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Rechtsverordnung
über die Notfallseelsorge
in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland
(Notfallseelsorgeverordnung - NfSVO)

Vom 1. Februar 2021

(KABl. S. 93)

Aufgrund des § 7a Absatz 2 Satz 2 des Pfarrdienstergänzungsgesetzes vom 31. März 2014 (KABl. S. 219), das zuletzt durch Artikel 1 des Kirchengesetzes vom 12. November 2020 (KABl. S. 370) geändert worden ist, verordnet die Kirchenleitung:
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§ 1
Geltungsbereich

Diese Rechtsverordnung regelt den Dienst der Pastorinnen und Pastoren in der Notfallseelsorge.
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§ 2
Grundsätzliches

( 1 ) Seelsorge ist Bestanteil des Dienstes, der Pastorinnen und Pastoren durch die Ordination übertragen wird. Zum Seelsorgeauftrag gehört, Menschen in Notfällen und Krisensituationen beizustehen und zu begleiten. Notfallseelsorge ist eine besondere Form der Seelsorge.
( 2 ) Die Organisation der Notfallseelsorge soll sicherstellen, dass in Notfallsituationen die Seelsorge für die Betroffenen verlässlich erreichbar ist. Sie ist eingebunden in die öffentlichen Alarmierungssysteme.
( 3 ) Die Notfallseelsorge arbeitet mit anderen kirchlichen und staatlichen Behörden und Organisationen in der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) zusammen.
( 4 ) Die Notfallseelsorge ist unter den Rahmenbedingungen der Alarmierungs- und PSNV-Systeme im jeweiligen Land umzusetzen.
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§ 3
Notfallseelsorge im häuslichen Bereich und im öffentlichen Raum

( 1 ) Es wird zwischen Einsätzen im häuslichen Bereich und Einsätzen im öffentlichen Raum unterschieden. Einsätze im häuslichen Bereich erfolgen in der Regel in Privatwohnungen aufgrund von Ereignissen mit Todesfolge. Einsätze im öffentlichen Raum erfolgen in der Regel aufgrund von Ereignissen außerhalb von Privatwohnungen und mit inhomogenen Gruppen von Betroffenen.
( 2 ) Für die Einsätze im häuslichen Bereich sind Pastorinnen und Pastoren durch ihre allgemeine Ausbildung zur Seelsorge grundsätzlich befähigt. Zur Vertiefung werden Notfallseelsorgefortbildungen (Modul I) angeboten.
( 3 ) Einsätze im öffentlichen Raum erfordern eine spezielle Notfallseelsorgefortbildung (Modul II) und eine Beauftragung durch die bzw. den mit der Dienstaufsicht Beauftragten.
( 4 ) Alle Einsätze in der Notfallseelsorge sollen durch die in ihr tätigen Pastorinnen und Pastoren in einem einheitlichen Protokoll dokumentiert werden.
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§ 4
Rufbereitschaft und Stellvertretung

( 1 ) Die Alarmierung zum Einsatz im häuslichen Bereich soll grundsätzlich durch die in der Notfallseelsorge organisierte Rufbereitschaft an die jeweils örtliche zuständige Pastorin bzw. den jeweils örtlich zuständigen Pastor weitergegeben werden. § 9 Absatz 1 bleibt unberührt.
( 2 ) Im Fall der Verhinderung oder Nichterreichbarkeit der örtlich zuständigen Pastorin bzw. des örtlich zuständigen Pastors wird zur Gewährleistung der Verlässlichkeit stellvertretend die in der Notfallseelsorge organisierte Rufbereitschaft tätig. § 9 Absatz 1 bleibt unberührt.
( 3 ) Die Rufbereitschaft wird grundsätzlich von allen Pastorinnen und Pastoren im jeweiligen Kirchenkreis im regelmäßigen Wechsel untereinander und unter Berücksichtigung von Teildienstverhältnissen wahrgenommen. § 9 Absatz 1 bleibt unberührt.
( 4 ) Eine Befreiung kann auf Antrag der Pastorin bzw. des Pastors aus dienstlichen oder persönlichen Gründen erfolgen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie bzw. er
  1. aus dienstlichen Gründen an der Ausübung der Rufbereitschaft gehindert ist,
  2. alleinerziehend ist und mindestens ein Kind unter zwölf Jahren betreut,
  3. pflegebedürftige oder an einer Erkrankung nach § 3 Absatz 6 Satz 1 des Pflegezeitgesetzes vom 28. Mai 2008 (BGBl. I S. 874, 896), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3299), geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung leidende sonstige Angehörige betreut oder pflegt,
  4. aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, die Rufbereitschaft auszuüben,
  5. aufgrund einer persönlichen Härte nicht in der Lage ist, die Rufbereitschaft auszuüben oder
  6. schwerbehindert oder schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist.
Der Befreiungsgrund nach Satz 2 Nummer 4 ist durch ein ärztliches Attest und der Befreiungsgrund nach Satz 2 Nummer 6 ist durch Vorlage des Schwerbehindertenausweises oder des Gleichstellungsbescheids nachzuweisen. Im Fall der Befreiung von der Rufbereitschaft soll die Pastorin bzw. der Pastor Vertretungsdienste für die in der Rufbereitschaft Tätigen übernehmen. § 9 Absatz 1 bleibt unberührt.
( 5 ) Die Pastorin bzw. der Pastor kann für die Zeit der Rufbereitschaft eine Vertretung in ihren bzw. seinen Aufgaben vor Ort vereinbaren.
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§ 5
Entlastung

( 1 ) Die Verpflichtung zur Rufbereitschaft gemäß § 4 Absatz 3 soll für eine Pastorin bzw. einen Pastor höchstens zwei Wochen im Jahr umfassen. Die Bereitschaft von Pastorinnen und Pastoren zur Übernahme der Rufbereitschaft von mehr als zwei Wochen im Jahr bleibt davon unberührt.
( 2 ) Zur Entlastung der Pastorinnen und Pastoren sorgen die Kirchenkreis-Beauftragten für Notfallseelsorge für
  1. eine gleichmäßige regionale und zeitliche Verteilung der Rufbereitschaft gemäß Absatz 1 sowie
  2. die Gewinnung von zur Seelsorge qualifizierten Haupt- und Ehrenamtlichen, die zur Übernahme der Rufbereitschaft bereit sind.
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§ 6
Schutz und Fürsorge

( 1 ) Die in der Notfallseelsorge tätigen Pastorinnen bzw. Pastoren stehen unter dem besonderen Schutz und der besonderen Fürsorge der Landeskirche. Dazu gehören notwendige Maßnahmen zur psychosozialen Nachsorge, Entlastung nach belastenden Einsätzen, Fortbildung und Supervision.
( 2 ) Die Landeskirche sorgt für die Durchführung der Notfallseelsorgefortbildungen. Den in der Notfallseelsorge tätigen Pastorinnen und Pastoren wird die Wahrnehmung der angebotenen Notfallseelsorgefortbildungen empfohlen.
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§ 7
Beauftragte

( 1 ) Für jedes Land wird eine Landeskirchliche Beauftragte bzw. ein Landeskirchlicher Beauftragter für Notfallseelsorge berufen. Die bzw. der Landeskirchliche Beauftragte für Notfallseelsorge hat insbesondere folgende Aufgaben: Sie bzw. er
  1. ist für den Dienst der Notfallseelsorge in ihrem bzw. seinen Zuständigkeitsbereich verantwortlich und vertritt diesen gegenüber kirchlichen und öffentlichen Stellen,
  2. unterstützt alle in der Notfallseelsorge tätigen Pastorinnen und Pastoren und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und wirbt für die Mitarbeit in der Notfallseelsorge,
  3. hält Kontakt zu den Leitstellen und Einsatzkräften von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdiensten,
  4. arbeitet eng mit den Kirchenkreis-Beauftragten für Notfallseelsorge zusammen,
  5. organisiert die Notfallseelsorgefortbildungen,
  6. arbeitet in Einsätzen der Notfallseelsorge mit sowie
  7. nimmt an den Sitzungen der Konferenz der Evangelischen Notfallseelsorge in der Evangelischen Kirche in Deutschland teil.
( 2 ) In den Kirchenkreisen werden in der Regel Kirchenkreis-Beauftragte für Notfallseelsorge durch die Pröpstin bzw. den Propst in Abstimmung mit der bzw. dem Landeskirchlichen Beauftragten für Notfallseelsorge beauftragt. Es können auch mehrere Kirchenkreise gemeinsam eine Beauftragte bzw. einen Beauftragten bestellen. Die Kirchenkreis-Beauftragten für Notfallseelsorge haben insbesondere folgende Aufgaben: Sie
  1. organisieren insbesondere die Rufbereitschaft,
  2. sammeln und verwahren die Protokolle über die Notfallseelsorgeeinsätze,
  3. halten regelmäßig Kontakt zu den Leitstellen und örtlichen Dienststellen der Feuerwehr und der Rettungsdienste sowie
  4. nehmen am Konvent der Kirchenkreis-Beauftragten für Notfallseelsorge teil.
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§ 8
Kosten

Die Erstattung der Kosten für die Notfallseelsorgefortbildungen richtet sich nach dem in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland jeweils geltenden Fortbildungsrecht.
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§ 9
Ergänzende Regelungen für das Land Mecklenburg-Vorpommern

( 1 ) Im Land Mecklenburg-Vorpommern gilt abweichend von § 4 Absatz 1 bis 4 Folgendes:
  1. Die Alarmierung der örtlich zuständigen Pastorin bzw. des örtlich zuständigen Pastors für Einsätze im häuslichen Bereich erfolgt durch die jeweils zuständige Teamkoordination in der PSNV,
  2. ist die örtlich zuständige Pastorin bzw. der örtlich zuständige Pastor verhindert, wird der Einsatz durch die bestehenden, jeweils zuständigen PSNV-Teams wahrgenommen.
( 2 ) Für Einsätze im öffentlichen Bereich ist die Teilnahme an der „Ausbildung für Notfallbegleitung“ der Landeszentralstelle PSNV Mecklenburg-Vorpommern oder die Teilnahme am Modul II Voraussetzung.
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§ 10
Inkrafttreten

Diese Rechtsverordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.1#

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1 ↑ Red. Anm.: Die Rechtsverordnung trat am 1. März 2021 in Kraft.