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Rechtsverordnung
über die Nachqualifizierung
zum Amt und Dienst der Pastorinnen und Pastoren
in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Pfarrdienstnachqualifizierungsverordnung – PfDNQVO)

Vom 10. Februar 2021

(KABl. S. 95)

Aufgrund des § 3 Absatz 2, des § 4 Absatz 3, des § 5 Absatz 3 und des § 6 Absatz 5 der Pfarrdienstnachqualifizierungsgesetzesvertretendeverordnung vom 5. Januar 2021 (KABl. S. 3) verordnet die Kirchenleitung:
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Teil 1
Aufnahme in das Vikariat

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§ 1
Bewerbung zur Aufnahme in das Vikariat

( 1 ) Die Bewerbung zur Aufnahme in das Vikariat zum 1. März eines Jahres erfolgt auf Antrag bis zum Ablauf des 31. Mai des Vorjahres beim Landeskirchenamt. Die Bewerbungsfrist ist eine Ausschlussfrist.
( 2 ) Mit der Bewerbung sind die universitäre Zulassung zum wissenschaftlich-theologischem Studium und die in § 4 Absatz 2 Nummer 1 bis 5 und 8 Pfarrdienstnachqualifizierungsgesetzesvertretendeverordnung vom 5. Januar 2021 (KABl. S. 3) in der jeweils geltenden Fassung genannten Voraussetzungen nachzuweisen. Die in § 4 Absatz 2 Nummer 6 und 7 Pfarrdienstnachqualifizierungsgesetzesvertretendeverordnung genannten Voraussetzungen sind sechs Wochen vor Beginn des Vikariats nachzuweisen.
( 3 ) Eine pröpstliche oder vergleichbare Empfehlung gemäß § 4 Absatz 2 Nummer 5 Pfarrdienstnachqualifizierungsgesetzesvertretendeverordnung soll insbesondere Aussagen über eine teamorientierte Arbeitsweise, eine Fähigkeit zur Selbstreflexion und zur Kommunikationsfähigkeit enthalten. Weiterhin können Kompetenzen im pädagogischen Bereich, in der Seelsorge und in der Mitgestaltung von Gottesdiensten oder Andachten berücksichtigt werden.
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§ 2
Auswahlverfahren

( 1 ) Für Bewerberinnen und Bewerber findet vor der Entscheidung des Ausbildungsausschusses über die Aufnahme in das Vikariat der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland ein Auswahlverfahren statt.
( 2 ) Das Auswahlverfahren wird von einer Auswahlkommission durchgeführt und dauert 90 Minuten. Es können mehrere Auswahlkommissionen gebildet werden. Näheres zur Zusammensetzung der Auswahlkommissionen regelt § 4.
( 3 ) Das Auswahlverfahren besteht aus einem Kolloquium und einem Auswahlgespräch. Das Kolloquium dauert 30 Minuten und das Auswahlgespräch 60 Minuten. Das Auswahlgespräch besteht aus einem persönlichen Einzelgespräch und einem theologischen Gruppengespräch.
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§ 3
Einladung zum Auswahlverfahren

( 1 ) Über die Einladung zum Auswahlverfahren nach Prüfung der vorzulegenden Unterlagen gemäß § 4 Absatz 2 Nummer 1 bis 5 und 8 Pfarrdienstnachqualifizierungsgesetzesvertretendeverordnung entscheidet das Landeskirchenamt.
( 2 ) Das Landeskirchenamt teilt den Bewerberinnen und Bewerbern, die nicht zu einem Auswahlverfahren eingeladen werden, dies durch schriftlichen Bescheid im Sinne von § 4 Absatz 4 Pfarrdienstnachqualifizierungsgesetzesvertretendeverordnung mit.
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§ 4
Zusammensetzung der Kommissionen für das Auswahlverfahren

( 1 ) Die Mitglieder der Auswahlkommissionen und deren Stellvertreterinnen und Stellvertreter werden gemäß § 2 Absatz 2 Pfarrdienstnachqualifizierungsgesetzesvertretendeverordnung in Verbindung mit § 3 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe b Pfarrdienstausbildungsgesetz vom 28. November 2013 (KABl. 2014 S. 3), das zuletzt durch Artikel 1 des Kirchengesetzes vom 15. Januar 2020 (KABl. S. 2) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung für jeden Ausbildungsdurchgang vom Ausbildungsausschuss neu berufen. Eine Bischöfin bzw. ein Bischof, Mitglieder der Prüfungskommissionen für die Erste Theologische Prüfung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, Mitglieder der Kirchenleitung und Vertreterinnen und Vertreter des Landeskirchenamts, des Prediger- und Studienseminars und der Kirchenkreise können Mitglieder der Auswahlkommissionen sein. Eine Auswahlkommission umfasst mindestens drei und höchstens fünf Mitglieder.
( 2 ) Der Ausbildungsausschuss bestimmt die Vorsitzenden der Auswahlkommissionen.
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§ 5
Durchführung des Auswahlverfahrens

( 1 ) In dem Auswahlverfahren ist gemäß der §§ 3, 4 Absatz 2 Nummer 9 Pfarrdienstnachqualifizierungsgesetzesvertretendeverordnung die persönliche Eignung und Befähigung für das Vikariat nachzuweisen. Die persönliche Eignung und Befähigung ist insbesondere anhand der Kriterien theologische Kompetenz, soziale Kompetenz, Leitungskompetenz und Fähigkeit zur Selbstreflexion nachzuweisen. Näheres zu den nachzuweisenden Kompetenzen regelt die Anlage zu dieser Rechtsverordnung.
( 2 ) Nach einer Einladung zu einem Auswahlverfahren kann vom Landeskirchenamt ein Motivationsschreiben und ein tabellarischer Lebenslauf angefordert werden.
( 3 ) Das Landeskirchenamt fordert für das Kolloquium eine von der Bewerberin bzw. dem Bewerber selbst angefertigte theologische Ausarbeitung an oder benennt ein vorzubereitendes theologisches Thema.
( 4 ) Die beauftragte Person für Geschlechtergerechtigkeit der Landeskirche wird zu den Auswahlgesprächen eingeladen.
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§ 6
Entscheidungen der Auswahlkommissionen

( 1 ) Die Auswahlkommissionen entscheiden nach Abschluss der Auswahlverfahren, ob eine Empfehlung für das Vikariat in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland ausgesprochen wird.
( 2 ) Die Entscheidung nach Absatz 1 richtet sich insbesondere nach den in § 5 Absatz 1 Satz 2 genannten Kriterien in Verbindung mit der Anlage zu dieser Rechtsverordnung.
( 3 ) Die Mitglieder der Auswahlkommissionen entscheiden mit einfacher Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des vorsitzenden Mitglieds.
( 4 ) Die Entscheidungen der Auswahlkommissionen werden dem Ausbildungsausschuss vorgelegt.
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§ 7
Kriterien für die Aufnahme in das Vikariat

( 1 ) Der Ausbildungsausschuss stellt die im Vikariat verfügbaren Plätze im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel fest.
( 2 ) Sind mehr Bewerberinnen und Bewerber für das Vikariat empfohlen worden, als Vikariatsplätze vorhanden sind, richtet sich die Reihenfolge zur Aufnahme in das Vikariat nach den Absätzen 3 bis 5.
( 3 ) Die Reihenfolge zur Aufnahme richtet sich dabei nach den folgenden Kriterien:
  1. Abschlussnote der nach § 4 Absatz 2 Nummer 3 Pfarrdienstnachqualifizierungsgesetzesvertretendeverordnung zugrunde gelegten Berufsausbildung,
  2. Zusatzqualifikationen, sofern sie über die grundlegende gemeindepädagogisch-diakonische Ausbildung hinausgehen und für die Ausbildung zum Pfarrdienst förderlich sind,
  3. Erziehungs- oder Pflegezeiten, die im familiären Zusammenhang erbracht wurden,
  4. besondere Auszeichnungen, die im Rahmen der gemeindepädagogisch-diakonischen Arbeit verliehen wurden (Projektförderung, Preise) und
  5. umfangreiche Erfahrungen im Bereich interkonfessioneller und weltweiter Ökumene.
( 4 ) Zur Gewichtung werden den Kriterien nach Absatz 3 Punktzahlen nach folgender Maßgabe zugeordnet
  1. für die Abschlussnote mit einem Durchschnitt von
    mindestens 1,5 werden vier Punkte;
    mindestens 2,1 werden drei Punkte;
    mindestens 2,5 werden zwei Punkte;
    mindestens 3,1 wird ein Punkt vergeben;
  2. für die Kriterien nach Absatz 3 Nummer 2 bis 5 wird jeweils ein Punkt vergeben.
( 5 ) Bewerberinnen und Bewerber werden in der Reihenfolge der jeweils höheren Punktzahl in das Vikariat aufgenommen. Bei Punktgleichheit entscheidet die bessere Abschlussnote, bei gleicher Abschlussnote das Los.
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§ 8
Härtefallregelung

Der Ausbildungsausschuss kann abweichend von § 7 bis zu 10 Prozent der insgesamt zur Verfügung stehenden Vikariatsplätze aus sozialen Gründen, insbesondere aufgrund der familiären Situation, vergeben.
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§ 9
Entscheidung über die Aufnahme in das Vikariat

( 1 ) Der Ausbildungsausschuss entscheidet auf der Grundlage der Empfehlung gemäß § 6 Absatz 1 über die Aufnahme in das Vikariat.
( 2 ) Der Ausbildungsausschuss kann auf der Grundlage der Empfehlung gemäß § 6 Absatz 1 feststellen, dass eine Bewerberin bzw. ein Bewerber die persönliche Eignung und Befähigung für das Vikariat in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland derzeit nicht nachgewiesen hat. Wird die Aufnahme in das Vikariat nach Satz 1 versagt, ist eine erneute Bewerbung nur ein weiteres Mal möglich.
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Teil 2
Durchführung des Vikariats

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§ 10
Grundsätze

( 1 ) Das Vikariat soll in den Dienst einer Pastorin bzw. eines Pastors einführen und in Bindung an das Evangelium von Jesus Christus, wie es im Zeugnis der Heiligen Schrift des Alten und Neuen Testaments gegeben, in den altkirchlichen Bekenntnissen und in den lutherischen Bekenntnisschriften ausgelegt und wie es aufs Neue bekannt worden ist in der Theologischen Erklärung der Bekenntnissynode von Barmen, zur verantwortlichen Wahrnehmung der Aufgaben des künftigen Berufs befähigen.
( 2 ) Das Vikariat soll bereits vorhandene Kompetenzen in den Handlungsfeldern Gottesdienst, Bildung, Seelsorge und Kybernetik bzw. Gemeindeentwicklung erweitern und vertiefen. Dabei soll die gegenwärtige Situation der Kirche auf der Ebene von Kirchengemeinde, Kirchenkreis, Landeskirche und Ökumene und deren Beziehungen zum individuellen und gesellschaftlichen Leben beachtet werden.
( 3 ) Im Vikariat werden theologische und kirchliche Lehre auf die eigene theologische Existenz und die biblische Überlieferung bezogen. Kenntnisse und Kompetenzen sowie Ansätze einer pastoralen Identität sind zu entwickeln und die Freude am Beruf einer Pastorin bzw. eines Pastors zu fördern.
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§ 11
Dauer und Ausbildungsorte

Das Vikariat dauert in der Regel 31 Monate. Es erfolgt in Ausbildungsphasen, die
  1. in einer Schule,
  2. in einer Ortskirchengemeinde,
  3. in einer Supervisionsgruppe und
  4. im Prediger- und Studienseminar
wahrgenommen werden (Ausbildungsorte). Ausbildungsphasen in der Ortskirchengemeinde und in der Schule wechseln mit Kurswochen im Prediger- und Studienseminar ab.
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§ 12
Einweisung

( 1 ) Die Vikarin bzw. der Vikar wird durch das Landeskirchenamt in eine Ortskirchengemeinde eingewiesen und einer Pastorin bzw. einem Pastor dieser Gemeinde zur Ausbildung als Vikariatsanleiterin bzw. Vikariatsanleiter zugewiesen. Andere Pastorinnen und Pastoren und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ortskirchengemeinde können durch die Vikariatsanleiterin bzw. den Vikariatsanleiter an der Ausbildung der Vikarin bzw. des Vikars in der Ortskirchengemeinde beteiligt werden.
( 2 ) Zur Vorbereitung der Einweisung führt die für die Vikariatsgruppe zuständige Studienleiterin bzw. der für die Vikariatsgruppe zuständige Studienleiter Einzelgespräche zur Klärung der persönlichen Situation der Kandidatinnen und Kandidaten. Anschließend sucht sie bzw. er nach geeigneten Vikariatsanleiterinnen und Vikariatsanleitern. Die zuständigen Pröpstinnen und Pröpste sowie die im Rahmen des Regelvikariats für eine Region zuständigen Regionalmentorinnen und Regionalmentoren sind in diese Beratungen einzubeziehen. Im Einvernehmen mit der Direktorin bzw. dem Direktor des Prediger- und Studienseminars stellt die für die Vikariatsgruppe zuständige Studienleiterin bzw. der für die Vikariatsgruppe zuständige Studienleiter eine Vorschlagsliste mit Zuordnungen der Kandidatinnen und Kandidaten zu möglichen Vikariatsanleiterinnen und Vikariatsanleitern zusammen.
( 3 ) Die Vikarin bzw. der Vikar wird in ihrem bzw. seinem Dienst verpflichtet und mit der öffentlichen Verkündigung in Wort und Sakrament unter Anleitung und Verantwortung der Vikariatsanleiterin bzw. des Vikariatsanleiters vorläufig beauftragt.
( 4 ) Die Vikarin bzw. der Vikar wird der Ortskirchengemeinde in einem Gottesdienst vorgestellt. Die Ortskirchengemeinde wird von der Verpflichtung und Beauftragung der Vikarin bzw. des Vikars unterrichtet.
( 5 ) Die Vikarin bzw. der Vikar soll in der ihr bzw. ihm zugewiesenen Ortskirchengemeinde ihren bzw. seinen Wohnsitz nehmen. Ausnahmen sind auf Vorschlag der für die Vikariatsgruppe zuständigen Studienleiterin bzw. des für die Vikariatsgruppe zuständigen Studienleiters von der Direktorin bzw. dem Direktors des Prediger- und Studienseminars zu genehmigen.
( 6 ) Zu Beginn des Dienstes hat die Vikarin bzw. der Vikar sich bei der zuständigen Pröpstin bzw. dem zuständigen Propst vorzustellen.
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§ 13
Organisation und Durchführung

( 1 ) Für die Organisation des Vikariats ist das Prediger- und Studienseminar verantwortlich. Dazu wird von der Direktorin bzw. dem Direktor des Prediger- und Studienseminars ein Ausbildungsplan aufgestellt. Die zeitlichen Anforderungen des wissenschaftlich-theologischen Studiums sind in dem Ausbildungsplan zu berücksichtigen.
( 2 ) Die Durchführung des Vikariats geschieht unter Leitung und Gesamtverantwortung der Direktorin bzw. des Direktors des Prediger- und Studienseminars. In den Ausbildungsphasen können Leitung und Verantwortung nach Maßgabe der jeweils geltenden Curricula auf die Vikariatsanleiterinnen und Vikariatsanleiter sowie die Studienleiterinnen und Studienleiter übertragen werden, soweit die eigenständige Leitung und Gesamtverantwortung nach Satz 1 nicht beeinträchtigt werden.
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§ 14
Ausbildungsphase in der Schule

( 1 ) Die Ausbildung in der Schule (Schulphase) soll die Vikarin bzw. der Vikar mit den Voraussetzungen, Möglichkeiten und praktischen Erfordernissen des Religionsunterrichts vertraut machen und zur selbstständigen Erteilung von Religionsunterricht und Bildungsarbeit in der Ortskirchengemeinde befähigen.
( 2 ) Die Schulphase erfolgt unter Anleitung der Schulmentorin bzw. des Schulmentors. Die Vikarin bzw. der Vikar hat in Unterrichtsstunden zu hospitieren, sich in die methodisch-didaktische Gesamtsystematik einer Unterrichtsstunde einweisen zu lassen und Unterrichtsentwürfe selbstständig anzufertigen und durchzuführen. Wöchentlich sollen vier bis sechs Unterrichtsstunden vorwiegend im Fach Religion erteilt werden.
( 3 ) Die Schulphase findet in der Regel an einer Schule statt, die sich im Bereich der Ortskirchengemeinde befindet. Für die Auswahl einer geeigneten Schule (Grund-, Regional-, Stadtteil-, Gemeinschafts-, Haupt-, Real-, oder Gesamtschule) ist die zuständige Studienleiterin bzw. der zuständige Studienleiter verantwortlich.
( 4 ) Die Schulphase findet in Verbindung mit Kursen im Prediger- und Studienseminar statt.
( 5 ) Während der Schulphase nimmt die Vikarin bzw. der Vikar am Leben der Schule teil und hält Kontakt zur Ortskirchengemeinde.
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§ 15
Ausbildung in der Ortskirchengemeinde

( 1 ) Die Ausbildung in der Ortskirchengemeinde (Gemeindephase) soll die Vikarin bzw. den Vikar am Leben der Gemeinde teilhaben lassen und schrittweise an pastorale Aufgaben heranführen.
( 2 ) Durch Teilnahme und Mitarbeit an den verschiedenen Veranstaltungen lernt die Vikarin bzw. der Vikar die Inhalte, Ziele, Voraussetzungen und Methoden der Gemeindearbeit kennen, lässt sich in den besonderen Dienst als Pastorin bzw. Pastor nach dem evangelischen Verständnis von Amt und Gemeinde einführen und übt sich in die Aufgabe der Gemeindeentwicklung ein.
( 3 ) Die Vikarin bzw. der Vikar lernt unter Anleitung und Verantwortung der Vikariatsanleiterin bzw. des Vikariatsanleiters Wort- und Sakramentsgottesdienste selbstständig zu halten und die Feier der Konfirmation, Trauung und Beerdigung vorzubereiten und durchzuführen. Dabei sind die Traditionen und Formen liturgischen Handelns vor Ort wahrzunehmen.
( 4 ) Die seelsorgerliche Tätigkeit soll die Vikarin bzw. der Vikar durch Teilnahme am Dienst der Vikariatsanleiterin bzw. des Vikariatsanleiters kennenlernen und unter Anleitung einüben.
( 5 ) Die Vikarin bzw. der Vikar beteiligt sich an der Vorbereitung und Durchführung der Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden, Kindern und Jugendlichen.
( 6 ) Die Vikarin bzw. der Vikar nimmt regelmäßig mit beratender Stimme an den Sitzungen des Kirchengemeinderats teil und wird in die Verwaltungsaufgaben der Ortskirchengemeinde eingeführt. Sie bzw. er nimmt an den Konventen der Pastorinnen und Pastoren im Kirchenkreis und Sprengel teil und erhält Einblick in die Aufgaben des Kirchenkreises und des Landeskirchenamts.
( 7 ) Die Gemeindephase findet in Verbindung mit Kursen im Prediger- und Studienseminar statt.
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§ 16
Ausbildung in einer Supervisionsgruppe

( 1 ) Die Vikarin bzw. der Vikar wird während des gesamten Vikariats supervisorisch begleitet und nimmt regelmäßig an Supervisionssitzungen teil.
( 2 ) Die Supervision dient der Reflexion der eigenen Arbeit. Sie geschieht im Kreise von Kolleginnen und Kollegen. In der gegenseitigen Teilhabe an den Praxiserfahrungen im Vikariat wird die Fähigkeit zur Selbstreflexion eingeübt. Durch kritische Rückmeldungen und passende Theorieinhalte werden Qualität und Professionalität der Arbeit gesichert.
( 3 ) Im Rahmen der Supervision werden insbesondere Predigten, Kasualien, Seelsorgeprotokolle, Unterrichtsentwürfe, Fragen der Gemeindeleitung und der Berufsrolle besprochen. Arbeits- und Lernerfahrungen, Fragen der persönlichen Entwicklung, des theologischen Verstehens und des menschlichen Umgangs werden reflektiert und Gegenwartsthemen des kirchlichen und allgemeinen öffentlichen Lebens diskutiert.
( 4 ) Die Supervision im Rahmen der engeren Seelsorgeausbildung wird von einer an der Beurteilung der jeweiligen Vikarin bzw. des jeweiligen Vikars nicht beteiligten Person geleitet.
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§ 17
Ausbildung im Prediger- und Studienseminar

( 1 ) Im Prediger- und Studienseminar nehmen die Vikarinnen und Vikare an Kursen teil, die sich aus den Handlungsfeldern nach § 6 Absatz 3 Pfarrdienstnachqualifizierungsgesetzesvertretendeverordnung ergeben. Die Kurse bieten eine praktisch-theologische Reflexion und geistliche Vergewisserung durch theologische Lehre.
( 2 ) Während der Ausbildung werden Formen des gemeinsamen Lebens in der Gemeinschaft gestaltet. Dabei wird der Reichtum liturgischer Lebensformen der evangelisch-lutherischen Kirchen und anderer Kirchen berücksichtigt.
( 3 ) Das Leben und Arbeiten in Gruppen dient dem Austausch von Erfahrungen in unterschiedlichen kirchlichen und gesellschaftlichen Situationen und in der Vielfalt volkskirchlicher Möglichkeiten, der Begegnung und Auseinandersetzung mit theologischen Profilen und Glaubensüberzeugungen unterschiedlicher Prägung und der Selbstklärung im Umgang mit anderen.
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§ 18
Beurteilungen, Berichte

( 1 ) Die zuständigen Vikariatsanleiterinnen und Vikariatsanleiter sowie die Schulmentorinnen und Schulmentoren fertigen über die jeweilige Vikarin bzw. den jeweiligen Vikar eine schriftliche Beurteilung über Verhalten und Leistungen während der jeweiligen Ausbildungsphase an. Dabei ist insbesondere auf Lernprozesse und die theologische Entwicklung der Vikarin bzw. des Vikars einzugehen.
( 2 ) Die Vikarin bzw. der Vikar verfasst einen Bericht über ihre bzw. seine Ausbildung in der Schul- und Gemeindephase. Diese Berichte werden nach Kenntnisnahme durch die jeweils zuständige Vikariatsanleiterin bzw. den jeweils zuständigen Vikariatsanleiter zusammen mit den schriftlichen Beurteilungen nach Absatz 1 dem Prediger- und Studienseminar spätestens drei Monate vor dem voraussichtlichen Ende des Vikariats zugeleitet.
( 3 ) In Auswertung der Berichte nach Absatz 2 Satz 1 und der Beurteilung durch die Vikariatsanleiterin bzw. den Vikariatsanleiter und die Schulmentorin bzw. den Schulmentors nach Absatz 1 führt die Direktorin bzw. der Direktor oder ihre bzw. seine Stellvertretung mit jeder Vikarin bzw. jedem Vikar ein Abschlussgespräch.
( 4 ) Die Direktorin bzw. der Direktor oder ihre bzw. seine Stellvertretung fertigt über jede Vikarin und jeden Vikar einen Bericht, der dem Landeskirchenamt zugeleitet wird. Der Bericht soll in der Regel zwei Monate vor Beendigung des Vikariats erstellt werden und hat zu enthalten
  1. die Feststellung, dass die Vikarin bzw. der Vikar die Ausbildung ordnungsgemäß absolviert hat,
  2. einen Hinweis auf das theologische Profil der Vikarin bzw. des Vikars, auf Schwerpunkte ihrer bzw. seiner Ausbildung und auf persönliche Stärken und Schwächen, die in der Ausbildung sichtbar geworden sind,
  3. eine Empfehlung, die Vikarin bzw. den Vikar als Pastorin oder Pastor in den Probedienst zu übernehmen oder nicht zu übernehmen.
Der Bericht wird der Vikarin bzw. dem Vikar zuvor zur Kenntnis gegeben. Die Vikarin bzw. der Vikar hat die Möglichkeit, eine eigene Stellungnahme zu dem Bericht abzugeben, dieser muss jedoch auch dann von ihr bzw. ihm gegengezeichnet werden, wenn von Seiten des Prediger- und Studienseminars die Übernahme in den Probedienst nicht empfohlen wird.
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§ 19
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Diese Rechtsverordnung tritt am 1. März 2021 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig tritt außer Kraft die Verordnung vom 14. Juni 1980 zur Ausführung des Kirchengesetzes vom 4. Dezember 1952 über eine vorläufige Ordnung der Berufung von Pfarrhelfern vom 14. Juni 1980 (KABl S. 65), die zuletzt durch Verordnung vom 3. Juli 1992 (KABl S. 79) geändert worden ist.
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Anlage (zu § 5 Absatz 2 Satz 3)
Kriterien für den Nachweis der persönlichen Eignung und Befähigung

  1. Theologische Kompetenz
    • hat ein erkennbares theologisches Profil, kann seine theologischen Erkenntnisse verorten und in Beziehung zu anderen Positionen setzen,
    • bringt das christliche Wirklichkeitsverständnis in evangelischer Ausprägung mit eigenen Worten stimmig zur Sprache,
    • verknüpft biblische und kirchliche Überlieferung mit eigenen Erfahrungen,
    • setzt aktuelle politische oder gesellschaftliche Ereignisse in Beziehung zu Grundaussagen der christlichen Botschaft,
    • reflektiert Sachverhalte in Rückbindung an eigene theologische Glaubensüberzeugungen,
    • stellt eine eigene theologische Position verständlich dar.
  2. Soziale Kompetenz
    • Konfliktfähigkeit:
      • gibt bei Problemen und Widerständen nicht gleich auf,
      • geht Kompromisse ein,
      • verarbeitet Anspannung;
    • Teamfähigkeit:
      • sorgt für eine gute Arbeitsatmosphäre,
      • achtet auf Ergebnisorientierung,
      • verfügt über ein Repertoire an Verhaltensweisen,
      • stellt eigene Arbeitsergebnisse in den Dienst der Gruppe,
      • ordnet sich dem Gruppenprozess nicht um jeden Preis unter,
      • kann sich auch zurücknehmen;
    • Kommunikationsfähigkeit:
      • wertschätzender Umgang:
        • kommt in Kontakt mit anderen,
        • zeigt Interesse an der bzw. dem anderen und an deren bzw. dessen jeweiliger Position.
      • Sprachfähigkeit
        • drückt sich klar und verständlich aus,
        • trifft den richtigen Ton.
  3. Leitungskompetenz
    • entwickelt Ideen und kommuniziert sie verständlich und überzeugend,
    • übernimmt Verantwortung,
    • begründet Entscheidungen,
    • erfasst neue Situationen, sucht Lösungen und ergreift Handlungschancen,
    • behält die Übersicht.
  4. Fähigkeit zur Selbstreflexion
    • lässt konstruktiven Umgang mit Rückmeldungen erkennen,
    • unterscheidet sachbezogene Kritik von Kritik an der Person,
    • übernimmt Verantwortung für eigene Fehler,
    • hat ein Gespür für die Situation, das eigene Auftreten und die eigenen Grenzen,
    • nimmt die eigenen Gefühle wahr und verbalisiert sie.