verfassungsrechtlich eröffnet, die von einer Vereinbarung der gemeinsamen Erfüllung einzelner Aufgaben bis zum vorgegebenen Zusammenschluss von Kirchengemeinden in Regionalverbänden reichen. Ausführlich beraten wurde die Ausgestaltung eines in der Kirchenkreissatzung geregelten Zusammenschlusses von Kirchengemeinden zur gemeinschaftlichen Erfüllung des kirchlichen Auftrages, der aus den guten Erfahrungen in den mecklenburgischen Propsteien entwickelt wurde. Die Regionalverbände sind, wie in der Gliederung der Verfassung erkennbar, auf der Ebene der Kirchengemeinden angesiedelt. Sie bilden also ausdrücklich keine „vierte Ebene“. Die Regionalversammlung beschließt über die Wahrnehmung kirchengemeindlicher Aufgaben und deren Finanzierung. Die Mindestumlage darf nicht mehr als 10 Prozent der Allgemeinen Gemeindezuweisung gemäß § 11 Absatz 1 Nummer 1 des Finanzgesetzes (Teil 5 des Einführungsgesetzes) betragen. In der Fortsetzung der Zusammenarbeitsform in der mecklenburgischen Propstei versammeln sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verkündigungsdienst im Regionalkonvent, der auch der gemeinsamen theologischen Arbeit dient. Sofern im Kirchenkreis keine Regionalverbände gebildet werden, können die Kirchengemeinden sich zu Kirchengemeindeverbänden zusammenschließen.“
(1. Tagung der Verfassunggebenden Synode, Drucksache 5, Seite 78)
#4. Weitere Materialien (insbesondere des Verbandes)
Der ursprüngliche Entwurf der Vorschrift im Mai 2010 sah folgende Fassung vor:
- „Kirchengemeinden können durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbaren, dass eine der beteiligten Kirchengemeinden Aufgaben der übrigen Beteiligten übernimmt. Das Recht und die Pflicht zur Erfüllung dieser Aufgaben gehen auf die übernehmende Kirchengemeinde über. Im Vertrag sind Regelungen über die Vertragsaufhebung vorzusehen.“
Satz 3 wurde in den Verweis auf die vorangehende Vorschrift geändert. Aufgrund des Votums der Kirchenleitung und des Oberkirchenrates der ELLM vom 8. Juli 2010 wurde das Wort „einzelne“ vor „Aufgaben“ eingefügt.
Die Fassung vom 3. September 2010 in einem Beschluss der Steuerungsgruppe enthielt nicht mehr die Formulierung „öffentlich-rechtlichen“ vor dem Wort „Vertrag“.
Im Rechtsausschuss wurde die Vorschrift am 6. Mai 2011 ausführlich diskutiert, darunter der Begriff der „übrigen“ sowie die Frage, ob alle Aufgaben delegierbar seien, was verneint wurde – es gebe Kernaufgaben, die nicht auf eine andere Kirchengemeinde übertragbar seien. Der Ausschuss empfahl folgende Formulierung: „Kirchengemeinden können durch Vertrag anderen beteiligten Kirchengemeinden einzelne Aufgaben übertragen. Das Recht und die Pflicht zur Erfüllung dieser Aufgaben gehen auf die übernehmende Kirchengemeinde über. Artikel 35 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.“
An der endgültigen Fassung wurden im Rechtsausschuss in der Sitzung vom 4. bis 6. November 2011 sprachliche Mängel kritisiert, insbesondere die Formulierung „durch Vertrag vereinbaren“. Über den Inhalt hingegen herrschte Einigkeit.
#II. Vorgängervorschriften
#1. Verfassung der NEK
In Artikel 57 der Verfassung NEK fand sich die Vorgängervorschrift zum heutigen Artikel 37:
#- 1 Kirchengemeinden und Kirchenkreise können durch Vertrag vereinbaren, dass eine der beteiligten Körperschaften Aufgaben der übrigen Beteiligten übernimmt. 2 Das Recht und die Pflicht zur Erfüllung dieser Aufgaben gehen auf die übernehmende Körperschaft über. 3 Im Vertrag sind Regelungen über die Vertragsaufhebung vorzusehen.
2. Entsprechende Normen der ELLM/PEK
§ 2 Absatz 3 Satz 4 Kirchgemeindeordnung ELLM enthielt eine allgemein gefasste Regelung: „Kirchgemeinden können einzelne Aufgaben übergemeindlich wahrnehmen oder wahrnehmen lassen.“
In der Kirchenordnung der PEK war eine Aufgabendelegation – im Gegensatz zu Aufgabengemeinschaften in Artikel 77 – nicht vorgesehen. Allerdings konnten Aufgaben der einzelnen Kirchengemeinde dem gemeinsamen Organ übertragen werden.
#3. Grundsätze zum Fusionsvertrag
Die Grundsätze bestimmen im Abschnitt „II.3 Zuschnitt und Zusammenarbeit“:
II.3.2 Regionale Zusammenschlüsse von Kirchengemeinden bilden Gestaltungsräume für das kirchengemeindliche Leben und stärken die Gemeinschaft der Mitarbeitenden.
II.3.3 Die Kirchenkreise können Regelungen für eine verbindliche Zusammenarbeit von Kirchengemeinden in regionalen Zusammenschlüssen treffen.
#III. Ergänzende Vorschriften
#Normen mit Verfassungsrang
§ 70 der Kirchengemeindeordnung gibt die Regelung des Artikels 37 wieder und verweist auf die vorangehende Vorschrift (§ 69), welche wortgleich mit Artikel 36 die Aufgabengemeinschaften regelt. In § 68 Absatz 2 wird die Aufgabendelegation ausdrücklich als verbindliche Form der Zusammenarbeit von Kirchengemeinden genannt.
#IV. Zusammenhänge und Rechtsvergleich
#1. Verweise auf andere Verfassungsbestimmungen
Für den Vertrag über die Aufgabendelegation gelten die Vorschriften des Artikels 36 über die Aufgabengemeinschaft entsprechend. Artikel 37 ist zudem im Zusammenhang mit den weiteren möglichen Formen der gemeindlichen Zusammenarbeit in den Artikeln 38-40 zu sehen.
Gemäß Artikel 72 gilt für die gemeinschaftliche Wahrnehmung von Aufgaben durch Kirchenkreise Artikel 37 Satz 1 und 2 entsprechend (ebenso Artikel 36 Satz 1 für die Übernahme von Aufgaben).
#2. Verweise auf kirchliches Recht (außerhalb der Nordkirche)
In der Grundordnung der EKBO, und den Kirchenverfassungen EKM und Hannover ist die Möglichkeit der Zusammenarbeit der Kirchengemeinden jeweils nur allgemein geregelt.
Artikel 23 Absatz 4 der Kirchenverfassung Hannover bestimmt aber:
#- (4) Im Rahmen einer regionalen Zusammenarbeit kann die Wahrnehmung der Aufgaben des Kirchenvorstandes aufgrund eines Kirchengesetzes ganz oder teilweise auf das Vertretungsorgan einer anderen kirchlichen Körperschaft übertragen werden.
3. Verweise auf staatliches Recht
Nach § 19 des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit können Gemeinden in Schleswig-Holstein durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbaren, dass einer der Beteiligten einzelne oder mehrere zusammenhängende Aufgaben der übrigen Beteiligten ganz oder teilweise übernimmt. Das Recht und die Pflicht der übrigen Beteiligten zur Erfüllung der Aufgaben geht auf den übernehmenden Beteiligten über.
Die Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern regelt die öffentlich-rechtliche Vereinbarung in § 165.